Im dritten Teil der Serie werden das Total Productive Maintenance (TPM)-Konzept und der 5S-Prozess vorgestellt. TPM ist ein ganzheitliches System zur Erhöhung der Anlageneffektivität und Verfügbarkeit, mit dem 5S-Prozess soll Verschwendung an einzelnen Arbeitsplätzen systematisch eliminiert werden.
Teil 1 (Lean Baumanagement – mehr als Lean Construction - Link) und Teil 2 (Probleme am Ursprung lösen - Link) der Serie gibt es hier zum Nachlesen.
Total Productive Maintenance
Total Productive Maintenance ist ein ganzheitliches System zur Erhöhung der Anlageneffektivität und Verfügbarkeit, in dem Maschinenbediener die Verantwortung bekommen, die Maschinen regelmäßig zu warten und instand zu halten. Diese Philosophie baut auf der Theorie auf, dass jene Arbeiter, die täglich an der Maschine arbeiten, am besten über den Zustand und die Funktion Bescheid wissen und so am geeignetsten für Wartungsarbeiten sind.
1) Maximierung der Anlagenverfügbarkeit
Die Verfügbarkeit der Anlage wird gemessen, indem die Zeit, welche die Anlage arbeitet, durch den zur Verfügung stehenden Zeitraum dividiert wird. Um die Anlageverfügbarkeit zu erhöhen, muss die Laufzeit der Maschine oder Anlage bei gleichbleibendem Betrachtungszeitraum erhöht werden. Um Stehzeiten der Maschine zu minimieren, muss herausgefunden werden, wodurch die Maschine zum Stillstand kommt, wie häufig dies vorkommt und wie lang die Stehzeiten sind.
In diesem Kontext können Fehlercodes hilfreich sein, welche in interne und externe Fehler eingeteilt werden. Diese Fehler werden dann bei jedem Stillstand protokolliert und über einen Zeitraum aggregiert, um ein Bild von den häufigsten Ursachen für Maschinenausfälle zu bekommen. Weiters kann mit den Fehleraufzeichnungen in eine systematische Problemlösung nach dem PDCA-Zyklus übergeleitet werden (die Methodik wurde im Teil 2 erläutert). Interne Fehler beziehen sich dabei immer auf den Bereich, zu dem die Maschine zugehörig ist. Ein Beispiel stellt hier eine Unterversorgung des Arbeiters mit Materialien an der Maschine dar. Ein Beispiel für einen externen Fehler ist die zu späte Materialversorgung durch einen vorgelagerten Prozessschritt, etwa weil eine Materiallieferung durch einen Staplertransport zu spät eintrifft.
2) Maximierung der Anlageneffizienz
Hier geht es um Start- und Stoppzeiten der Anlagen und vor allem um die Laufgeschwindigkeit, welche die Maschine zurzeit im Verhältnis zur maximal möglichen aufweist. Eine laufende Maschine verrichtet nicht zwangsweise wertschöpfende Arbeit. Denn wenn eine Anlage läuft, allerdings keine Materialien verarbeitet, wird von Leerlauf gesprochen. Dies führt dazu, dass Verluste in Form von Produktivitätseinbußen entstehen. In der Analyse sollte beobachtet werden, wodurch Leerläufe entstehen und wie häufig diese auftreten. Die Kennzahl der Leerlaufstunden kann gemeinsam mit jenen der internen und externen Fehlercodes für die Maschinenstopps erhoben werden. Dies führt zu einem tiefen Verständnis über Funktionalität der Maschine und des Prozesses. Wie bei den Stopps der Anlage kann auch bei den Leerläufen in eine systematische Problemlösung übergeleitet werden, indem Gegenmaßnahmen für die häufigsten Leerlaufursachen gefunden werden.
