Sonntag, Dezember 22, 2024

Unternehmen und ihre ­Organisationen, Strukturen und Kulturen entwickeln sich stetig weiter. Die Beratungsunternehmen M.O.O.CON und ­Communardo wollen die Veränderung von Arbeitswelten gemeinsam mit ­Interessierten gestalten. 

Die Veränderungen waren bereits vor der Pandemie zu spüren. In den vergangenen 24 Monaten wurden Arbeitsweisen und Arbeitsorte um den Faktor Online-Meeting rasant verändert. Es sind Themen wie die Gestaltung von Arbeitsumgebungen aber auch Technologie und Führungsstil in Organisationen, die Doris Schlaffer und Caroline Sturm in ihrer gemeinsamen Arbeit beschäftigen. Schlaffer, Business Consultant bei Communardo Software, bringt ihre Expertise bei Digitalisierungsprojekten und Kommunikationslösungen ein. Sturm fokussiert als Senior Consultant der Unternehmensberatung M.O.O.CON auf die räumliche Gestaltung von Bürowelten. Die beiden sehen die Schnittmengen aus ihren Themenbereichen in gemeinsamen Projekten bei Unternehmen in der Konzeption aber vor allem in der Begleitung von Veränderungen.

»Wir arbeiten schon lange in der Veränderung von Arbeitswelten, bereits viele Jahre vor der Pandemie«, berichtet Caroline Sturm. Während Unternehmenskunden früher Pioniere in der Gestaltung von flexiblen Arbeitsumgebungen und auch Führungskultur waren, sind in den vergangenen zwei Jahren auch vormals konservativ eingestellte Organisationen hinzugekommen. »Das Hin und Her ins Homeoffice und wieder zurück ins Büro hat zum Nachdenken angeregt«, so Sturm. Mitarbeiter*innen hätten sich an Freiräume gewöhnt und fordern die gewonnene Flexibilität nun auf Dauer ein. Unternehmen mit flachen Hierarchien stünden nun sogar vor der Aufgabe, die Rückkehr ins Büro attraktiv zu gestalten. Prinzipiell sieht die Expertin aber »alle unter Zugzwang«, gerade auch in der Ansprache von jüngeren Fachkräften am Arbeitsmarkt.

Doris Schlaffer kann dem auch »technologisch gesehen« zustimmen, wie sie sagt. Vorreiter im Bereich der modernen Kollaboration – mit Tools und Plattformen für unterschiedliche Kommunikationsformate und der gemeinsamen Arbeit an Dokumenten im Einsatz – hätten bereits vor Covid ausreichend Erfahrung dazu gesammelt. Sie können sich jetzt mit der Herausforderung »Hybrid Leadership« beschäftigen, mit dem Führen und Begleiten von Teams quer über räumliche Grenzen hinweg. Jene, die dagegen zögerlich bei Office-Anwendungen in der Cloud waren, mussten nun das »Ausrollen« des digitalen Arbeitsplatzes nachholen und entsprechend die Belegschaft schulen. Doch ob Immobilie oder Telekonferenz-Lösung – allem voran steht eine förderliche Unternehmenskultur, die eine fruchtbare Zusammenarbeit von Mitarbeiter*innen am digitalen ebenso wie am physischen Arbeitsplatz ermöglicht.

Doris Schlaffer, Communardo: »Hybrid bedeutet, den Menschen einzubeziehen.« (Bild: Jan Gutzeit)

Der Mix macht es aus

Die beiden Expert*innen betonen, den Begriff »hybrid« nicht als Entweder-Oder zu verstehen – als Betrachtung des klassischen und parallel des virtuellen Büroarbeitsplatzes – sondern als Verschmelzung von analog und digital. Das bedeutete etwa »remote« zugeschaltete Teilnehmende in einem Workshop, die gemeinsam mit den vor Ort Anwesenden arbeiten. »Abgesehen von Meetings in internationalen Konzernen gab es das vor Covid kaum«, sagt Sturm.

Die Faktoren für die Zusammenarbeit und für Innovationsprozesse sind generell auf die Teamsitzung vor Ort abgestimmt – Werkzeuge, Raumausstattung und Methoden. Die Herausforderung bei der Entwicklung von Ideen und Produkten sei jetzt, auch in einem Design-Thinking-Workshop zugeschaltete Teilnehmer*innen produktiv einzubinden. Denn vielen ist der Sinn, für einen externen Arbeitstermin in den Flieger zu steigen, abhanden gekommen. Auch die Unternehmenskunden fordern die persönliche Anwesenheit nicht mehr zwingend ein. Im Gegenteil: Die Flexibilität in der Organisation eines Treffens und letztlich auch des Meetingraums reduziert das Planungsrisiko – die Pandemie ist schließlich noch nicht durchgestanden. 

