Der Jahreskongress der deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) brachte im September mehr als 4.500 Besucher nach Bremen. Thema Nummer eins war das Lizenzmodell bei SAP.
Die Rekordbeteiligung beim Jahreskongress zeigte eines: »Wir brauchen einfach mehr Orientierung, den Austausch und mehr Informationen, wie andere die Digitalisierung bewältigen«, formuliert es Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender des weltweit größten Vereins von SAP-Anwendern. Gerade Pilot- und Leuchtturmprojekte würden zeigen, wie erfolgreich die Änderungen in den Geschäftsmodellen vorgenommen werden können.
Eine aktuelle Umfrage unter den Mitgliedern – der größte Anteil der Antworten stammt aus den produzierenden Gewerbe – zeigt, dass bei rund zwei Drittel vor allem mittelständischer und größerer Unternehmen der Digitalisierungsprozess noch »nicht weit fortgeschritten« ist – oder sie haben damit noch gar nicht begonnen. Dennoch erwarten 86 %, dass die digitale Transformation »fundamentale Auswirkungen« haben wird. Die DSAG bescheinigt der SAP, ein »Top-Partner in der Digitalisierung« zu sein – »noch mehr als vor einem Jahr«, bestätigt Lenck. Gerade S/4 HANA wird von den Anwendern als SAP-Lösung mit hoher Relevanz für die Transformation gesehen (76 % der österreichischen Befragten, DACH: 70 %). Aber auch die Business Suite ist mit 48 % für knapp die Hälfte (DACH: 57 %) eine Zukunftsperspektive für Digitalvorhaben.
Keine Doppellizenzierungen
Die SAP Cloud-Plattform scheint für viele DSAG-Mitglieder in Österreich aber eher noch eine Unbekannte zu sein – eine »Überraschung«, wie Lenck sagt. Mehr als die Hälfte billigt ihr kaum bis keine Relevanz zu, obwohl genau sie für die flexiblen digitalen Geschäftsprozesse entwickelt wurde. Auch SAP Leonardo speziell – die IoT-Plattform des Herstellers – ist am Markt noch nicht angekommen. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Weiterentwicklung von Zusatzprodukten vornehmlich in der Cloud erfolgt.
Bild oben: Marco Lenck, DSAG, ist wie andere DSAG-Führungskräfte selbst IT-Leiter in einem Unternehmen.
»Die Kunden haben aber bereits Lizenzen für ihre Geschäftsprozessanwendungen erworben. Es muss daher darauf geachtet werden, dass auch nur einmal lizenziert wird«, fordert der DSAG-Vorstand ein »vertikales Lizenzmodell, das von ›on premises‹ bis in die Cloud arbeitet, fair und business-gerecht«. Das wiederum ist kein leichtes Unterfangen. Besonders in Deutschland, wo SAP die Anwendungslandschaft in manchen Branchen seit Jahren dominiert, ist Wachstum fast nur noch in der Cloud möglich.
Ein nachhaltiges Pricing wird auch für IoT-Szenarien gefordert. »Ansonsten wird jeder Kühlschrank plötzlich eine SAP-Lizenz brauchen – das kann nicht im Interesse der Kunden und auch von SAP sein, weil man dann vielleicht die Kühlschränke nicht mit SAP verbinden wird«, folgert Lenck. Er sieht seine Anwender »zwischen den Welten« – so auch das Motto der Veranstaltung im September. Um den Wandel zu begleiten, brauchen die Unternehmen Lösungen mit der passenden Umsetzungsgeschwindigkeit. Das beträfe nicht nur transparente, planbare Kosten, sondern auch verlässliche Informationen des Herstellers, um daraus Strategien fürs eigene Unternehmen definieren zu können.
Bekenntnis vonseiten SAPs
SAP-Vorstandsmitglied Bernd Leuckert – er hat die Verantwortung für die Entwicklung und Auslieferung der Produkte des SAP-Portfolios – begrüßt den »fruchtbaren Austausch« mit der DSAG. »Ich kenne kein anderes IT-Unternehmen, in dem Kunden in User-Groups in einen so konstruktiven Dialog mit dem Hersteller gehen. Durch Feedback und Kritik wird auch die SAP besser«, bedankt sich Leuckert.
Bild oben: Bernd Leuckert, SAP, betont die Offenheit der Palette: »Es sind die Anwendungen, nicht die Technologie, die Innovationen bringen.«
Der SAP-Manager ortet ebenfalls ein nötiges Umdenken in den IT-Architekturen und auch Lizenzmodellen. »Wenn wir über Digitalisierung und Innovation sprechen, stoßen wir häufig an die Grenzen traditioneller Geschäftsbeziehungen – etwa zunächst eine Lizenz für ein Produkt erwerben zu müssen, um es überhaupt nutzen zu können.« SAP aber möchte einen digitalen »Innovation Service« anbieten, der den Zugang zu neuen Technologien unterstützt. Für die Explorationsphase, in der vielen Unternehmen die Wegrichtung noch gar nicht klar sei, werde man bei SAP Leonardo ein Fixpreisangebot für den Zugang zu den passenden Produkten machen.
Damit soll eine Entscheidungsgrundlage für den Einsatz (und dann wieder traditionellere Lizenzmodelle) erleichtert werden. SAP sei auch bereit, bis zum Jahreswechsel neue Abrechnungsmodelle gemeinsam mit den Kunden zu definieren, die sich an einem »Pay as you go«-Ansatz orientieren. Gezahlt werde nur dann, »wenn ein Mehrwert entsteht«, stellt Leuckert in Aussicht.