Wird bei der Abwicklung eines Bauvorhabens die Untauglichkeit des Stoffes oder die Unrichtigkeit einer Anweisung offenbar, hat der Auftragnehmer (AN) den Auftraggeber (AG) zu warnen. Doch an wen, wann und wie hat die Warnung zu erfolgen?
Rückschau: Teil 1 der Serie gibt eine Einführung in die Warn- und Prüfpflichten des Arbeitnehmers. Mehr dazu: Die Warnpflicht des Auftragnehmers im Bauvertrag
Formalitäten der Warnung
Adressat der Warnung ist der AG selbst. Hat der AG einen hierfür ausreichend bevollmächtigten Vertreter benannt, kann sie gegenüber diesem erfolgen. Die Form der Warnung ist im Gesetz nicht geregelt. Es empfiehlt sich aber, aus Beweisgründen jedenfalls die ordnungsgemäße Warnung zu dokumentieren. Die regelmäßig vereinbarte Werkvertragsnorm ÖNORM B 2110/B 2118 normiert ausdrücklich die Schriftlichkeit der Warnung.
Inhalt der Warnung
Die Warnung muss nach ihrem Inhalt unmissverständlich erkennen lassen, dass die Gefahr des Misslingens des Werks oder eines Schadens besteht. Dass ein Werk bloß unzweckmäßig werden würde oder das Werk vielleicht unter Umständen misslingen könnte, reicht nicht. Ebenso wenig reicht, dass nur auf die aufgetretenen Umstände hingewiesen wird. Vielmehr hat die Warnung dem AG den Mangel, die Gefahr des Scheiterns und eine allfällige Abhilfemaßnahme so mitzuteilen, dass der AG eine taugliche Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen hat.
Es muss daher auch klar hervorgehen, was passiert, wenn der AG die Warnung missachtet. Warnt der AN vor anderen Folgen, die später gar nicht eintreten, ist die Warnung nicht ausreichend. Die ÖNORM B 2110/B 2118 normiert darüber hinaus, dass der AN Verbesserungs-/Behebungsvorschläge machen muss. Dies hat jedoch nur im Rahmen seiner fachlichen Möglichkeiten innerhalb einer zumutbaren Frist zu erfolgen. Die Vorschläge müssen dem AN also ohne großen Aufwand möglich sein. Dem AN muss hinreichend Zeit zur Klärung der notwendigen Fragen zustehen, ohne dass es zu einer zu langen Behinderung in der Bauabwicklung kommen darf.
Zeitpunkt der Warnung
Der AN hat bei Erkennen der Untauglichkeit des Stoffes oder Unrichtigkeit einer Anweisung spätestens zu warnen, bevor die Fehlerbeseitigung mit einem Aufwand verbunden ist, der bei früherer Warnung nicht angefallen wäre. Die ÖNORM B 2110/B 2118 normiert, dass der AN Ausführungsunterlagen, Anweisungen, beigestellte Materialien und beigestellte Vorleistungen sobald wie möglich zu prüfen hat; vom ordnungsgemäßen Zustand von Vorleistungen hat sich der AN vor Beginn der eigenen Leistungen zu überzeugen. Mängel und Bedenken hat der AN unverzüglich anzuzeigen.
Beweislast
Den AN trifft die Behauptungs- und Beweislast für die Untauglichkeit des Stoffes und die Unrichtigkeit einer Anweisung, wenn er die Gewährleistung für einen Mangel aus diesem Grund ablehnt. Er muss auch beweisen, dass überhaupt eine Anordnung erteilt wurde. Da eine Haftung des AN nur entfällt, wenn ihm keine Verletzung der Warnpflicht vorzuwerfen ist, hat der AN auch zu beweisen, dass er seiner Warnpflicht entsprochen hat oder eine solche Warnpflicht mangels Schutzbedürfnisses des AG im konkreten Fall nicht erforderlich war (Beweislastumkehr).
Fazit
Der Vertrag kann die Schriftlichkeit der Warnung explizit vorsehen; eine hinreichende Dokumentation empfiehlt sich jedoch auch ohne ausdrückliche Regelung. Den AN trifft die Beweislast für die erfolgte Warnung oder die Gründe für deren Entfall. Die Warnung hat an den AG oder – sofern ein solcher bestellt wurde – an dessen Vertreter zu erfolgen. Die Warnung hat dem AG nach ihrem Inhalt eine taugliche Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen zu bieten. Dies umfasst insbesondere den Hinweis auf die konkret drohenden Folgen. Der Vertrag kann den AN auch dazu verpflichten, Verbesserungsvorschläge in zumutbarer Zeit zu machen, sofern ihm dies technisch ohne großen Aufwand möglich ist. Die Warnung hat zu erfolgen, bevor dem AG ein Schaden entsteht, der ihm bei früherer Warnung nicht entstanden wäre. Der Vertrag kann den AN zur unverzüglichen Mitteilung von Mängeln und Bedenken verpflichten.
Die Autoren
Katharina Müller ist Partnerin bei Müller Partner Rechtsanwälte mit den Beratungsschwerpunkten Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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Mathias Ilg ist Juniorpartner bei Müller Partner Rechtsanwälte und spezialisiert auf Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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