Accenture übernimmt den Rechenzentrumsbetreiber ARZ, gründet die Tochter Accenture TiGital und erhält auf einen Schlag 600 Mitarbeiter*innen in Österreich.
Es ist ein Paradigmenwechsel in der Bankenwelt. Wurden in der Finanzbranche eigene Rechenzentren und IT-Betriebe meist als Teil des Kerngeschäfts gesehen und keinesfalls an den kommerziellen IT-Markt ausgelagert, entschieden sich die Eigentümer des ARZ mit Hauptstandort in Innsbruck nun für einen Verkauf. Das ARZ befindet sich mehrheitlich in Besitz der Volksbanken-Gruppe und der Hypobanken-Gruppe sowie weiterer Privatbanken.
„Unsere Vision ist es, ein innovatives, cloud-basiertes Banking-Platform-as-a-service-Angebot für neue und bestehende Kunden in ganz Europa zu entwickeln“, sagt Roland Smertnig, Senior Managing Director im Bereich Financial Services bei Accenture, der für den Deal verantwortlich zeichnet. Die Bankenplattform aus Österreich soll in ein weltweites Netzwerk von Banking Hubs bei Accenture integriert werden.
Bild oben: Roland Smertnig und Michael Zettel (Accenture) mit Gerald Fleischmann (Volksbank Wien) und Daniel Baur (Accenture TiGital GmbH). Bild: Stefan Csaky
Für Gerald Fleischmann, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Wien, ist der Schritt zu Accenture „eine strategisch kluge Entwicklung". Als Gründe des Verkaufs werden wachsende Herausforderungen in Sicherheitsbelangen und eine Fokussierung auf Banking-Services genannt. „Unser Geschäft ist das Banking. Wir sind keine ITler“, sagt Fleischmann offen. „Accenture kann IT mit Sicherheit besser als die Volksbanken, die Hypobanken, die Buchungsgemeinschaft (Anm. die Kunden des ARZ) und vermutlich auch besser als alle andere Banken.“ Die ARZ-Eigentümer könnten sich damit wieder auf ihr eigentliches Kerngeschäft der Vergaben von Krediten, Verwaltung von Wertpapieren, Einlagen und des Zahlungsverkehrs konzentrieren.
„Die Akquisition ist Teil unserer Wachstumsstrategie in Österreich. Nach Wien im Jahr 1988 und Linz 2019 werden wir in Innsbruck den dritten Accenture-Standort eröffnen. Mit der Akquisition werden wir bald mehr als 2000 Mitarbeiter in Österreich beschäftigen“, erklärt Michael Zettel, Country Managing Director Accenture Österreich, und kündigt eine Investition von über 50 Millionen Euro in die Bankenplattform an. Er gibt für Innsbruck eine „mehrjährige Standortgarantie“ ab und übernimmt das Geschäft auch mit den Kunden außerhalb der ARZ-Eigentümerrunde. Die Arbeitsverträge der ARZ-Mitarbeiter*innen werden vollständig übernommen. Eine Arbeitsplatzgarantie wird für ebenfalls „mehrere Jahre“ ausgesprochen.
Die 600 Mitarbeiter werden in die neu gegründete Accenture TiGital GmbH als 100-Prozent-Tochter von Accenture Österreich überführt. Daniel Baur, Financial Services Lead bei Accenture in Österreich und der bisherige ARZ-Geschäftsführer Michael Zoller bilden das Geschäftsführer-Team. Der zweite Geschäftsführer des ARZ, Robert Schneider, soll sich um die Vermarktung der Bankenplattform kümmern.
Langfristig soll der Standort Innsbruck von heute 450 Mitarbeitende auf 600 bis 1000 ausgebaut werden. Im seit Jahren angespannten Arbeitsmarkt in der IT erweist sich für Accenture die Akquisition als Glücksgriff. Weltweit beschäftigt der Technologiedienstleister mehr als 700.000 Mitarbeiter*innen.