Sonntag, Dezember 22, 2024

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklären Florian Megele und Rene Breyer von Oppanta Building Trust, wie mit Smart Contracts aus Mehrparteienverträgen echte Kollaborationen auf der Baustelle werden.

Titelbild: »Wir wollen nicht, dass der Vertrag in der Schublade verschwindet. Denn in dem Vertrag steht ja die Kollaborationsanleitung. Wenn diese Anleitung gut ist und gut digitalisiert ist, dann weiß jeder Beteiligte zu jedem Zeitpunkt, was zu tun ist«, sind Rene Breyer (l.) und Florian Megele überzeugt. (Credit: Oppanta)

Es wird viel über Kollaboration und partnerschaftliche Projekt­abwicklung gesprochen. Oft bleibt es bei Lippenbekenntnissen. Oppanta will mit Smart Contracts für eine echte partnerschaftliche Projektabwicklung sorgen. Wie genau soll das funktionieren?

Florian Megele: Der Mehrparteienvertrag und die integrierte Projektabwicklung haben das gemeinsame Projekt zum Ziel. Die somit entstehenden Projektkonstellationen haben viele Ähnlichkeiten mit einer Konsortiums-Blockchain. Im Gegensatz zu Public-Blockchains, wie sie etwa für Kryptowährungen verwendet werden, gibt es auf Konsortiums- und Private-Blockchains nur eine beschränkte Anzahl an Teilnehmern. Eine Zusammenführung des Mehrparteienvertrags mit dieser digitalen Technologie ist aus unserer Sicht naheliegend.

In einer solchen Projektkonstellation müssen viele Parteien koordiniert werden. Unter Umständen kann dieser Kollaborationsprozess komplex sein. Jeder Teilnehmer muss auf dem aktuellen Stand sein, dies passiert in der Regel hauptsächlich via E-Mail und in Projekträumen. Da ist Chaos vorprogrammiert. Unser Ansatz ist es, die Vertragsklauseln zu digitalisieren, um damit effizientere, vertrauensvollere und transparentere Zusammenarbeit zu ermöglichen. Ich habe von Allianzprojekten gehört, wo es geheißen hat, dass nach Vertragsabschluss niemand mehr in den Vertrag schauen musste, weil alles im Sinne des Projekts geregelt ist und es deshalb keine unterschiedlichen Sichtweisen gab.

Megele: Aktuell gibt es fast ausschließlich Pilotprojekte, manche klappen, manche nicht. Man kann aber davon ausgehen, dass bei Pilotprojekten fast immer Personen und Unternehmen am Werk sind, die von einer Sache überzeugt sind. Sonst würden sie es nicht machen. Je stärker sich Mehrparteienverträge in der Praxis durchsetzen, desto öfter werden auch Player mit an Bord sein, die von diesem Konzept vielleicht nicht so sehr überzeugt sind. Ein Mehrparteienvertrag setzt ja auch nicht unterschiedliche Sichtweisen oder auch Streits außer Kraft.

Wir wollen gar nicht, dass der Vertrag in der Schublade verschwindet, denn in dem Vertrag steht ja die Kollaborationsanleitung. Wenn diese Anleitung gut ist und gut digitalisiert ist, dann weiß jeder Beteiligte zu jedem Zeitpunkt, was zu tun ist. Es kommt ja in der Regel nicht zum Streit, weil ein Projekt mehr kostet oder länger dauert, sondern weil die Beteiligten nicht mehr wissen, wie es dazu gekommen ist und was genau der Vertrag ursprünglich vorgesehen hat. In diesen Fällen können wir mit unseren digitalisierten Smart Contracts helfen.

Wird der Vertrag damit nicht immer umfangreicher und unübersichtlicher?

Megele: Am Vertrag selbst ändert sich nichts, wir digitalisieren lediglich die im Vertrag stehenden Kollaborationsprozesse. Dadurch wird die vertraglich vereinbarte Zusammenarbeit transparent, nachvollziehbar und revisionssicher festgehalten.

Rene Breyer: Wichtig dabei zu verstehen ist, dass wir völlig neutral zum Mehrparteienvertrag stehen. Es geht uns nicht darum, diese Form des Vertrages zu pushen. Am Ende geht es lediglich darum, einen geschlossenen Vertrag so zu operationalisieren, dass er auf einer Blockchain abgebildet werden kann. Dadurch wird es möglich, sämtliche vertragsrelevanten Prozesse festzuhalten und transparent sichtbar zu machen. Unser Ziel ist es nicht zu beurteilen, ob die Zusammenarbeit der einzelnen Beteiligten gut oder schlecht war. Es geht einzig darum das »Wie« darzustellen.
Damit eröffnen wir dem Auftraggeber die Möglichkeit, die Qualität der Zusammenarbeit zu bewerten. Werden hier Defizite erkannt, kann das natürlich auch am Vertrag selbst liegen und der Auftraggeber bekommt die Chance, das zu ändern.

Wie genau läuft das ab?

Breyer: Zuallererst analysieren wir den Vertrag, definieren die Vertragsparteien und ihre Aufgaben. Daraus entstehen Diagramme der einzelnen Vertragsklauseln. Aus diesen Diagrammen geht hervorgeht, wer, was, wann zu tun hat.

In einem weiteren Schritt setzen wir die so entstandenen Diagramme in einzelne Smart Contracts um. Somit entsteht in unserem Portal ein digitales Abbild der vertraglich vereinbarten Kollaborationsprozesse. In der Praxis sieht das dann beispielsweise so aus, dass ein Bauherr von ihm gewünschte Änderungen in der Bausausführung über unsere Infrastruktur kommuniziert. Im nächsten Schritt muss der betroffene Auftragnehmer, wie vertraglich vereinbart, die Auswirkungen dieser Änderungen bewerten und kommentieren, dies ebenfalls über Oppanta. Die gesamte Konsensfindung wird über Oppanta, mittels Blockchain-Technologie transparent, nachvollziehbar und revisionssicher protokolliert.

Megele: Wenn aktuell ein revisionssicherer Informationsaustausch zwischen den Baubeteiligten stattfinden soll, geschieht dies in aller Regel weiterhin in analoger Form. So werden beispielsweise Rechnungen gescannt und gestempelt, Regieberichte händisch abgezeichnet und Pläne mit handschriftlichem Freigabevermerk versehen. Elektronische Datenaustauschformate wie GAEB- und IFC-Dateien kommen lediglich zusätzlich zur Anwendung. Diese Doppelstruktur können wir mit Oppanta auflösen, in dem wir die ausgetauschten, elektronischen Datenformate mittels Blockchain-Technologie revisisonssicher ablegen.

Breyer: Blockchain bedeutet auch, dass jeder Projektbeteiligte eine Kopie der Datenbank und immer den aktuellen Stand hat. Es bekommt auch jeder signalisiert, wenn eine Aktivität erforderlich ist. Man kann sich also nicht darauf ausreden, etwas nicht gewusst oder andere Informationen gehabt zu haben. Es bleibt wirklich sehr wenig Spielraum für Missverständnisse. 

Wie ist das Feedback des Marktes auf Ihre Lösung?

Megele: Wir haben in der Researchphase 40 Entscheider interviewt. Die Ergebnisse waren sehr positiv. Der Nutzen und die Notwendigkeit werden praktisch von allen Befragten gesehen. Auch wenn nicht immer verstanden wird, was das mit der Blockchain zu tun hat. Aber das ist der große Vorteil: denn das müssen sie gar nicht verstehen. 

Video zum Thema: Wie Smart Contracts funktionieren.

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