Die österreichische Bauproduktion ist laut WIFO 2021 deutlich kräftiger gewachsen als die Gesamtwirtschaft. Auch in den nächsten Jahren rechnet das WIFO trotz Ukrainekrise mit spürbarem Wachstum, wenn auch auf geringerem Niveau.
Im Krisenjahr 2020 ist das europäische Bauwesen deutlich geschrumpft, allerdings sind die Verluste geringer ausgefallen als ursprünglich gefürchtet. Und schon 2021 wuchs das Bauvolumen in den 19 Euroconstruct-Ländern um 5,6 % auf 1.740 Milliarden Euro, womit die Bauproduktion schon im ersten Jahr nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie das Niveau des Vorkrisenjahres 2019 übertraf. Der Aufschwung im Bauwesen dürfte, wenn auch mit abnehmender Dynamik, über den gesamten Prognosezeitraum bis 2024 anhalten (siehe Tabelle).
Ab 2022 dürfte dabei insbesondere der Tiefbau Wachstumsimpulse liefern. Zu diesem Ergebnis kommen die WIFO-Expert*innen Julia Bachtrögler-Unger und Michael Weingärtler in ihrer aktuellen Analyse. Die Auswirkung des Ukraine-Kriegs auf die Bauwirtschaft ist in der Prognose noch nicht berücksichtigt. Weingärtler rechnet aber damit, dass die Prognose für 2022 leicht nach unten revidiert werden muss, das hänge aber mehr mit den unterjährigen Revisionen von Statistik Austria zusammen als mit dem Krieg in der Ukraine.
»Die Industrie ist von der Krise deutlich stärker betroffen als das Bauwesen. Der Auftragsbestand ist sehr hoch, weshalb wir eine stabile Entwicklung erwarten«, so Weingärtler gegenüber dem Bau & Immobilien Report. Die größere Unsicherheit im Bauwesen betreffe die Entwicklung der Baupreise, die noch stärker dämpfend auf den Markt wirken könnte, je länger sie voranschreitet.
Situation in Österreich
Wie im Durchschnitt aller Berichtsländer wurde auch in Österreich im Jahr 2021 das Vorkrisenniveau von 2019 übertroffen. Zwar fiel das Wachstum hierzulande etwas geringer aus als im Euroconstruct-Vergleich, das liegt aber vor allem daran, dass der Einbruch in Österreich 2020 weniger drastisch ausfiel als in den meisten anderen Ländern. Zurückzuführen ist das Wachstum vor allem auf eine starke Nachfrage.
Gemäß den saisonbereinigten Ergebnissen des WIFO-Konjunkturtests hatten im Jänner 2021 84 % der befragten Bauunternehmen ihre Auftragslage als ausreichend oder mehr als ausreichend beurteilt. Dieser Anteil stieg im Jahresverlauf 2021 an und betrug im Dezember bereits 94 %. »Die Erholung verlief jedoch nicht ungetrübt«, heißt es in der Ananlyse von Weingärtler und Bachtrögler-Unger.
Im Jänner 2021 hatten laut WIFO-Konjunkturtest noch rund 45 % der befragten Bauunternehmen keine Beeinträchtigung ihrer Tätigkeit gemeldet. Dieser Anteil nahm im Jahresverlauf sukzessive ab und belief sich im Dezember 2021 nur mehr auf rund 20 % der Unternehmen. Die wichtigsten Hemmnisse der Bauproduktion waren 2021 der Mangel an Arbeitskräften und der Mangel an Material bzw. Kapazität. Auch die weiterhin zu erwartende hohe Preisdynamik dürfte das Wachstum der Bauproduktion dämpfen. Dennoch sollte die Bauproduktion in den nächsten Jahren in allen Bereichen zulegen. Allerdings wird das Wachstum an Schwung verlieren.
Verlässlicher Wohn- und Tiefbau
Als besonders resilient erwies sich in der Covid19-Krise laut WIFO-Analyse der Wohnbau. Die Wohnbautätigkeit sank 2020 nur um 0,6 % gegenüber dem Vorjahr. Zudem kam es zu einem weiteren Anstieg der Immobilienpreise, was unter anderem mit einer pandemiebedingt steigenden Nachfrage nach Einzel- und Doppelhäusern zusammenhängen dürfte. Für die nächsten Jahre geht das WIFO auf Basis der Entwicklung der Baubewilligungen von einer weiterhin hohen Wohnbaunachfrage aus. Außerdem wird gemäß Euroconstruct-Prognose im Wohn-, wie auch im sonstigen Hochbau eine deutliche Ausweitung der Investitionen in bauliche Sanierungen erwartet.
Auch die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind trotz Coronakrise stabil geblieben und gingen 2020 nur um 0,3 % zurück. Das für 2021 prognostizierte Tiefbauvolumen übersteigt zudem bereits das Vorkrisenniveau des Jahres 2019. Der Hauptgrund für die stabile Entwicklung waren Investitionen in die Bahninfrastruktur, von denen gemäß Euroconstruct-Prognose auch in den kommenden Jahren wichtige Wachstumsimpulse ausgehen werden. Daneben sollten öffentliche Initiativen zum flächendeckenden Breitbandausbau, Bauinvestitionen im Telekommunikationsbereich sowie Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energieträger die Entwicklung des heimischen Tiefbaus begünstigen.
Ausblick 2022
In Summe wird die österreichische Bauwirtschaft laut Michael Weingärtler und Julia Bachtrögler-Unger auch im Zeitraum 2022 bis 2024 wachsen. »Begünstigt wird dies durch eine anhaltend hohe Nachfrage nach Wohn- und sonstigem Hochbau sowie durch öffentliche Initiativen, von denen der Tiefbau profitiert. Bis 2024 dürfte das Wachstum der heimischen Bauwirtschaft aber zunehmend an Schwung verlieren«, so die beiden WIFO-Analyst*innen.
Lese - Tipp
Die Konjunkturberichte des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO für Österreich und die großen OECD-Länder mit Hintergrundinformationen in Tabellen, Graphiken und englischer Zusammenfassung sind unter www.wifo.ac.at/publikationen kostenlos erhältlich.