Mittwoch, November 27, 2024

Warum arbeiten so wenige Frauen in der ICT-Branche? Diese Frage hat WOMENinICT, eine Plattform des Verband Österreichische Software Industrie (VÖSI), Frauen der Branche gestellt. Das Resultat: Schule/Ausbildung, soziales Umfeld, mangelnde Vorbilder, aber auch aktuelle Arbeitsbedingungen spielen eine Rolle.

Ein Blick in viele IT-Unternehmen zeigt: Männer dominieren nach wie vor, vielfach liegt der Frauenanteil bei nur rund 20 Prozent. Bei den IT-Jobs ist der Frauenanteil meist noch geringer im einstelligen Bereich. Faustregel: Je technischer ein Beruf ist, desto weniger sind Frauen anzutreffen.

An der Umfrage, die im November und Dezember 2020 durchgeführt wurde, haben 51 Frauen mittels Fragebögen und qualitativen Einzelgesprächen teilgenommen. Die Umfrage hat vier Problemfelder aufgezeigt:

1. Schule und Ausbildung: Die Frühförderung in der Schule fehlt, um das Interesse für MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) bei Mädchen zu wecken. Zudem sprechen „informatische Angebote“ Mädchen ab ca. 12 Jahren nicht an bzw. sind eindeutig Buben-orientiert. Gerade im Volksschulalter sind Mädchen genauso für das spielerische Programmieren und für Mathematik, die Grundlage für Informatik, zu begeistern.

2. Soziales Umfeld: Vielfach raten Eltern, Verwandte und Freunde Mädchen von einer IT-Ausbildung und dem Einstieg in die IT-Branche ab, so die Umfrageergebnisse. Gängige Vorurteile wie „IT ist nichts für Mädchen“ oder „Da gibt es nur lauter Nerds“ dominieren. Damit wird das Klischee „IT ist eine Männerdomäne“ nach wie vor genährt.

3. Unternehmen und Arbeitsumfeld: Frauen werden zwar umworben, aber bei gleicher Qualifikation oft schlechter bezahlt. Sie werden in der Organisation sowie in ihrer Karriere mittel- bis langfristig häufig auch übergangen oder von Männern „ausgebootet“.

4. Rollenverständnis: Es gibt zu wenig weibliche Rolemodels in IT-Berufen, wurde durchgängig von einem Großteil der Befragten festgestellt.  

„Gender Equity, gleiche Bezahlung für den gleichen Job sowie gerechte Karrierechancen sowohl für Mitarbeiterinnen als auch Mitarbeiter sollten in jedem Unternehmen Top-Priorität beim Management sein“, betont WOMENinICT-Mitgründerin, Studienautorin und IT-Marketing-Expertin Salomé Wagner.

„Wir brauchen noch viel mehr weibliche Vorbilder, die Mädchen zeigen, was möglich ist. Und wir brauchen viel mehr an Aufklärung und Information für Schülerinnen, Eltern, Lehrer und Bildungsberater. Es fehlt einfach an Wissen, welche IT-Berufe es gibt und dass diese selbstverständlich auch von Frauen erlernt und ausgeübt werden können“, stellt WOMENinICT-Initiatorin, IT-Fachjournalistin und Moderatorin Christine Wahlmüller fest.

Gefragt nach sinnvollen Maßnahmen, um mehr Mädchen und Frauen für die ICT-Branche zu gewinnen, sehen die Befragten drei Prioritäten: An erster Stelle liegt der Themenbereich Schule, gefolgt von Aktivitäten, um das Bild der Frau in der ICT-Branche zu stärken. An dritter Stelle wird von den Befragten ein besseres internes Frauen-Networking in der Branche genannt. Bei der Umfrage wurden auch konkrete Maßnahmen-Vorschläge eingebracht:  

1. Mehr Informatik-Unterricht an Schulen: Die Mehrheit wünscht sich, dass alle Schülerinnen und Schüler zumindest ein bis zwei Jahre verpflichtend programmieren lernen sollen. Gleichzeitig wird eine spielerische Vermittlung von informatischem Grundwissen („Computational Thinking“) schon für die Volksschule vorgeschlagen.

2. Sichtbarmachen von Frauen: Mehr Rolemodels und Vorbilder. Hier sind die Unternehmen selbst gefordert, ihre Mitarbeiterinnen vor den Vorhang zu holen: Als Sprecherinnen bei Konferenzen, als Projektleiterinnen, bei PR-Maßnahmen, bei Schnuppertagen im Unternehmen oder beim IT-Recruiting als Vorbilder.

3. Gender Equity und Diversity: Unternehmen sind gefordert, für echte Gleichberechtigung, gleiche Bezahlung für gleiche Jobs unabhängig von Geschlecht und Diversität in Teams zu sorgen. Gleichzeitig sollten Frauen gezielt in ihren Karriere- Entwicklung gefördert werden und nicht – etwa bedingt durch Karenzpausen oder Teilzeit-Tätigkeiten – aufs Abstellgleis geschoben werden.

Salomé Wagner hebt weitere Fähigkeiten hervor, die bereits in der Schule, vermittelt werden sollten: „ICT umfasst auch die Kommunikation über die Problemlösung und Weiterentwicklung bestehender Technologien, die im Team erarbeitet werden. Diese Team- und Lösungskompetenz gehört bereits ab der frühen Schulzeit bewusst gefördert, denn ICT bietet mehr als Technik.“

Bild: iStock

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