Wir benützen sie täglich: Aufzüge im Wohn- und Bürobau, Rolltreppen in der U-Bahn, Fahrstege in Einkaufszentren. Gesprochen wird von 11,4 Millionen Aufzügen weltweit. Die Bedeutung von Mobilität im Gebäude nimmt weiter zu. Ein vielversprechender Markt für Hersteller.
Passagiere als Rohrpost horizontal und vertikal durch die Stadt oder mit dem Aufzug ins Weltall zu befördern, sind Träume der Zukunft. Man muss sich ihnen aber rechtzeitig stellen. Michael Uher von Schindler: »Wir müssen heute die Weichen stellen, um in zehn Jahren den Bedarf des Kunden decken zu können. Die Aufzugsbranche bringt nicht jedes Jahr ein neues Produkt heraus. Unsere Lösungen sind sehr langlebig.« Aufzüge bilden damit eine Ausnahme in unserer kurzlebigen Zeit. Laut Otis liegt die durchschnittliche Lebensdauer bei sachgemäßem Gebrauch und richtiger Wartung bei mehr als 30 Jahren. Handelsprodukte werden bereits nach ein bis zwei Jahren getauscht. Der Mensch als Rohrpost ist eine Zukunftsvision für Stadtplaner. Zunächst gilt es, die aktuelle Stadtentwicklung zu meistern. Die nächsten 15 Jahre werden mehr als eine Milliarde Menschen in Städte ziehen. Das erfordert höhere Gebäude mit integrierter fortgeschrittener Technologie. Dabei gilt es, sich den aktuellen Anforderungen in Sachen Energieeffizienz, Komfort bzw. Funktionalität und Sicherheit zu stellen.
Faktor Energieeffizienz
Aufzüge sind für bis zu zehn Prozent des Energieverbrauchs im Gebäude verantwortlich. Damit ist das Thema Energieeffizienz für alle Hersteller zentral. Der MonoSpace Aufzug der R-Serie von Kone mit EcoDisc Antrieb verbraucht bereits 50 Prozent weniger Energie als ein Seilaufzug mit zwei Geschwindigkeiten und bis zu 70 Prozent weniger als ein hydraulischer Aufzug. Mit UltraRope bietet Kone ein Aufzugsseil aus einem Carbonfaser-Kern, das nur etwa 18 Prozent eines konventionellen Stahlseiles mit vergleichbarer Tragkraft wiegt und damit deutlich weniger Energie benötigt.
Bild oben: Kone EcoDisk mit Energierückgewinnung kombiniert einen hoch effizienten vektorgesteuerten Antrieb mit einer Generatorfunktion. |
LED-Spots und moderne Leuchtstoffröhren ergänzen den grünen Kone-Aufzug. LED und Dimmen im Ruhezustand sind auch Thema bei Otis. Als technologische Innovation nennt Martin Hauser, Direktor Marketing & Business Development, u.a. Polyurethan-Gurte, die im Antrieb statt herkömmlicher Seile verwendet werden, keine Schmiermittel benötigen und damit umweltfreundlicher und leiser sind sowie eine längere Leistungsdauer aufweisen. Bei Schindler ist der extreme Leichtbau vorrangig. »Aus unserem Solarprojekt Solar Impulse 2 ziehen wir viel Know-how für unsere Aufzüge. Nach dem Ende der Reise von SI2 werden alle Daten ausgewertet«, kündigt Michael Uher an.
Aufzüge und Fahrtreppen sind oft 24 Stunden pro Tag in Betrieb – Energieeffizienz hat daher höchste Bedeutung. |
Mit solarem Antrieb hat Kone seit 2006 Erfahrung, entwickelt wurde damals der Solaraufzug Super Eco. »Mit leistbarem Wohnen lässt sich dieser Antrieb aber aufgrund der hohen Kosten durch PV-Module und Speicher nicht kombinieren«, so Günter Baca, Vorstandsmitglied bei Kone. »Kurzfristig gesehen sind die Kosten zwar höher«, bestätigt Uher. »Aber man muss das Thema umfangreicher betrachten. Wir müssen heute Akzente für die Welt von morgen setzen.« Der Solaraufzug sei ein Commitment an die Kinder, schafft bis zu 400 Fahrten ohne externe Quelle. Schindler Solaraufzüge gibt es bereits u.a. in Lettland, Prag und Lyon – alle im privaten Wohnbau. In Österreich ist Otis mit GeN2 Switch erfolgreich, dem batteriebetriebenen Aufzug mit hoher Energieeffizienz. »Er kann auch mit Solarpanelen betrieben werden. Die Stromaufnahme ist geringer als bei einer Kaffeemaschine und selbst bei Stromausfall sind noch mindestens 100 Fahrten möglich«, erklärt Martin Hauser. Bei ThyssenKrupp überzeugen die Aufzüge Synergy Blue und Evolution Blue durch Energiesparmodus und Rekuperationsantriebe. Der Lightwatcher sorgt für intelligente Lichtabschaltung.
