Bei der Veranstaltungsreihe „windrichtungen“ wurde über die vielen Möglichkeiten gesprochen, die die Flexibilität eines erneuerbaren Energiesystems mit sich bringt. Bereits jetzt könnte die Windenergie viel mehr zur Versorgungssicherheit beitragen, als die Netzversorger abrufen.
Jedes Jahr zur kalten Jahreszeit flammt die Diskussion über die Sicherheit der Stromversorgung auf. Oft werden Stimmen laut, dass die Zunahme der erneuerbaren Energien die Unsicherheit im Stromnetz erhöhen könnten. Die IG Windkraft hat gemeinsam mit der Windkraft Simonsfeld zu der Veranstaltungsreihe „windrichtungen" im Impact Hub in der Lindengasse geladen, um das Thema Versorgungssicherheit und Windenergie zu diskutieren.
„Windparks weisen eine Vielzahl an netzstützenden Funktionalitäten auf“, berichtet Sabrina Windemuth, Sales Grid Integration Engineer bei Enercon. „Windparks können durch entsprechende Regelungen beispielweise einen Beitrag zu Spannungs- oder Frequenzhaltung leisten. Netzbetreiber können die Funktionen nutzen und zum Beispiel vorgeben, wie hoch eine Blindleistungseinspeisung im Netz sein soll, um die Spannung zu stützen." Bereits jetzt sei es so, dass die Technik, die derzeit in Windrädern installiert ist, im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit weit mehr leisten könnte:
„Windräder verfügen über mehr Funktionalitäten als derzeit abgerufen werden“, berichtet Eckard Quitmann, Grid Integration Engineer, von Enercon: „Windkraftwerke könnten z.B. seit über 10 Jahren etwas ähnliches wie Schwungmasse beisteuern. In Europa will das aber derzeit keiner haben. Wenn Windräder weitere netzstützende Leistungen erbringen sollen, dann muss klar definiert werden, welche das sein sollen.“
Markus Winter, Technikvorstand der Windkraft Simonsfeld, ergänzt: „Klar muss dabei aber auch sein, dass jede netzdienliche Leistung, die wir für die Netzbetreiber übernehmen finanziell abgegolten werden muss. Netzdienliches Verhalten, Netzstützung und Blindleistung sind wesentliche Planungsbestandteile von erneuerbaren Kraftwerksprojekten, vieles ist mittlerweile Standard geworden. Weitere Entwicklungsarbeit ist aber notwendig, um die Erneuerbaren noch besser für die Versorgungssicherheit nutzen zu können.“
Blickwinkel muss sich ändern
In Österreich sei es schon seit vielen Jahren Usus, die Stromversorgung mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien zu versehen. In naher Zukunft soll der Anteil auf 100 Prozent steigen: „Die Versorgungssicherheit ist in Österreich sehr hoch, es besteht eine hohe Kontinuität in der Zuverlässigkeit der heimischen Stromversorgung und es gibt keine negative Korrelation mit den erneuerbaren Energien“, erklärt Stephan Parrer, Leiter von ImWind Operations und Vorstand der IG Windkraft.
„Was sich ändern muss, ist das Marktumfeld für die Stromversorgung sowie der Ausbau von Netzen und Speichern unter Berücksichtigung einer Versorgung Österreichs mit hundert Prozent erneuerbarer Energie. Wir können nicht erwarten, dass Märkte, die allein Energie vergüten, und bestehende Stromnetze, die auf die Eigenschaften von Kohle- und Atomkraftwerken ausgelegt sind, auch für ein erneuerbares Energiesystem passen.", so Parrer weiter.
Das alte, träge Energiesystem sei mit Nachtstromspeichern in Österreich oder dem flächendeckenden Einbau von Elektroheizungen funktionstüchtig gemacht worden. „Es braucht in einem erneuerbaren Stromsystem eine Verschiebung der Energienutzung in jene Phasen, wo viel Energie erzeugt wird, also wenn die Sonne scheint, der Wind weht oder die Flüsse viel Wasser führen, ohne die Dienstleistungen zu verschieben“, stellt Winter fest und ergänzt abschließend: „Die hohe Flexibilität eines erneuerbaren Energiesystems eröffnet so viele Möglichkeiten. Wir brauchen diese nur zu nutzen!"