Wie eine Internationale Konsumentenbefragung nun zeigt, hat der Preiskampf die Nutzungsbereitschaft für digitale Angebote in Österreich stark geschwächt.
„Österreich droht in der digitalen Nutzung zu den europäischen Schlusslichtern zurückzufallen. Die Netzbetreiber müssen den Kunden exklusive Inhalte, Orientierung und Sicherheit im Internet bieten sowie sich über Qualität und Geschwindigkeit des Netzes differenzieren“, sagt Dr. Florian Dickgreber, Partner bei A.T. Kearney.
„Der reine Fokus auf den Preiswettbewerb hat die traditionelle österreichische Pionierstellung im Mobilfunk bereits nachhaltig beeinträchtigt. Österreich liegt im internationalen Vergleich bei digitaler Nutzung und den Ausgaben für mCommerce zurück.“ Auf dem Spiel stehe dabei nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Telekommunikationsanbieter, sondern auch die Qualität der digitalen Infrastruktur.
In einer internationalen Studie hat A.T. Kearney rund 15.000 Telekommunikationskunden in Europa und den USA zu ihren digitalen Nutzungsgewohnheiten befragt. Die Studie zeigt: Der Preiskampf hat bewirkt, dass österreichische Nutzer ihre Telekommunikationsunternehmen überwiegend als kostengünstige Anbieter von Breitbandverbindungen betrachten.
Entsprechend gering ist die Bereitschaft, Ausgaben für Apps, exklusive Inhalte wie PayTV oder Video on Demand zu tätigen. Der Ländervergleich zeigt, dass Österreich als Land mit intensivem Preiswettbewerb bei der Nutzung digitaler Inhalte und dem Einkaufsverhalten via Internet zurückfällt.
Preis vor Qualität
Während US- und spanische Kunden laut Studie der Netzqualität bis zu 20 Prozentpunkte mehr Gewicht beimessen als den Kosten, ist in Österreich der Preis das Kriterium Nummer eins – 6 Prozentpunkte wichtiger als die Netzqualität. Die hohe Preissensibilität geht Hand in Hand mit einer geringen Ausgabenbereitschaft für Leistungen wie verbesserte Netzqualität, Sicherheit aber auch digitale Inhalte und Apps: Für Video on Demand und PayTV sind die Österreicher im internationalen Vergleich zum Beispiel deutlich weniger bereit, überhaupt Ausgaben zu tätigen.
Und wenn doch, präferiert die Mehrheit ihren Angaben zufolge mit 38 Prozent Netflix & Co und nicht die lokalen Telekommunikations- und Kabelanbieter. Auch bei der Kaufbereitschaft von Apps zeigt sich die Kostenlos-Kultur, da immerhin 20 Prozent weniger Kunden als im europäischen Vergleich bereit seien, Ausgaben für Apps zu tätigen. In Ländern wie Belgien und Dänemark mit einer ähnlichen Preisfokussierung lassen sich die gleichen negativen Effekte auf die digitale Nutzung erkennen. In Ländern wie Spanien, der Schweiz und den USA dagegen, in denen der Wettbewerbsfokus stärker auf der Netzperformance liegt, lässt sich deutlich mehr Nutzung digitaler Inhalte und eine höhere Zahlungsbereitschaft für Geschwindigkeit, Qualität und digitale Produkte ablesen.
Wachstumshemmer für Telekommunikationsanbieter
Laut A.T. Kearney führt die in Österreich fehlende Zahlungsbereitschaft langfristig zu weniger Investitionen in Netzqualität und Geschwindigkeit. Dies werde nicht nur die Position der Telko-Unternehmen schwächen, sondern langfristig auch den digitalen Wirtschaftsstandort Österreich.
Die österreichischen Telekommunikationsanbieter stecken in einem Dilemma: Einerseits sieht eine klare Mehrheit der österreichischen Nutzer der Studie zufolge ihre Telekommunikationsanbieter als reine Anschluss-Bereitsteller. Andererseits scheint die Ausgabenbereitschaft 70 Prozent höher gegenüber Anbietern, die ihre Kunden sicher und einfach durch die digitale Welt lotsen – Umsatzpotentiale, die die Telekommunikationsanbieter gegenwärtig für sich nicht zu nutzen wissen.
„Neues Wachstum wird bei einer solch niedrigen Ausgabenbereitschaft praktisch unmöglich, wäre aber dringend notwendig, um ohne staatliche Subventionen eine zukunftssichere Infrastruktur zu erhalten“, beschreibt Dickgreber die schwierige Lage der österreichischen Telekommunikationsbranche. „Wir sehen auch die Gefahr, dass Österreich bei der Verfügbarkeit und Nutzung von international führenden Inhalten und digitalen Angeboten ins Hintertreffen gerät“, ergänzt Dickgreber.
Regionale Spezialisierung als Chance
Jedoch zeigen die Ergebnisse der Studie, dass Unternehmen wie Verizon in den USA, Telia in Schweden aber auch Telefónica in Spanien oder die Swisscom in der Schweiz es erfolgreich geschafft haben, bei ihren Kunden die Kaufbereitschaft für neue Produkte zu erhöhen. „Die österreichischen Unternehmen müssen jetzt die Chance nutzen, ihren Kunden exklusive und regionale Inhalte anzubieten sowie einen hervorragenden Datenschutz nach österreichischen Standards beispielsweise für private Cloud-Angebote zu schaffen“, empfiehlt Dickgreber: „Auch Produkte mit differenzierter Netzgeschwindigkeit und Qualität werden in der Zukunft einen entscheidenden Unterschied machen. Bieten die Netzbetreiber dann auch ihren Kunden einfache Orientierung und Hilfestellungen für die digitale Welt, sind sie auf dem richtigen Weg, dieses Wachstum für sich zu erschließen.“
Handlungsbedarf sieht Dickgreber auch auf anderer Seite: „Politik und Regulierung müssen endlich erkennen, dass eine reine Fokussierung auf die Senkung der Preise zwar populär aber nicht nachhaltig ist. Eine ganzheitliche Perspektive, die auch die Nutzung digitaler Angebote einbezieht, ist dringend notwendig.“ Hierzu gehört auch eine Gleichbehandlung von Over-the-Top Anbietern wie Amazon und Google und den heimischen Telekommunikationsanbietern in puncto Datenschutz, Produktbündelung und Quersubventionierung. Nur dann haben die hiesigen Unternehmen die entsprechenden Umsätze für sich zu sichern und in die Infrastruktur zu reinvestieren.
Weitere Informationen zu Studie erhalten Sie hier: http://www.atkearney.at/communications-media-technology