Wenig Rezepte

Welche Anforderungen werden nun an den hybriden Meetingraum gestellt? Doris Schlaffer sieht vor allem Gleichwertigkeit als Ziel, das heißt: gleiche Voraussetzungen für alle Teilnehmenden zu schaffen. »Wenn der Bildschirm geteilt wird, sollten weiterhin alle Teilnehmer*innen sichtbar sein«, empfiehlt sie beispielsweise. Eine Blaupause für das perfekte Setting gäbe es nicht, vieles sei von der Arbeitsweise in einem Unternehmen abhängig.

Die Expertinnen sehen nun generell mehr Organisationsaufwand im Vorfeld von Meetings und bei der Buchung von Meetingräumen. Wie nehmen die Menschen daran teil? Wie schaffe ich technisch faire Voraussetzungen für die Einbindung? Können alle mit der Technologie umgehen? Was möchte ich mit dem Meeting erreichen? Es sind viele Fragen, die sich gute Organisator*innen auch vor dem wachsenden Trend zum Homeoffice gestellt haben.

M.O.O.CON-Beraterin Sturm rät etwa, die Remote-Teilnehmenden mit dem Setting des Raums vertraut zu machen – um zu vermitteln, wie man vor Ort wahrgenommen wird. Auf eine allenfalls geringere Zahl der Anwesenden sollten auch die Räumgrößen zugeschnitten werden, weiß sie. Auch hier gilt wieder: Es kommt auf den Bedarf an. Bei kleineren Meetings mit zwei oder drei Menschen vor Ort und ebenso vielen via Bildschirm zugeschaltet, könnten die Anwesenden nebeneinandersitzen – mit einem oder mehreren Screens vis-à-vis. Auch die Position einer Kamera kann die Gleichwertigkeit in einem Meeting verändern. Hier sei auf Sitz- und Augenhöhen zu achten.

Caroline Sturm, M.O.O.CON: »Das Hin und Her ins Homeoffice und wieder zurück ins Büro hat zum Nachdenken angeregt.« (Bild: Ulrich Zinell)

Bei größeren gemischten Treffen würde dagegen oft eine Moderation für den Chat-Kanal fehlen – eine wichtige Funktion, um die Aufmerksamkeit für Online- und Offline-Aktivitäten zu verbinden. Gleichzeitig beobachten die beiden oft, dass sich Gruppen zwar in einem Raum physisch treffen, dann aber doch wieder nur vor ihren Notebooks sitzen. »Die Technik und Konstellation eines Raums müssen gute Gründe bieten, damit man sich dort auf ein hybrides Setting einlässt«, sind sie überzeugt.

In der Praxis

Eine Lösung von der Stange gibt es für Unternehmen nicht. In einem gemeinsamen Projekt versucht man nun auch im Wiener M.O.O.CON-Büro eine hybride Bürofläche für Meetings aber auch als Schauraum für Interessierte zu schaffen. Es sei keine einfache Aufgabe, gibt Sturm offen zu, »lediglich analoge Arbeitsprozesse auf hybrid umzulegen funktioniert einfach nicht.« Für sie sind es vielmehr die Details, die eine erfolgreiche Arbeitsumgebung der Zukunft ausmachen: Wie werden Kleingruppen organisiert? Ist es vielleicht besser, analoge und virtuelle Arbeitsgruppen zu organisieren? Wie ist ein gemeinsames Plenum zu gestalten, damit wieder alle am gleichen Stand sind? Die Expert­innen empfehlen, in kleinen Bausteinen zu denken und ebenso zu arbeiten. Und sie sind fest von der Machbarkeit und dem Potenzial hybrider Zusammenarbeit überzeugt.

Doris Schlaffer betrachtet den Begriff hybrid gleichbedeutend damit »den Menschen einzubeziehen.« Genau hier hätten viele Organisationen definitiv noch Aufholbedarf. »Doch es bringen auch der schönste Raum und die beste Technologie nichts, wenn die Anwender*innen nicht den Umgang und die Möglichkeiten verstehen«, warnt sie.
Mit »Hybrid Work Weeks« erläutert Communardo verschiedene Betrachtungsweisen und Ansätze des hybriden Arbeitens und des hybriden Führens gemeinsam mit Unternehmen. Man möchte so das Potenzial von flexibleren Arbeitsweisen für Organisationen beleuchten.

In der modernen Arbeitswelt, in der sich die Werte für Arbeitnehmer*innen stark verändern – Stichwort »Purpose« – und sich der klassische Büroarbeitsplatz auflöst, sei die Begleitung dieses Wandels wichtig, sagen die Expertinnen. Sie wissen: Wissensarbeiter*innen vernetzen sich bereits über die Firmengrenzen hinaus, sie arbeiten hybrid auch im Sinne von Partnerschaften und Projektzielen.

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