Kleinwasserkraft im Bregenzerwald, ein Projekt im schweizerischösterreichischen Grenzgebiet, ein Neubau im Lungau und ein wegweisendes Pionierprojekt in Australien – aktuelle Beispiele für smarte Energieerzeugung mit Wasserkraft.
Andritz und Genex Power: Kombinierte Solar- und Wasserkraft in Australien
Ein Pumpspeicherkraftwerk in Kombination mit örtlicher Erzeugung aus Photovoltaik in Australien liefert ein aktuell gutes Beispiel für die Energiewende. Anfang des vorigen Jahrhunderts ließ die Jagd nach Gold den Ort Kidston im Norden des Bundesstaates Queensland aufblühen. 2001 wurde die Goldmine endgültig stillgelegt und Kidston verwandelte sich in eine Geisterstadt. Nun kehrt das Leben zurück: Das australische Unternehmen Genex Power beschäftigt sich mit der Neunutzung des rund 1.000 Fußballfelder großen Areals der Mine. Mithilfe von Andritz entsteht ein Energiepark, der ab 2024 rund 270.000 Haushalte mit sauberem Strom versorgen wird.
Die erste Etappe ist bereits geschafft – eine 50-MW-Solaranlage erzeugt seit 2017 Strom. Die PV-Großanlage (K2-Solar) soll im Endausbau bis 270 MW Leistung liefern, ebenso ist eine Errichtung von Windkraftanlagen in der Nähe der Anlage im Planungsspielraum enthalten. Den Hydro-Teil stellen zwei riesige, bis zu 350 Meter tiefe Gruben der alten Goldmine, die als Wasserspeicher genutzt werden. Andritz liefert die elektromechanische Ausrüstung für den Bau des Pumpspeicherkraftwerks, das an den Verbrauchsspitzen in der Früh und am Abend mit zwei 125-MW-starken Turbinen Strom erzeugen wird. Während des Tages wird der Strom aus PV ebenso wie Strom aus dem Netz genutzt, um das Wasser in das höher gelegene Reservoir zu pumpen. Das »Kidston Pumped Storage Hydro Project« hat ein Investitionsvolumen von umgerechnet 500 Millionen Euro.
Projekt: Kidston Pumped Storage Hydro (K2-Hydro)
Turbinenleistung: 250 MW über eine Periode von täglich 8 Stunden
Fallhöhe: 223 Meter
Bauzeit: 2021 bis 2024
Geplante Inbetriebnahme: Q4 2024/Anfang 2025
TIWAG und EKW: Grenzüberschreitendes Laufwasserkraftwerk
Nach fast genau acht Jahren Bauzeit und einer Investitionssumme von 620 Millionen Euro ist eines der größten Infrastrukturprojekte Tirols und des Schweizer Kantons Graubünden nun abgeschlossen: Das Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI), das zu 86 % der TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG und zu 14 % der Engadiner Kraftwerke AG (EKW) gehört, wurde Anfang November offiziell eröffnet. Das zum Großteil unterirdisch gebaute Kraftwerk erstreckt sich vom Ortsteil Martina in der Schweizer Gemeinde Valsot über das Gebiet von sieben Gemeinden im Oberen Gericht in Tirol. Mit einer installierten Leistung von 89 MW können jährlich rund 440 GWh Strom erzeugt werden. Ein dynamisches Restwassermodell an der Wehranlage garantiert ein natürliches Abflussverhalten des Inn. Der aus der Schweiz kommende Schwall und Sunk kann so zur Gänze gemindert werden. Eine Fischwanderhilfe ermöglicht zudem die Durchgängigkeit der Anlage für Flusslebewesen. Auf der ehemaligen Baustelleneinrichtungsfläche in Maria Stein wird noch bis 2023 ein weitläufiges Biotop geschaffen.
Projekt: Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI)
Turbinenleistung: 89 MW
Planungsbeginn: 2003
Bauzeit: 2014 bis 2022
Offizielle Inbetriebnahme: November 2022
Salzburg AG: Neubau im Lungau
Im September hat die Salzburg AG das neue Kraftwerk Rotgülden im Lungau feierlich eröffnet. Nach einer Bauzeit von etwas mehr als einem Jahr erzeugt das Tagesspeicherkraftwerk nun Strom für zusätzliche 1.300 Haushalte. Durch die Verlegung des Krafthauses um rund 2,3 km bachabwärts konnte die Fallhöhe zur Energiegewinnung von 100 m auf rund 180 m erhöht werden. Auch die Jahreserzeugung von grünem Strom aus Wasserkraft steigt somit auf mehr als 10 GWh an. Das erneuerte Kraftwerk versorgt nun insgesamt 3.000 Haushalte mit sauberem und regionalem Strom. Das Kraftwerk Rotgülden wurde bereits 1956 errichtet und erzeugte bisher 6,1 GWh Strom pro Jahr. Durch den Neubau des Kraftwerks steigert die Salzburg AG die jährliche Stromerzeugung jetzt um knapp 66 %. Eine Pelton-Turbine und ein Generator mit einem Wirkungsgrad von mehr als 98 % wandeln die Energie des Wassers in elektrischen Strom um. Durch den Umbau und der damit verbundenen Rückleitung des Wassers in den Öllschützenspeicher kann die bisherige Schwallbelastung in diesem Murabschnitt gänzlich vermieden werden.
Feierliche Eröffnung des Kraftwerks Rotgülden: Landesrat Josef Schwaiger, Leonhard Schitter und Brigitte Bach (Salzburg AG), Hans-Jürgen Schiefer (Bürgermeister Muhr).
Projekt: Neubau und Erweiterung Kraftwerk Rotgülden
Turbinenleistung: 4,7 MW
Fallhöhe: 188 Meter
Neubau: 2021 bis 2022
Inbetriebnahme: 1956, erweitert 1967 und 2022
illwerke vkw: Kleinwasserkraftwerk Argenbach eröffnet
Das Kleinwasserkraftwerk Argenbach befindet sich in der Gemeinde Au und nutzt das Wasser des Argenbachs, der in die Bregenzerach fließt. Das neue Kraftwerk besteht aus einer Wasserfassung, einem 4,1 km langen Druckrohr und einem Krafthaus, in dem die Maschinensätze untergebracht sind. Nach der Planungsphase begannen die beteiligten Unternehmen Ende 2018 mit den ersten Arbeiten. Mitte 2019 startete der Stollenvortrieb, der im Dezember 2020 abgeschlossen werden konnte. Die Erschließung der Wasserfassung für das Kraftwerk erfolgte über den 2 km langen Stollen. Die Druckrohrleitung führt in einem ersten Abschnitt durch diesen Stollen und ist im Anschluss weitere 2 km lang erdverlegt. Bei Volllast treiben rund 3.500 Liter Wasser pro Sekunde zwei Pelton-Turbinen an. In zwei Generatoren mit Leistungen von 5,8 und 1,2 MW können 23,6 GWh Ökostrom jährlich erzeugt werden. Die Investitionen betrugen 35 Millionen Euro.
Projekt: KW Argenbach
Turbinenleistung: 7 MW
Fallhöhe: 244 Meter
Bauzeit: Ende 2018 bis Juli 2022
Offizielle Inbetriebnahme: September 2022
(Bilder: Genex Power, Tiwag, Salzburg AG, illwwerke vkw)