Wien Energie baut die PV-Leistung weiter aus und eröffnet eine Hybridanlage im Norden der Stadt.
Die aktuell größte Photovoltaikanlage Österreichs steht in Essling in Wien-Donaustadt. Die 11,45-MW-Flächeninstallation deckt mit einer Produktionsmenge von jährlich mehr als 12 GWh den Bedarf von rund 4.900 Haushalten. Der 12,5 Hektar große Standort wird vom Betreiber Wien Energie respektive Stadt Wien doppelt genutzt: Ein Teil der Fläche dient von April bis Oktober als Weidefläche für 150 Juraschafe und rund 400 Module sind bifazial – sie produzieren auf beiden Seiten Strom – und stehen vertikal. So kann zwischen den Modulreihen ein Traktor fahren und die Fläche landwirtschaftlich, etwa für Gemüseanbau, genutzt werden. Um die Auswirkungen der Doppelnutzung des Kraftwerks an der Schafflerhofstraße am nördlichen Stadtrand zu analysieren, setzt der Energieversorger auf ein begleitendes Forschungsprojekt mit der Universität für Bodenkultur.
„Die Zielsetzung, Wien bis 2040 klimaneutral zu machen, ist nur mit Superlativen zu erreichen. Dazu ist es notwendig, Photovoltaik nicht nur auf den Dächern, sondern auch in der Fläche voranzutreiben“, betonen die Stadträte Peter Hanke und Jürgen Czernohorszky bei der Vorstellung der Anlage Anfang März. Klimastadtrat Czernohorszky spricht überhaupt vom „ambitioniertesten Regierungsprogramm, das ein Bundesland jemals im Zusammenhang mit Klimapolitik geschnürt hat.“ Das Klimaziel sei erreichbar, indem an den „ganz großen Rädern“ gedreht werde. Derzeit ist in der Hauptstadt eine PV-Leistung von rund 50 MWp verfügbar. In der aktuellen fünfjährigen Regierungsperiode soll diese Menge verfünffacht werden. Bis 2030 sollen 28 % des Strombedarfs der Haushalte mit Solarenergie abgedeckt werden – für 530.000 Wienerinnen und Wiener. Dies sei nur mit einem „stadttauglichen Ausbau“ aller möglichen Flächen zu schaffen.
Bild: 400 PV-Module sind bifazial – sie produzieren auf beiden Seiten Strom.
Bei Anlagen dieser Dimension, die von dem deutschen Ingenieursdienstleister maxsolar für Wien Energie errichtet wurde, ist auch der Anschluss an das Stromnetz eine Herausforderung. Aber: Die PV-Anlage hängt an derselben Stromleitung wie der Windpark Andlersdorf mit 9 MW Spitzenleistung. Wind- und Sonnenspitzen sind selten gleichzeitig, heißt es. So können beide Anlagen zeitgleich im Vollbetrieb laufen, ohne das Stromnetz zu überlasten. Sollte trotzdem einmal mehr erneuerbarer Strom produziert werden, kommt künftig ein Puffer-Stromspeicher zum Einsatz. Dieser soll bis zum Sommer in Betrieb gehen.
„Wir sind bereits der absolute Vorreiter bei Photovoltaik in Österreich“, verweist Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl auf bereits 260 Anlagen mit gesamt 60 MW installierter Leistung in Wien und angrenzenden Regionen in Niederösterreich. „Und wir haben noch viel vor“, plant Strebl, die PV „ungefähr zu verzehnfachen“. Für den Ausbau der Erneuerbaren und Investitionen in die Versorgungssicherheit nimmt der Energieversorger in den nächsten zehn Jahren 1,3 Milliarden Euro in die Hand.
Randnotiz: Aktuell liefern sich Wien Energie und der Verbund ein Kopf-an-Kopf-Rennen um das größte Solarkraftwerk Österreichs. Im Dezember 2020 wurde von Verbund auf einem OMV-Gelände in Schönkirchen in Niederösterreich eine Anlage mit 11,4 MW Leistung in Betrieb genommen. Wien Energie hat jetzt wieder einen hauchdünnen Vorsprung mit 11,45 MW – jedenfalls bis Ende 2021. Dann soll die Anlage des Verbund auf 14,85 MW Gesamtleistung ausgebaut sein.
Bild: Die Anlage befindet sich auf einem Gelände der MA 48 der Stadt Wien.