Matrix42 bietet Lösungen rund um das Workspace-Management in Unternehmen. Für CEO Oliver Bendig ist die Verwaltung von IT nur der erste Schritt einer »Servicifizierung« von Dienstleistungen auch anderer Fachabteilungen.
Report: Wie geht es Ihrem Geschäft und welches Ziel haben Sie sich in Ihrer Funktion als CEO bei Matrix42 gesetzt?
Oliver Bendig: Wir haben einen klaren Fokus auf Europa gelegt und auch unsere Produktpalette simplifiziert. Das Ergebnis daraus – und hier bin ich sehr stolz auf unser Team: Die letzten drei Quartale waren die erfolgreichsten unserer Unternehmensgeschichte. Gemeinsam mit dem 15-Prozent-Umsatzwachstum im vergangenen Jahr heißt das, dass wir kontinuierlich zulegen und ein stabiles Wachstum haben. Nächstes Jahr wollen wir dazu auch stärker in Osteuropa tätig werden.
Report: Welche Bereiche und Aufgaben decken Ihre Lösungen konkret ab?
Bendig: Dies betrifft vier große Bereiche: Endpoint-Management, also die Automation von Endgeräten wie PCs, Laptops und mobilen Geräten. Dann IT-Service-Management: ITIL-bezogene Themen wie Servicedesk, Servicekatalog und Störungshandling. Der dritte Bereich beschäftigt sich mit Software-Asset-Management, denn bei der Bereitstellung von Arbeitsplätzen sind natürlich auch Kosten ein Thema: Softwarekosten, Leasing- und Kaufverträge, die wir für Kunden verwalten. Der vierte Bereich ist der cloudbasierte Arbeitsplatz. Wir erleben, dass Kunden immer stärker Applikationen, Daten und Dokumente aus der Cloud beziehen. Mit dem Produkt »MyWorkspace« adressieren wir genau diesen Fall, dass die Nutzer den browserbasierten Arbeitsplatz automatisiert und sicher zu Verfügung gestellt bekommen.
Unser Mehrwert ist die Lego-artige Architektur unseres Portfolios. Sie können mit einzelnen Modulen starten und weitere nach Bedarf integrieren. Wir sehen bei unseren Kunden, dass der Arbeitsplatz eine 360-Grad-Betrachtung benötigt – sowohl bei der technischen Automation als auch bei der kaufmännischen Verrechnung. Wir bauen diese Brücke zwischen Business und IT.
Report: Sie sind nicht der einzige Anbieter dazu am Markt. Was unterscheidet Matrix42 von Ihrem Mitbewerb?
Bendig: Wir wollen die europäische Alternative zu den US-Wettbewerbern sein. Unsere Kunden wissen einfach zu schätzen, dass wir uns gut mit dem Markt in Europa auskennen – Betriebsräte, Personalrat, geografische Besonderheiten und Datenschutzbestimmungen. Und ein österreichischer Kunde kann innerhalb einer Stunde Flugzeit auch persönlich mit unserer Entwicklung und mit dem Produktmanagement sprechen, wenn er das möchte.
Report: Wenn Sie die Modularität bei Ihren Produkten betonen – steigen hier bei der Nutzung auch bereits kleinere Unternehmen ein? Ab welcher Firmengröße wird eine Investition in IT-Service-Management sinnvoll?
Bendig: Wenn Sie nur fünf Arbeitsplätze zu verwalten haben, ist ein Einsatz kaufmännisch wahrscheinlich noch nicht sinnvoll. Durchaus beginnen damit aber Firmen bei 50 bis 100 Arbeitsplätzen. Die Grenze nach oben ist offen, unser größter Kunde hat 295.000 Systeme unter dem Management von Matrix42.
Klassische Kundengrößen sind bei uns Unternehmen mit 500 bis 10.000 Arbeitsplätzen. Bei derzeit mehr als 3.000 Kunden weltweit und rund 200 bis 250 Neukunden pro Jahr befinden sich die meisten davon in diesem Bereich. Spannend ist dazu, dass derzeit nicht nur die meisten Mittelstandsunternehmen Workspace-Modernisierungsprojekte laufen haben, sondern auch die ganz Großen. Hier arbeiten wir mit Unternehmen wie BMW, ZF, Infineon, Magna, Carl Zeiss und Puma zusammen, mit jeweils weit mehr als 10.000 Arbeitsplätzen.
Report: Die meisten Ihrer Kunden befinden sich im deutschsprachigen Raum?