Faktor Komfort & Funktionalität
Aufzüge laufen heute nicht mehr nur vertikal. Es gibt bereits Kabinen, die sich auch horizontal bewegen. Bis zum 100. Stockwerk fährt ein Lift etwa in einem Stück durch, bewegt sich auf Schienen einige Meter seitwärts und startet für die nächsten 100 Etagen in einem neuen Schacht. Die Multi-Kabinen von ThyssenKrupp sind ein Beispiel dafür. Sie werden mit Linearantrieb angetrieben. In der klassischen vertikalen Liftfahrt arbeiten alle Aufzughersteller an Konzepten für Zeitersparnis. Bei Kone lautet das Konzept »People Flow Intelligence«. Es lässt Zutrittskontrollsysteme wie Passierschranken, Automatiktüren und Aufzüge miteinander kommunizieren und sorgt dafür, dass Gebäudenutzer komfortabel, sicher und auf schnellstem Wege an ihr Ziel kommen. Bei Otis wird der Personenfluss im Gebäude durch das Compass Destination Management optimiert. »Der Aufzug denkt mit. Das System überwacht laufend den Verkehrsfluss und sichert so den optimalen Aufzugsbetrieb von früh bis spät, auch bei Stoßzeiten« erklärt Martin Hauser. Schindler überzeugt mit Port.
Bild oben: Mit der Port-Technologie bietet Schindler ein Zwei-Wege-Kommunikationssystem zwischen Hauptcomputer, Gebäudeschnittstellen und Passagieren. |
»Unser Transit Management System berechnet für jeden Gebäudenutzer den effizientesten Weg zum Ziel im Gebäude«, so Uher. Der Besucher hält seine programmierte Zugangskarte vor das Port-Terminal und wählt per Touchscreen seinen Zielort. Ein Aufzug wird zugewiesen. Durch die Gruppierung von Personen, die dasselbe Stockwerk ansteuern, reduziert Port die Anzahl der Zwischenstopps und verbessert so die Effizienz des Aufzugssystems. Vergleich privat: »Hier erkennt das System, wenn ich in die Garage einfahre. Es gibt auch Häuser, wo die Schlossanlagen mit dem Portsystem verbunden sind. Der Lift holt mich dann ab.« Mit Komfort hängt auch die Fahrgeschwindigkeit zusammen. Für Schindler ist der richtige Mix unterschiedlicher Aufzugsspeeds entscheidend. »Es braucht wie im Bahnwesen Eil- und Regionalaufzüge.« Otis nennt Zahlen. »Der durchschnittliche Aufzug fährt zwischen 1 und 2,5 m/s. Highriser in Hochhäusern erreichen 10 m/s und mehr.« Speed ist auch bei ThyssenKrupp ein Thema. Accel ist der erste beschleunigende Fahrsteig, der speziell für den öffentlichen Nahverkehr der Metropolen, für Wege von und zu Bahnhöfen, Flughäfen etc., geeignet ist. Accel erreicht Geschwindigkeiten von bis zu zwei Metern pro Sekunde.
Faktor Sicherheit
»Aufzüge und Rolltreppen bilden das Herz und den Kreislauf eines Gebäudes«, bringt es Baca auf den Punkt. Der Aufzug stellt im mitteleuropäischen Raum ein sehr sicheres Transportmittel dar. »Diese Sicherheit führt aber vielfach zu Sorglosigkeit«, bedauert er. Durch die Aufzug-Sicherheitsverordnung wurden 2008 Fahrschachttüren Pflicht. »Eingeklemmt wird heute kaum wer, dafür stürzen mehr Leute, weil sie den Niveauunterschied zwischen Aufzug und Gebäudeboden nicht beachten«, so Baca. Wartung und Service kommt daher große Bedeutung zu.