Der Digitalisierungsradar zeigt klar: Österreich hat gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation, nutzt aber die bestehenden Potenziale zu wenig aus. Überforderung und Misstrauen seitens der österreichischen Bevölkerung müssen überwunden werden.
Titelbild: V.l.n.r. Michael Zettel (Accenture), Christiane Noll (Avanade), Hermann Erlach (Microsoft) (Credit: Stefan Csaky)
Einerseits sehen 93 Prozent der Österreicher*innen in digitalen Technologien wesentliche Vorteile für Wirtschaft und verschiedenste Lebensbereiche - es haben auch 91 Prozent der Haushalte einen Breitbandanschluss. Andererseits ist Österreich Schlusslicht bei der Nutzung der Digitalisierung. Accenture und Microsoft haben im Zuge der Initiative „Mach heute Morgen möglich“ (Link) auf Basis einer repräsentativen Umfrage den Digitalisierungsradar entwickelt - der einige Probleme an die Oberfläche holt. „Wir müssen die Nutzung klar vorantreiben, um die vollen Potenziale ausschöpfen zu können“, erklärt Michael Zettel, Country Managing Director Accenture Österreich.
„Das Bewusstsein, dass wir von digitalen Technologien profitieren, ist da. Die Österreicherinnen und Österreicher nutzen auch intensiv digitale Endgeräte. 61 Prozent greifen mehrmals täglich zu ihrem Smartphone, 49 Prozent nutzen mehrmals am Tag ihren Laptop oder PC, 25 Prozent täglich. Wearables werden von 13 Prozent mehrmals täglich und von 15 Prozent täglich genutzt“, führt Zettel die Studienergebnisse aus.
Er ergänzt: „Österreich ist das Land der ungenutzten Potenziale: 54 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher shoppen online. Im EU-Schnitt sind es 57 Prozent, in den Niederlanden und Dänemark sind es 83 beziehungsweise 82 Prozent. Ähnlich sieht es beim Einsatz der digitalen Technologien im Unternehmensbereich aus: Nur 7 Prozent der Unternehmen setzen auf Big Data, bei den EU-27 sind es mit 13 Prozent fast doppelt so viele und Malta und die Niederlande sind mit 29 und 26 Prozent absolute Spitzenreiter.“
Die Österreicher*innen sind sich laut Radar dieser Rücklage aber bewusst: „48 Prozent sehen ungenutzte Potenziale zur Stärkung im internationalen Wettbewerb“, sagt Zettel.
Europameister in der Technologie-Skepsis
„42 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher erwarten zum Beispiel negative Auswirkungen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Im EU-Schnitt liegt diese Zahl weit darunter, nämlich bei 31 Prozent. 60 Prozent vertrauen Cloud-Plattformen kaum oder gar nicht. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass wir Europameister bei der Skepsis sind und hier enormen Aufklärungs- und Aufholbedarf haben“, erklärt Hermann Erlach, General Manager Microsoft Österreich. „Cyber-Sicherheit ist den Österreicherinnen und Österreichern ein großes Anliegen. Gleichzeitig sieht sich jeder Zweite bereits als Opfer von betrügerischen Handlungen oder Unsicherheiten im Internet“, führt Erlach weiter aus und ergänzt: „77 Prozent erkennen allerdings Verbesserungen bei der Sicherheit in den vergangenen fünf Jahren.“
Bedrohung durch die Cloud? 60 % der Österreicher*innen sind skeptisch.
Dabei sind die Menschen mit den ständig zunehmenden Drohszenarien im Bereich Cybersecurity eigentlich immer mehr überfordert. Studien belegen etwa, dass diese Unsicherheiten auch bei vielen KMUs dazu führen, weniger in die Digitalisierung des eigenen Unternehmens zu investieren. Statt dem Aufbau eigener IT-Infrastruktur ist es speziell für KMUs interessant, mit einer modernen Cloudlösung ihre IT-Sicherheit in einen integrierten wie auch umfassenden Lösungsansatz zu bringen, der auch automatisch mit den Bedrohungsszenarien Schritt hält.“ Für Erlach ist es ein „Gebot der Stunde“, in den Ausbau der Cyber-Sicherheit und die Kompetenzen dafür zu investieren, „um das Vertrauen in die digitalen Technologien insgesamt zu steigern“.
Diskrepanz zwischen privater und beruflicher Nutzung
21 Prozent der Befragten veröffentlichen selbsterstellte Inhalte im Internet. Im EU-Schnitt sind es 29 Prozent, in den Niederlanden sind es mit 53 Prozent mehr als jeder Zweite. In Österreich wird auch nur von 12 Prozent das Internet für die Jobsuche verwendet. In Dänemark sind es 36 Prozent. „Eine überraschende Erkenntnis aus dem Digitalisierungsradar ist, dass die private Nutzung dominiert und die berufliche Nutzung hinterherhinkt“, sagt Christiane Noll, Geschäftsführerin von Avanade Österreich. „63,5 Prozent nutzen mehrmals täglich Social Media, 52 Prozent nutzen täglich oder sogar mehrmals täglich Online-Newsseiten. Online-Banking wird von 49 Prozent zumindest wöchentlich genutzt. Knapp 61 Prozent nutzen die Handy-Signatur kaum oder nie“, erläutert Noll.
Digitalisierung als Partner in der Klimawende
61 Prozent der Bevölkerung sehen in digitalen Technologien ein Potenzial zur Förderung von Nachhaltigkeit und Umweltschutz, allerdings sehen nur 59 Prozent der Befragten ungenutzte Potenziale im Technologieeinsatz zur Förderung des Klimaschutzes. „Das Bewusstsein, dass die Klimawende nur mithilfe des Einsatzes digitaler Technologien gelingen wird, ist noch nicht ausreichend geschaffen. Hier gilt es, verstärkt Aufklärungsarbeit zu leisten“, betont Noll.
Zur Info: Für die Studie wurden im März 2022 2000 Österreicherinnen und Österreicher befragt. Das Sample ist repräsentativ hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bundesland und Bildungsgrad.
Die Details der Studie zum Nachlesen: Digitalisierungsradar