Die Elektrizitätswirtschaft fordert einen Investitionsschub für die Erneuerung der Übertragungsnetze, um Engpässe zu vermeiden.
Gegen die Variante Erdkabel spricht aus ihrer Sicht der technische und finanzielle Mehraufwand im Vergleich zur Freileitung.
15 Milliarden Euro Investitionen in Kraftwerke und Übertragungsnetze seien bis 2020 notwendig, meinte Reinhard Brehmer, Geschäftsführer der Wien Energie Stromnetz GmbH und für die Netze zuständiger Sprecher der Vereinigung der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ), anlässlich einer Präsentation der neuen 380 kV-Kabelstrecke in Wien. Damit könnten einerseits die EU-Energieziele erreicht werden und andererseits die Importabhängigkeit beim Strom von derzeit 10% reduziert werden, so Brehmer. Dieses Investitionsprogramm, das in den nächsten Jahren für die Sicherheit und die Qualität der Stromversorgung entscheidend sei, könne aber nur realisiert werden, wenn die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. Eine Erhöhung der Netztarife um 2% würde den Strompreis für die Konsumenten lediglich um 0,3 bis 0,5% steigern, gleichzeitig würde sie Investitionen von einer Milliarde Euro in den nächsten fünf Jahren ermöglichen, lautet der Appell der E-Wirtschaft an den Energieregulator. Auf der anderen Seite seien die Tarife seit Beginn der Energieliberalisierung um 625 Millionen oder 40% gesunken seien, argumentieren die Vertreter der E-Wirtschaft. Das wiederum habe bereits zu Qualitätsverlusten und mehr Ausfällen geführt, betonte Brehmer die Problematik im Verteilnetz, das mit Hoch-, Mittel- und Niederspannung arbeitet. Im Höchstspannungs-Übertragungsnetz, das mit 220 und 380 kV arbeitet, seien neue Leitungen notwendig, um Übertragungsverluste möglichst gering zu halten, so Brehmer.
Kabel: Aufwändig und teuer.
„Wir brauchen aber Garantien, dass die Investitionen auch durchgeführt werden“, so Brehmer weiter. Ein Teil der in den Sechziger- und Siebzigerjahren getätigten großen Investitionen in die Netze müsse in den nächsten Jahren erneuert werden. „Und je später wir beginnen, desto teurer wird es.“ Auch Heinz Kaupa, Vorstandsmitglied der Verbund-Austrian Power Grid (APG) und Vorsitzender der Energieforschungsgemeinschaft, plädiert für rasche Investitionen: „In schwierigen Zeiten nichts zu investieren und dafür in einer Hochkonjunkturphase, ist zu teuer und muss vermieden werden“, warnt Kaupa. Derzeit könnten die Netze nur mehr mit Engpassmanagement betrieben werden.
Keine tragbare Lösung für den Lückenschluss im 380 kV-Leitungsring seien jedenfalls die Erdkabel, wie sie das Salzburger Landeselektrizitätsgesetz für den fälligen Ringschluss von St. Peter bis Kaprun verlangt, meint Kaupa: „Abgesehen von den enormen Kosten würde eine Kabeltrasse mehr Natur verbrauchen als eine Freileitung!“ Eine solche Verkabelung im Höchstspannungsbereich ist tatsächlich extrem aufwändig, wie der Lokalaugenschein der Nordeinspeisung Wien deutlich machte: Die Kabelgräben brauchen eine Breite von rund 40 Metern und eine Tiefe von 2,70 Meter, die Kabel müssen, da sich bis zu 90° erhitzen, über parallel laufende Wasserrohre gekühlt werden. Für jede Kabelverbindung muss ein 10 Meter langer, 2,5 Meter tiefer und 3,5 Meter breiter Betonschacht angelegt werden. Wird das Kabel beschädigt, muss an dieser Stelle ein neuer derartiger Muffenschacht errichtet werden, was alleine mehr als 100.000 Euro kostet. Noch schwieriger wird es, wenn die Kabel unter einer Bahntrasse oder einem Kanal durchgeführt werden müssen, wie im Falle der Wiener Leitung: Dort musste eine 20 Meter tiefer und 120 Meter lange Unterführung mit zwei Schächten gegraben werden. Schadensbehebungen bei derartigen Erdkabeln, die nur von einigen Experten weltweit durchgeführt werden können, hätten wochen- und monatelange Ausfälle zur Folge. Und die Mehrkosten einer Verkabelung gegenüber einer Freileitung sind im Höchstspannungsbereich auch nicht unerheblich: Während die 380 kv-Freileitung in der Steiermark etwas mehr als 1,8 Millionen Euro pro Kilometer kostet, würde eine Verkabelung in Salzburg auf mehr als 2,5 Millionen pro Kilometer kommen.