Sonntag, Dezember 22, 2024

Auch in der Baubranche gewinnt die Kommunikation stark an Bedeutung. Gerade bei Allianzprojekten steht eine »gute« Kommunikation weit oben auf der Agenda. Dabei gilt es, Information und Kommunikation zu unterscheiden und sich mitunter auch Hilfe von außen zu holen. Teil 4 der Serie »Allianzprojekte«. 

Tipp: Zu Teil 1, 2 und 3 der gelangen Sie vis-a-vis über folgende Links:
Teil 1: Der Faktor Mensch - Link
Teil 2: Die Kultur in Projektallianzen - vom Umgang mit der Macht - Link
Teil 3: Die Zugehörigkeit in Projektallianzen - Link

Gute Kommunikation ist der Kitt zwischen Menschen. Mit guter Kommunikation fassen Menschen Vertrauen zueinander, arbeiten selber mit mehr Freude und sie arbeiten besser zusammen. Ohne gute Kommunikation gibt es keine gute Zusammenarbeit. Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass vermehrt über »Kommunikationskultur« gesprochen wird, man müsse »mehr kommunizieren«. Es wird überhaupt nur »kommuniziert« und gar nicht mehr »geredet«, »gesprochen« oder »geschrieben«.  Da Ingenieure bislang eher zahlenfixiert ausgebildet werden, ist diese Entwicklung auf jeden Fall positiv. »Die Zeichnung ist die Sprache des Ingenieurs« hat ausgedient, willkommen in einer neuen Dimension. Vor allem die Allianzprojekte schreiben sich gute Kommunikation auf die Fahnen. Aber wie das so ist mit Neuem, keiner weiß so richtig, wie es geht.

Deshalb werden die Zeichnungen zum Glück auch nicht aus den Projekten verbannt, sondern sehr erfolgreich ausgeweitet. In BIM-Modellen werden weitreichende Informationen gesammelt und strukturiert aufbereitet. So können alle im Projekt Beteiligten auf demselben Wissensstand sein und Missverständnisse ausgeschlossen werden. Der Clou liegt in diesem »können«. Denn ein BIM-Modell enthält Informationen, keine Kommunikation.

Unterschied Information – Kommunikation

Das Grundmissverständnis ist die Verwechslung von Information mit Kommunikation. Information ist die Bereitstellung von Zahlen, Daten und Fakten. Das kann ein BIM-Modell in herausragender Weise, aber auch Aktennotizen, Zeichnungen, Internetseiten oder Flyer sind Informationen.

Damit aus einer Information eine Kommunikation wird, muss eine Verbindung zwischen dem Informierenden und dem Informierten bestehen. Und diese Verbindung herzustellen ist zwar nicht schwer, aber die wenigsten Menschen verwenden Zeit oder Anstrengung darauf. Und so kommt es zu den berüchtigten und vollkommen überflüssigen Besprechungen.

Eine Binsenweisheit muss hier erneut hervorgehoben werden: »Menschen sind verschieden.« Und weil Menschen verschieden sind, kommunizieren sie verschieden. Sie wählen verschiedene Worte, sprechen über verschiedene Aspekte eines Themas, gehen Probleme verschieden an. Und diese Unterschiede führen in der Praxis oft dazu, dass Missverständnisse entstehen, Inhalte nicht oder falsch verstanden werden bis hin zum gegenseitigen Vorwurf, fachlich keine Ahnung zu haben oder sogar unzuverlässig und schlimmeres zu sein. Weil Menschen verschieden sind, reagieren sie unterschiedlich auf Zeit- und Leistungsdruck, gehen sie unterschiedlich mit Misserfolg und Fehlern um, leiten sie andere Maßnahmen ein, wenn sie sich selber oder andere schützen möchten. 

Was tun?

Wir brauchen in unseren Bauprojekten Führungskräfte, die gut kommunizieren können. Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf her und keine noch so langjährige Berufserfahrung ersetzt eine gute Kommunikationsschulung. In den letzten Jahren hat bereits eine Entwicklung weg von der rein fachlich-technischen Weiterbildung hin zu mehr Ausbildung aus dem Softskills-Bereich begonnen. Es wird zu den Themen »Kommunikation« und »Konfliktmanagement« viel angeboten. Leider gibt es hier wie in jedem Thema gute und weniger gute Ansätze.

Informationsmanagement

Direkt vorneweg: Kommunikation kann man nicht managen. Aber Informationen kann man managen. Es ist sogar sehr zu empfehlen, Informationen in einem Bauprojekt zu managen. Dazu gehören Abstimmungen, wer welche Aufgabe hat, wer wen informiert, wer was entscheidet und vieles mehr. BIM ist ein Leuchtturminstrument, um Informationen gut zu managen, aber auch die gute alte Projektablage ist eine Form des Informationsmanagements. 

