Im Gespräch mit Barbara Klinka-Ghezzo, Geschäftsführende Gesellschafterin von Confare und Veranstalterin des Confare #CIOSummit.
Report: In welcher Weise verändern Trends wie »Software Driven« und »Customer Centric« Prozesse und Produkte von Unternehmen?
Barbara Klinka-Ghezzo: Das Merkwürdige an der digitalen Transformation ist, dass wir ständig über Technologie sprechen, aber dabei immer mehr der Mensch in den Mittelpunkt rückt. Auch wenn kein Produkt, kein Unternehmen, keine Dienstleistung mehr ohne Software-Unterstützung funktionieren, sind es die Menschen, die den Unterschied machen. Unternehmen wollen daher Kunden- und Mitarbeiter-zentriert werden. Doch das funktioniert nur dann, wenn Technologie und Business nicht mehr voneinander losgelöst betrachtet werden. Daher ist das Aufbrechen von Silos zu einer grundlegenden Forderung im digitalen Zeitalter geworden. In der Praxis ist das aber gar nicht so einfach.
Bild oben: Barbara Klinka-Ghezzo, Confare: »Wenn IT und Digital so wichtig sind, dann wäre es fatal, diese Fähigkeiten nur in Männerhand zu lassen.« (Foto: Robert Mueller)
Report: Vor welchen Herausforderungen stehen IT-Abteilungen in der Zusammenarbeit mit Fachabteilungen in der Integration von Business und Technologie?
Klinka-Ghezzo: Da wird eine Trennung überwunden, die über viele Jahre liebevoll gepflegt wurde. Hier die IT, dort das Business, beide durch Sprache, Lebensart und Aufgabe voneinander getrennt. Doch in einer zunehmend digitalen Welt gibt es halt kein Business ohne IT – und vice versa. In agilen Projektteams wird nun genreübergreifend gearbeitet, Daten werden gemeinsam genutzt und Silogrenzen überwunden. Das erweist sich als Kulturfrage. Hierarchien werden in Frage gestellt und Zuständigkeiten zum Stein des Anstoßes. Da gibt es nicht einfach einen Schalter, den man umlegt.
Eine weitere Herausforderung liegt wohl darin, dass die Komplexität zunehmend unsichtbar für die Anwender*innen wird. Während die Software und die Endgeräte immer einfacher in der Bedienung sind, werden die Zusammenhänge im Hintergrund undurchsichtiger. So kommt es zum Vorurteil »bei meinem iPhone oder dem Cloud-Provider braucht es nur einen Klick, was kann denn bei uns da so schwierig sein?«.
Das ist zwar alles herausfordernd, hat aber auch viele Möglichkeiten. Der CIO wird zum Chief Invitation Officer, hat einer unserer Preisträger einmal formuliert. Er muss sich selbst in jedes Meeting einladen, aber dann kommt man drauf, dass die Dinge viel besser funktionieren, wenn die IT rechtzeitig an Bord ist.
Report: In welcher gesellschaftlichen Verantwortung sehen sich CIOs heute bei den Nachhaltigkeitszielen Österreichs und Europas?
Klinka-Ghezzo: Das haben wir sehr oft mit unserer Community diskutiert. Zuerst gab es Zweifel: Das ist nicht unser Thema, wir sind nicht zuständig, war da der Tenor. Das ändert sich aber immer mehr. Es ist transparent, dass alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen mit IT und Digitalisierung zusammenhängen, von Pandemie bis Klimawandel – überall werden Lösungen nur mit Einsatz digitaler Mittel möglich sein. Das bedeutet aber auch viel Verantwortung für die Menschen, die in den Unternehmen diese Themen vorantreiben sollen.
Insbesondere bei Nachhaltigkeit haben die CIOs und CDOs einfach mehr Hebel, als nur die Daten für die gesetzlich vorgeschriebenen ESG-Reportings zur Verfügung zu stellen. IT kann Kreislaufwirtschaft in den Unternehmen möglich machen, Lieferketten optimieren, Energieeffizienz steigern und vieles mehr. Dazu müssen die IT-Manager*innen aber in der Wahrnehmung der Geschäftsführer*innen als Treiber dieses Themas wahrgenommen werden.
Report: Auch im Jahr 2022 kämpft die Branche mit Fachkräftemangel und zu wenigen Mädchen und Frauen, die sich für IT-Berufe interessieren. Welche Maßnahmen setzen Sie dazu?
Klinka-Ghezzo: Beim Confare #CIOaward sind fast nur Männer unter den Preisträgern. Das stört mich persönlich, obwohl ich alle unsere Preisträger persönlich sehr schätze, und weiß, dass sie zu Recht ausgezeichnet wurden. Es bildet einfach sehr gut die Realität in den Unternehmen ab. Nur 13 bis 15 Prozent der CIOs sind Frauen. Wenn aber IT und Digital so wichtig sind, wie oben beschrieben, dann wäre es fatal, diese Fähigkeiten nur in Männerhand zu lassen.
Wir haben vor zwei Jahren auf dem Confare #CIOsummit mit unserem Female IT-Mentoring begonnen. Unser Ziel ist es, durch mehr Sichtbarkeit für Frauen in IT-Berufen dem weiblichen Nachwuchs zu zeigen: Das könnt ihr auch. Lasst euch nicht den Bären aufbinden, IT, Mathe und Management wären nur was für Männer. Begleitend haben wir eine Community ins Leben gerufen, die sich in Blogbeiträgen, in sozialen Netzwerken und in Netzwerktreffen austauscht. So finden sich Gleichgesinnte, sie bekommen Rückhalt auf der IT-Karriereleiter und finden gemeinsam Lösungen.
Aufruf zur Teilnahme
Jetzt weibliche IT-Entscheiderinnen für die Auszeichnungen von Confare nominieren: "Ich bin sehr stolz darauf, dass unter den Nominierten der #ImpactChallenge 2022 einige hochkarätige und hochrangige Frauen sind. Diese kann man aktiv mit einer Stimme beim täglichen Community-Voting unterstützen", ruf Barbara Klinka-Ghezzo auf: https://confare.at/cio-of-the-decade-impact-challenge/