Dienstag, Juli 02, 2024

Markt statt Monopol – das gilt endlich auch für die Energiebranche. Wir liefern zur Liberalisierung die Information«, verkündete Herausgeber Alfons Flatscher im September 2000. »Es wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Die Anbieter jammern und trauern den seligen Zeiten der konkurrenzlosen Schönheit nach. Die Trennung zwischen Verlie­rern und Gewinnern wird brutal sein.«

Leicht hatte es die heimische E-Wirtschaft ein Jahr vor der vollständigen Marktöffnung tatsächlich nicht: Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz ElWOG war umstritten, der Traum einer kleinen österreichischen Lösung – das Vertriebskonstrukt »Energie Austria« von Verbund, Energie AG Oberösterreich und EstAG – wurde von der Konkurrenz torpediert und war geplatzt. Darüber hinaus drohten ausländische Energiekonzerne nun auch die treuen Haushaltskunden streitig zu machen.

Mit »Österreich wird frei« leitete der spätere Chefredakteur Klaus Fischer einen Lagebericht der Nation – besser: der Bundesländer – am Energiemarkt ein. »Ab 1. Oktober 2001 können alle Strombezieher im Bundesgebiet ihren Versorger frei wählen, bei den Gasbeziehern ist es ein Jahr später so weit. Im Wirtschaftsministerium herrscht eitel Wonne ob des ›Jahrhundertwerks‹. Endlich sind die zersplitterten Regelungen in einem einheitlichen Kodex zusammenfasst – und mehr noch: Ein weiterer Schritt zum europäischen Strom- und Gasbinnenmarkt ist getan.«

Die Landesenergieversorger bereiteten sich indes auf harte Zeiten vor. Der Verband der Elektriziätswerke Österreichs warnte vor einem drohenden ruinösen Wettbewerb durch ausländische Großkonzerne wie EdF, E.On und RWE. »Andere Länder mit weitgehender Liberalisierung wie Schweden sind durch ihre Randlage weit besser geschützt als Österreich«, wusste man. Ist doch alles Gejammere, tönt es aus dem Ministerium zurück. »Wir müssen nicht immer das Schlusslicht sein«, bekräftigte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein im Interview. »Jetzt sind wir einmal an der Spitze.«

Unter den viel zitierten Experten herrschte die Auffassung, dass ein Energieversorger zwei Millionen Kunden oder 20 bis 30 Mrd. Schilling Umsatz benötige, um im europäischen Wettbewerb bestehen zu können. »Der Marktanteil der Versorger könnte innerhalb von sechs bis zehn Jahren auf 50 % heruntergehen«, prognostizierte Unternehmensberater Andreas Kreutzer. Nun, ganz zu schlimm ist es dann doch nicht gekommen.


Sager im September 2000

»Die meisten Unternehmen muten sich zu viel zu, indem sie alles selber machen wollen«,
kritisierte Friedrich Huber, Andersen Consulting, die Bauchläden der EVU. 

»Die Tiwag steht wirtschaftlich so gut da, dass sie keine Kooperation braucht. Wir sehen uns in der Lage, die Liberalisierung auch im ›Standalone‹ zu bewältigen«,
war Vorstandsdirektor Herbert Hönlinger überzeugt.

»Wesentlich ist es jetzt, die gegenseitigen Sperrminoritäten bei EVN und Verbund aufzulösen. Da wird sich zeigen, ob und wie eine gesamtösterreichische Lösung noch möglich ist«,
kommentierte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein das Scheitern der »Energie Austria«.

»Es ist für mich erstaunlich, wie in einigen Bundesländern die Energiepolitik vom jeweiligen Landes-EVU-Vorstand geprägt ist«,
verriet Bartenstein dem Report.

»Noch liest ein E-Werk-Mitarbeiter den Zähler ab, in Zukunft schickt der Kunde sein Karterl mit dem Stand ein«,
prognostizierte Karl Skyba, Generaldirektor Wiener Stadtwerke.

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