Bendig: Der größte Teil unserer Kunden befindet sich in der deutschsprachigen Region, aber wir sind auch in Frankreich, Benelux und über Partner auch in England erfolgreich unterwegs. Unser Ziel ist, die Nummer eins in Europa zu sein. Wir haben eine Erneuerungsrate von 97 % im Wartungsbereich – das misst, wie zufrieden die Kunden mit unserem Produkt sind und uns treu bleiben. Für die Softwarebranche ist dies ein extrem starker Wert.
Report: Wie ist der Bedarf bei Unternehmen insbesondere bei Service-Management-Lösungen, die aus dem klassischen IT-Bereich in den Servicekatalog eines Fachbereichs übersetzt werden?
Bendig: Dies ist schon länger ein Trend und wir sehen jetzt auch konkrete Projekte dazu in der Umsetzung. Die Idee dahinter ist eigentlich simpel: Unsere Kunden denken immer mehr in Services in allen Organisationsbereichen in Unternehmen. »Servicifizierung« ist ein sperriges Wort dazu, beschreibt es aber gut. In der IT-Abteilung wird seit vielen Jahren bei allen Leistungen auf Serviceebene gedacht. Die Fachabteilungen beginnen nun ebenfalls damit, etwa HR, Healthcare oder Gebäudemanagement.
Einer der spannendsten Services im Personalmanagement ist das Onboarding eines neuen Mitarbeiters. Wem gehört dieser Prozess im Unternehmen eigentlich? Meist fängt dieser Bereich in HR an und wird von IT unterstützt – es kommt also zu einer Mischung bei den Zuständigkeiten und in der Umsetzung. Mit unserer Plattform und unseren Lösungen sind Unternehmen so flexibel, dass damit auch Non-IT- oder Beyond-IT-Prozesse unterstützt werden können. Das kann ein provisionierbarer Prozess wie ein Urlaubsantrag sein oder Fehlzeiteneinträge und Überprüfungen der Lohnabrechungen. Das alles sind typische Services, die HR-Abteilungen anbieten.
Im Gebäudebereich könnten das wiederum Prozesse etwa zur Schlüsselverwaltung oder Facility-Services sein. Mit unserer Service-Management-Plattform können nicht nur IT-, sondern auch Fachabteilungen ihre spezifischen Prozesse in Services gießen. Diese können dann auch über ein Unternehmensportal den Anwendern bereitgestellt werden. Es kommt natürlich zu tollen Synergien, wenn die IT und die Fachabteilungen die gleiche Plattform verwenden. Hier sehen wir noch viel Potenzial.
Bild: Mit dem »Matrix42 SolutionBuilder« können Unternehmensprozesse abgebildet, konfiguriert und angepasst werden.
Report: Wie einfach oder schwierig ist nun die Abbildung eines Unternehmensprozesses als Service, um diesen auch transparent abrechnen zu können?
Bendig: Wir haben dazu viel Zeit und Entwicklungspower in unser Konfigurationswerkzeug »SolutionBuilder« gesteckt. Wichtig dabei war, dass wir den Kunden oder Partnern das gleiche Werkzeug in die Hand geben, das wir in der Entwicklung nutzen, um unsere eigenen Prozesse zu modellieren. Programmierarbeit ist nicht nötig. Und mit dem einfachen Verbinden und Zusammenklicken von Bausteinen entstehen mitunter Ideen und Lösungen, an die wir selbst als Hersteller nicht gedacht haben. Auf einmal gibt es die Möglichkeit, Servicemanagement zu vertikalisieren. Die Welt da draußen ist bunt. Wir können nicht Experten in allen Bereichen sein. Aber wir haben Partner oder Kunden, die ihre eigenen Bereiche sehr gut kennen. Also ermächtigen wir sie, vertikale Lösungen selbst zu bauen und diese auf unserem Marktplatz auch anderen bereitstellen.
Report: Ist der SolutionBuilder so einfach wie Legospielen?
Bendig: Ein bisschen technisches Verständnis müssen Sie schon mitbringen. Aber die Definition von Variablen und Workflows ist bereits ohne Programmierung möglich. Und wir wollen es künftig noch einfacher gestalten, sodass vor allem Fachabteilungen noch einfacher damit zurechtkommen.
Doch die Konfiguration der Lösung ist etwas anderes als der Betrieb. Die Enduser selbst kommen damit nicht in Berührung. Für sie ist es tatsächlich so einfach.