3) Maximierung der Qualitätsrate
Um gewinnbringend zu sein, müssen Anlagen nicht nur genug Output liefern, sondern auch bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Sollte die Qualität nicht ausreichend sein, muss dies ebenso protokolliert und hinterfragt werden. Oft sind es geringfügige Einstellungsänderungen an der Maschine oder Bedienungsfehler der Arbeiter, welche zu einer veränderten Qualität des Materials führen können. Die Qualitätsrate ist die Verhältniszahl von produzierten Stücken zu Stücken, welche defekt sind oder Nacharbeit benötigen. Defekte und Nacharbeit stellen Formen von Verschwendung dar und sollten nach Ansatz des Lean Managements aus allen Prozessen eliminiert werden.
Ein Ziel vom TPM ist es, die operativ arbeitenden Mitarbeiter dahin zu entwickeln, jedes Qualitätsproblem der Maschine selbstständig lösen zu können. Dies stellt aus Sicht des Unternehmens einen Wettbewerbsvorteil dar, da die Qualität ausschlaggebend für den Erfolg eines Unternehmens ist. So führt TPM langfristig dazu, dass die Kompetenzentwicklung der Arbeiter vorangetrieben wird und die Unternehmung qualitativ höherwertige Produkte erzeugt. Durch die intensive Auseinandersetzung mit der Funktionsweise der Maschine steigt das Verständnis der Arbeiter und Teamleiter, welchen Wartungsbedarf die Maschine hat. Weiters wird so die Transparenz der Instandhaltung hochgehalten, was wiederum einen vorbeugenden Effekt auf die Instandhaltungskosten mit sich bringt.
Der Wert einer Maschine wird an der Rentabilität gemessen, welche sich aus der Betriebsfähigkeitsrate und der Produktionsauslastung zusammensetzt, und nicht an ihrer Betriebsdauer oder ihrem Alter. Sofern eine alte Maschine die Produktion ausreichend bewerkstelligen kann und die geforderte Qualität bringt, ist ihr Wert für das Unternehmen auch mit hohem Alter nicht gesunken. (Vgl. [CITATION Tai13 \l 1031] 104.)
5S-Prozess
Die Methodik des 5S-Prozesses befasst sich mit der systematischen Eliminierung von Verschwendung an einzelnen Arbeitsplätzen. Der Theorie nach kann die Verschwendung ganzer Organisationen Schritt für Schritt zuerst an den einzelnen Arbeitsstationen und anschließend an den Schnittstellen eliminiert werden, um ganzheitlich der Perfektion entgegenzustreben. Der 5S-Prozess besteht aus den Bestandteilen Sortieren, Systematisieren, Säubern, Standardisieren und Selbstdisziplin.
Hier erklärt Gottfried Mauerhofer den 5S-Prozess in voller Länge: Effektivität steigern, Verschwendung minimieren - Webpaper
Hintergrund zur Serie
Lean Baumanagement umfasst mehrere Bereiche, in denen unterschiedliche Werkzeuge und Methoden angewendet werden, um die Vorteile aus der Lean-Philosophie für den Baubereich nutzen zu können. Die Erläuterungen in den weiterführenden Ausgaben teilen sich grob in die sechs Bereiche Lean Production, Lean Construction, Lean Design, Lean Administration, Lean Logistik sowie Supply-Chain-Management und Lean-Kultur auf. Aufbauend auf die Übersichtstabelle für Lean Baumanagement der Ausgabe 04/22 werden die einzelnen Bereiche kurz beschrieben und Werkzeuge und Methoden erläutert, die die Verschwendung identifizieren, reduzieren oder sogar eliminieren können.
Zum Autor
Gottfried Mauerhofer ist Professor für Baumanagement am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der TU Graz und Autor des Standardwerks »Lean Baumanagement«. Der im Sommer erscheinende Band Nummer zwei der Schriftenreihe ist ein umfassendes Sammelwerk zu den wichtigsten Begrifflichkeiten rund um die Anwendung des Lean-Management-Ansatzes in der Baubranche.
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