Dolphin Technologies entwickelt Telematik-Lösungen für den Versicherungs- und Automobilmarkt. Die Geschäftsführer Andreas Kößl und Harald Trautsch setzen dabei auf ihr Erfolgsrezept der »kontextualisierten Mobilität« – mitunter mit dem Anreiz, aufs Auto zu verzichten.
Titelbild: Andreas Kößl und Harald Trautsch bieten mit der Daten- und Serviceplattform von Dolphin Technologies Konsument*innen und Versicherungsunternehmen gleichermaßen Nutzen – bis hin zur Unterstützung von ökologischem Mobilitätsverhalten und mehr Sicherheit auf den Straßen. (Credit: Dolphin Technologies)
Das österreichische »InsurTech« Dolphin Technologies bietet die automatische Meldung von Autounfällen, die Berechnung von fahrverhaltensabhängigen Versicherungstarifen aber auch die Prävention von Unfällen. Zu den Kunden zählen Versicherungen wie Generali, Uniqa oder die deutsche DEVK, aber auch Projektpartner wie Volkswagen sowie der größte Rückversicherer Munich Re. »Auch wenn wir immer wieder als Start-up wahrgenommen werden, feiern wir heute bereits unseren 21. Geburtstag – und sind nach wie vor sehr agil«, erklärt Dolphin-Geschäftsführer Harald Trautsch stolz. Schon vor der Unternehmensgründung arbeitete der Experte an Telematik-Lösungen für den Automobilsektor. Die Themen waren damals Diebstahlsicherungen und Fernbedienungen für Standheizungen. 2005 wurde bei Uniqa ein Technologieprojekt dazu gestartet, Dolphin wurde aus der Branche für eine Zusammenarbeit empfohlen. »Damals sind wir etwas weg vom Steuerungsbereich und hinein in die Analyse von Daten geraten«, erinnert sich Trautsch an seine Anfänge im Bereich Versicherungstelematik.
Andreas Kößl war damals im Vorstandsteam bei Uniqa tätig. »Die großen IT-Hersteller wollten uns damals einen Prototypen für die Übermittlung von Fahrzeugdaten bauen. Dolphin Technologies hatte Erfahrung mit Datenboxen, die bereits bei einem italienischen Versicherer erfolgreich im Einsatz waren«, berichtet er. Mit Trautsch, der fließend Italienisch spricht, wurde Kößl schnell handelseinig. Trotz Erfolg des Produktes war erkennbar, dass der technische und administrative Aufwand für Versicherer mit extra eingebauten GPS-Boxen zu hoch ist. Folglich baute Dolphin eine eigene Datenplattform auf und setze auf die Smartphones der Nutzer*innen als Quelle für die Telematik- und Mobilitätsdaten.
Versicherern wurde damit die Möglichkeit gegeben, Anwender*innen für positives Fahrverhalten zu belohnen und entsprechende Anreize zu liefern. »Unser Ansatz ist, dass Bestrafen und Selektieren nur bedingt funktionieren. Wir glauben an eine Demokratisierung von Services und an Motivation«, erklärt Trautsch. »Es will ja niemand einen Unfall haben. Wenn man sicheres Fahren unterstützt und vielleicht vorab auf Risiken hinweist, ist das ein Riesenvorteil für alle.«
Das Dolphin-Team arbeitete über Datenanalysen heraus, in welchen Situationen es häufiger zu Unfällen kommt. Ihr Ergebnis: Die ehemals größten Risikofaktoren Alkohol und überhöhte Geschwindigkeit sind von Ablenkung durchs Smartphone am Steuer abgelöst worden. Die Dolphin Applikation erkennt folglich die Verwendung des Smartphones während einer Fahrt. Ebenso werden Geschwindigkeit und Fahrdynamik – zum Beispiel Beschleunigung – übers Handy gemessen und mit Idealwerten abgeglichen. Beides soll Kund*innen helfen, ihren Fahrstil zu verbessern. Ebenso spielt das Wetter eine große Rolle. Herrschen ungünstige Zustände auf der Straße, kommt es vermehrt zu Unfällen.
Dolphin versendet jährlich knapp 1 Mio. Warnungen und Empfehlungen in Kunden-Apps von Versicherungen. (Bild: iStock)
Heute arbeiten die Experten mit »Predictive Analytics«, also datenbasierte Vorhersagen. Werden für den nächsten Tag Nässe oder Glatteis auf der gewohnten Strecke in die Arbeit erwartet, informiert die App ihre Nutzer*innen frühzeitig. Die »Customer Journey« aus Versicherungssicht kann dann einen Schritt weitergehen, indem etwa ein Öffi-Fahrschein frei angeboten wird, wenn man das Auto stehen lässt. Bei drohendem Hagel wiederum werden die Fahrzeugbesitzer*innen in der Region informiert und angeleitet, ihr Auto
sicher unterzustellen.
Dolphin bietet Unternehmen eine offene Plattform, über die modulartig Daten und Prozesse nach Bedarf zusammengespielt und zielgerichtet in Services für die Endkund*innen gegossen werden können. Dabei werden standortbezogene Daten mit Informationen aus Diensten Dritter, etwa Umweltdaten, verknüpft und über »Marketing Automation« an die Zielgruppen geliefert. »Ein Versicherer kann mit unserem Tool alles bauen, was er sich vorstellen kann«, erklärt Harald Trautsch.
Ad hoc - Angebote
Ultrakurze Fahrten sind ein Kostenfaktor, auch für Versicherungen. 40 Prozent der Wege mit dem Auto in Österreich sind unter zehn Minuten lang und 25 Prozent aller Unfälle passieren durchschnittlich in den ersten drei Minuten. Also könnte es beispielsweise interessant sein, jene zu adressieren, die in den vergangenen sieben Tagen mindestens dreimal eine Strecke unter einem Kilometer Länge gefahren sind – und diesen Personen einen kleinen Vorteil zu bieten, das Auto künftig in diesen Fällen stehen zu lassen. Auch Details wie notwendige Fahrten zu einem Nahversorger können hier berücksichtigt werden. Anderen Nutzer*innen, die sich etwa mehr als 30 Minuten auf einem Flughafen oder in einem Skigebiet befinden, könnte ad hoc eine Reise- oder Unfallversicherung über das Smartphone angeboten werden.
Die Situation für Versicherungsunternehmen ist eigentlich schwierig, weiß Andreas Kößl, der Anfang 2022 zu Dolphin gewechselt ist und nun als Geschäftsführer und CCO das internationale Wachstum des Technologieunternehmens vorantreibt. »Die Unternehmen haben in der Regel nur bei unerfreulichen Ereignissen direkten Kontakt zu ihren Kund*innen – bei der Jahresrechnung oder wenn ein Schadensfall abzuwickeln ist.« Der digitale Service helfe Endkunden und Anbietern, das Potenzial ihrer Beziehung neu zu definieren. Der Clou dabei sind individuell zugeschnittene Infos und Serviceangebote. Das ist nicht mehr Marketing mit der Schrotflinte, sondern eine smarter, eventbasierte Dienstleistung. »Industrien wie Netflix und Amazon haben hier schon enormen Vorsprung, den auch die Versicherer aufholen müssen«, ist Andreas Kößl überzeugt.