Freitag, November 22, 2024
Schritt für Schritt in die Flexibilität
Mario Berger ist Country Manager bei Google Cloud Austria. (Fotocredit: Milena Krobath)

Über Trends in der IT-Infrastruktur, bei souveränen Cloud-Modellen und dem Standort Österreich. Mario Berger, Country Manager Google Cloud Austria, im Gespräch.

Text: Martin Szelgrad

Welche Trends zeigen sich derzeit bei der Nutzung der Cloud in Österreich?

Mario Berger: Wir sehen einen rasanten Anstieg der Cloud-Nutzung in Österreich. Speziell fällt auf, dass seit einigen Monaten Cloud-Projekte rund um kritische Workflows und business-kritische Applikationen stark zunehmen. Nachdem wir in den Vergangenheit eher mit – salopp gesagt – einfacheren Projekten zu tun hatten, Projekten mit weniger Geschäftsrisiko für Unternehmen, kommen jetzt auch die großen Applikationsmigrationen.

Weiters ist durch den Hype rund um AI das Thema Digitalisierung und Business Transformation noch stärker in der Vorstandsebene in den Unternehmen angekommen. Die Möglichkeiten von Technologien werden nun in die Fachbereiche übersetzt. Aber wir sind überzeugt: Digitalisierung ist dann sinnvoll, wenn diese einen Nutzen fürs Business und für die Menschen schafft.

Hinkt Österreich auf dem Weg in die Cloud immer noch anderen Ländern hinterher? Was ist Ihr Eindruck?

Berger: Markt und Projekte gleichermaßen haben sich Schritt für Schritt entwickelt – das war in den letzten Jahren in vielen Ländern der Fall, nicht nur in Österreich. In Deutschland beispielsweise hat man schon vor einigen Jahren Riesenprojekte gesehen, wie etwa die Transformation von kompletten Rechenzentren in die Cloud. Hierzulande haben Unternehmen ihre Cloud-Strategie oft differenzierter umgesetzt. Man hat genau geschaut, wo es sinnvoll ist. Durch den Technologiesprung bei Clouddiensten hat sich das jetzt geändert. Das Thema befindet sich heute auf einer anderen Ebene. Man spricht heute nicht mehr von Cloud-Projekten als Ablöse von IT-Infrastruktur vor Ort im Unternehmen, sondern von der Automatisierung von Prozessen, von Kosteneinsparung, Agilität, Flexibilität bis hin zu »Smart Data«. Jetzt liefert auch generative KI – »GenAI« – einen Boost, um ganze Industrien zu verändern. All diese Themen sind auch auf Vorstandsebene angekommen. 

Was erwarten Sie von Lösungen rund um GenAI?

Berger: Künstliche Intelligenz ist oft Gegenstand einer vorwiegend technischen Diskussion. Oder sie wird als einfaches Werkzeug verstanden, um einen Chatbot zu erstellen, ein E-Mail zu schreiben oder eine Präsentation anzufertigen. Ich bin überzeugt, dass wir eher eine Business-
Diskussion führen sollten – es ist ein neuer Hebel, um tief integriert auf unterschiedlichste Art Geschäftsprozesse neu zu denken. Es wird möglich, stärker zu automatisieren, Arbeitszeit und Ressourcen zu sparen, damit sich der Mensch wieder auf wertvollere Tätigkeiten konzentrieren kann. Derzeit sind wir alle noch viel zu sehr mit allgemeinen, repetitiven Aufgaben beschäftigt, die zwischenmenschlich oft wenig Wert haben. Technologie könnte nun helfen, den Menschen davon wieder freizuspielen.

Wir haben bei Google und Google Cloud seit Jahren Machine Learning im Einsatz und bauen Lösungen dazu. Das ist für uns nichts Neues. Ein Beispiel ist das automatische Vervollständigen von Begriffen in der Google-Suche, dem Verstehen von Videos in YouTube oder das Erkennen von Bildern. Die Technologie hat sich massiv weiterentwickelt und auch die zugrundeliegenden Infrastrukturen sind massiv gewachsen. GenAI benötigt nicht mehr eine manuelle Klassifizierung von Daten, etwa Bilddaten, sondern es erkennt selbstständig die Muster dahinter. Das wird auch Innovationen schneller vorantreiben. 

»Künstliche Intelligenz ist ein Hebel, um auf unterschiedlichste Art Geschäftsprozesse neu zu denken«, meint Mario Berger. (Foto: Google Cloud Austria)


Wie unterstützt Google dabei  Unternehmen – auch gemeinsam mit Partnern wie T-Systems in Österreich?