Mit guter Kommunikation führen

Um mit guter Kommunikation zu führen, im Sinne einer von Vorgesetzten und Entscheidern geleiteten Führung, müssen andere Instrumente eingesetzt werden. Ein weit unterschätztes Instrument ist die externe Moderation von Baubesprechungen. Üblicherweise werden Bau- oder Planungsbesprechungen von fachlich Beteiligten geleitet. Diese Doppelbelastung ist eine der Hauptursachen für viele Probleme in Projekten.

Eine weitere Möglichkeit der Förderung guter Kommunikation ist der gezielte und regelmäßige Einsatz von Workshops und Arbeitsgruppen, die ebenfalls extern und professionell moderiert werden. Durch die externe Moderation wird sichergestellt, dass eine neutrale und entspanne Arbeitsatmosphäre herrscht und es wird mit sinnvollen, der Fragestellung angepassten Methoden gearbeitet.

Mit guter Kommunikation fassen Menschen Vertrauen zueinander, arbeiten selber mit mehr Freude und sie arbeiten besser zusammen. Ohne gute Kommunikation gibt es keine gute Zusammenarbeit.

Augenfällig ist dabei, dass in beiden Beispielen die Vorgesetzten die Leitung im Augenblick an eine externe Moderation abgeben. Gute Kommunikation trägt wesentlich zu einer Überarbeitung des klassischen Führungsbegriffes bei. Klassisch wird mit klaren Vorgaben und Befehlen geführt. Wer mit guter Kommunikation führt, geht in den Austausch. Womit der Brückenschlag zu modernen und agilen Ansätzen leicht gefunden ist.

In Allianzprojekten wird diesem Aspekt durch die Gleichberechtigung der Beteiligten wesentlich Rechnung getragen. In einer Struktur, in der es keinen Chef gibt, sondern Entscheidungen einstimmig gefällt werden, muss ein Austausch zwischen den Beteiligten stattfinden. Die Schwierigkeit ist auch hier die Tatsache, dass Menschen unterschiedlich kommunizieren. Wenn bei der Zusammenstellung des Teams diese Diversität nicht berücksichtigt wird, werden wesentliche Potenziale bei den Teammitgliedern nicht ausgeschöpft und aus Missverständnissen kann wieder Misstrauen entstehen. Es wird viel Energie auf die Lösung von Konflikten verwendet. Wenn diese Energie zu einem früheren Zeitpunkt darauf verwendet wird, ein gegenseitiges Verstehen zu erlangen, ist das ein wesentlicher Beitrag zum Projekterfolg. 

Wie hört sich gute Kommunikation an?

Bei Kommunikation geht es natürlich auch um das gesprochene Wort. Und da Menschen wie oben erwähnt verschieden sind, müssen wir uns an unsere jeweiligen Gesprächspartner anpassen. Der erste Schritt in jedem Gespräch muss demnach sein, zuzuhören. Dafür brauchen wir die Begrüßung und den Small Talk am Beginn einer Besprechung. Diese Zeit ist weniger verschwendet als in das gegenseitige Verständnis investiert.

Erst wenn dieser Kontakt hergestellt ist, kann ein Gespräch stattfinden, in dem alle Beteiligten von denselben Inhalten sprechen und später dieselben Ergebnisse erinnern. Die Tatsache, dass später unterschiedliche Ergebnisse erinnert werden wird fälschlicherweise häufig als Lüge, Unzuverlässigkeit oder Dummheit interpretiert. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass einfach nicht gut kommuniziert wurde.

Deshalb ist und bleibt eine Dokumentation von Gesprächen wesentlich. Der Handschlag mag ein juristisch akzeptierter Vertragsabschluss sein, aber die Erinnerung von Menschen verändert sich nachweislich. Die dann weiterhin verbleibenden Deutungsmöglichkeiten des geschriebenen Wortes können nur mit gegenseitigem Vertrauen und viel gutem Willen bearbeitet werden.

Fazit

Die Stärke von Allianzprojekten liegt auch darin, dass der Kommunikation ein hoher Stellenwert zugestanden wird. Gute Kommunikation ist eine extrem belastbare Bindung zwischen Menschen. Durch das gegenseitige Verständnis wird eine Basis aus Vertrauen, Wertschätzung und Toleranz erarbeitet, die wesentlich zum Projekterfolg beiträgt. Das wirklich belastende an Konflikten im Projekt ist der Vorwurf der Lüge und des Verrats. Dieses Misstrauen entsteht weitaus häufiger durch unbeabsichtigt schlechte Kommunikation als durch wirkliche Lüge. Ein gutes Projekt ist nicht notwendigerweise im Kosten- und Zeitrahmen geblieben. Ein gutes Projekt zeichnet sich dadurch aus, dass die Beteiligten die Probleme gemeinsam angegangen sind und sie gemeinsam gelöst haben. 


Die Autorin

Barbara Nilkens ist Bauingenieurin, Kommunikationsexpertin und Inhaberin des gleichnamigen Ingenieurbüros für Baukommunikation. Ihr Ziel ist es, für gute Kommunikation im Bauwesen zu sorgen.

Infos: www.baukommunikation.com

 

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