Vor 30 Jahren hat die EU die Dienstnehmerfreizügigkeit eingeführt - nicht ganz unumstritten. Ein großes Problem ist das Lohndumping: Arbeitnehmer*innen aus europäischen Drittstaaten werden in Österreich nicht nach hier geltenden Tarifen bezahlt, sondern deutlich darunter. Die Gewerkschaft Bau-Holz (GBH) hat das zum Anlass genommen, erneut in Brüssel vorzusprechen.
Die Dienstnehmerfreizügigkeit ist einer der großen Vorteile und Grundprinzipien der EU - und sicherlich nicht nur ein Gewinn für die Wirtschaft, sondern auch für interkulturellen Austausch. Wie alle guten Ideen birgt aber auch sie Schattenseiten: Immerhin führte diese Maßnahme zu einem Arbeitnehmeraustausch und einem enormen Anstieg von Lohn- und Sozialdumping. Insbesondere Österreich ist aufgrund seiner Nähe zu Slowenien und Ungarn das Zielland Nr. 1 bei Entsendungen. Hier besteht Handlungsbedarf: Der GBH-Bundesvorsitzende Josef Muchitsch sprach aus diesem Grund bei Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, vor.
Laut Muchitsch bestehe das Hauptproblem darin, dass solche Entsendungen immer stärker für Lohndumping missbraucht würden. „Es kommt vermehrt dazu, dass über slowenische Briefkastenfirmen billige Arbeitskräfte aus EU-Drittstaaten entsendet werden, ohne dass diese jemals in Slowenien gearbeitet haben. Das immer stärker werdende Geschäftsmodell: Briefkastenfirma gründen, Arbeitnehmer aus Drittstaaten anmelden und ab nach Österreich“, erklärte er beim Gespräch mit dem EU-Kommissar. Ein weiteres Thema seien die derzeitigen Bestimmungen bei den Entsendebestätigungen - die sogenannten A1-Formulare. Die Entsendefirmen könnten bis zu 4 Monate später liefern. Ähnlich sei es mit der bekannten Problematik mit den niedrigeren Sozialversicherungsbeiträgen bei Entsendungen: „Dies ermöglicht es Unternehmen, günstiger in Österreich anzubieten - das ist nicht der europäische Gedanke!“
Der GBH-BUndesvorsitzende Josef Muchitsch sucht das Gespräch in Brüssel: „Kollegen aus den Nachbarländern müssen für die gleiche Arbeit, am gleichen Ort, auch tatsächlich die gleiche Bezahlung bekommen. Es geht um ein Miteinander, anstatt eines Gegeneinanders am Arbeitsplatz.“ (Bild: OeGB)
Vorschlag der Gewerkschaft
Die GBH spreche sich dabei nicht grundsätzlich gegen Entsendungen beziehungsweise die Dienstnehmerfreizügigkeit an sich aus, positioniere sich aber klar gegen die dubiosen Machenschaften, die sich daraus entwickelt haben. Als Abschluss der Brüssel-Mission der Gewerkschaft gab es eine Podiumsdiskussion, dabei fordert Muchitsch wiederholt, dass die ELA endlich „in die Gänge kommen müsse“. Bei der Vollziehung grenzüberschreitender Strafen brauche es dringend funktionierende Lösungen. „Eine Verkehrsstrafe wird auch grenzüberschreitend zugestellt und exekutiert - warum funktioniert das bei Lohn- und Sozialdumping nicht? Mit illegalen Entsendungen über Lohn- und Sozialdumping Gewinne zu maximieren, zu Lasten der Beschäftigten und Unternehmen, das geht einfach nicht.“
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