Berger: Mit Google Cloud sind wir seit jeher stark auf Partnerschaften fokussiert – mit Integrationspartnern wie beispielsweise T-Systems, aber auch direkt mit unseren Kunden. Wir wollen mehr als Technologielieferant sein, um gemeinsam Dinge weiterzuentwickeln. Um bei diesem Beispiel zu bleiben: T-Systems ist ein starker, lokaler Partner, um genau diesen Mehrwert für die Kunden zu erzeugen. Und wir haben mit einer gemeinsamen »Sovereign Cloud« ein Alleinstellungsmerkmal, um auch hochkritische Werke in die Cloud transferieren zu können. Mit allen Integrationspartnern entwickeln wir spezielle Trainings- und Zertifizierungsprogramme, um Know-how zu transferieren und bei der Wahl der richtigen Technologie zu unterstützen.

Für eine gute Einschätzung der Auswirkungen von Projekten haben wir ein Konzept erarbeitet, das sich »Business driven Transformation« nennt: Welche Digitalisierungsmaßnahmen haben einen positiven Einfluss auf das Geschäft? Was bringt den größten Nutzen? Diese Fragen können wir gemeinsam mit den Kunden beantworten. Hier beraten wir Unternehmen – sowohl strategisch als natürlich auch mit unseren Engineers vor Ort auf technischer Ebene.

Welchen Stellenwert hat der Faktor Flexibilität in dieser Argumentationsreihe?

Berger: Unternehmen benötigen in einer zunehmend datengetriebenen Welt zunehmend flexible Ausrichtungen ihrer IT-Infrastruktur. Eine Datenlösung heute ist vielleicht morgen schon nicht mehr die Passende, ebenso gibt es laufende Veränderungen über die Jahre – der Bestand in der IT kann da schnell auch zu einem Problem werden. Hadoop-Cluster zum Beispiel, die vor zwei, drei Jahren in Unternehmen angeschafft und aufgebaut worden sind, sind heute ein massives Thema für den Betriebsaufwand. Für die enorm raschen Veränderungen unserer Zeit gibt es mittlerweile andere, bessere Möglichkeiten.

Was steckt hinter der Idee und dem Konzept der Google Sovereign Cloud?

Berger: Unser Bestreben war, eine Cloud zu bauen, die den europäischen Anforderungen entspricht. Das betrifft einige Punkte auf Ebene von Verträgen, es sind technische Maßnahmen, aber auch – und das ist bislang einzigartig – organisatorische Maßnahmen. Vertraglich können wir seit vielen Jahren Compliance-Anforderungen erfüllen. Technisch können die Kunden bestimmen, wo ihre Daten gespeichert liegen und wo sie verarbeitet werden. Weiters ermöglichen wir eine Verschlüsselung über der üblichen Verschlüsselung. Für das Aufsperren dieser zusätzlichen Sicherheitsebene haben nur die Unternehmenskunden den Schlüssel – oder auf Wunsch auch ein anderer Cloud-Provider.

Darüber hinaus haben wir in Zusammenarbeit mit T-Systems eine organisatorische Trennung eingeführt. Unser Partner kontrolliert als Unternehmen mit Sitz in Deutschland die Support-Zugriffe, die gesamte Hardware und alles rund um die Google-Cloud-Lösung für den Kunden. Damit achtet ein Dritter auf die Einhaltung von Verträgen, mitsamt eines Nachweises für die Datenschutzkonformität von Systemen und Lösungen. Google Cloud ist bei diesem Modell auch nicht mehr der Eigentümer der Hardware und Software der Cloud-Infrastruktur. Die Cloud wird von T-Systems betrieben, in einem entsprechend eigenen rechtlichen Rahmen. 

In Oberösterreich wird das erste Rechenzentrum von Google hierzulande gebaut. Wie weit ist diese Cloud-Region gediehen?

Berger: Nach der Ankündigung im letzten Jahr eines Standorts sind wir jetzt in der Detailplanung. Die ersten baulichen Tätigkeiten sind bereits zu sehen: Die Zufahrt zum Standort ist errichtet, die Anschlüsse sind gemacht. Google Cloud baut derzeit mehrere Regionen in Europa auf. So wurden 2022 auch weitere Standorte angekündigt, die teils bereits in der Umsetzung oder fertiggestellt sind. So wurde vor kurzem ein eigenes Datacenter in Griechenland eröffnet, ebenso Ende August der Standort Berlin.

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