Im vorliegenden Beitrag wird der Titel als ein meisterlicher Arbeitsauftrag für die Realisierung von Exzellenz im Denken und Handeln angesehen. Er verarbeitet Gedanken aus dem IfU Dialog des Instituts für Unternehmensführung an der Wirtschaftsuniversität Wien2 und verknüpft diese mit Aussagen aus der Literatur und gemachten eigenen Erfahrungen bei der Führung von Unternehmen.
Vorwort der Redaktion:
Dies ist die letzte Kolumne von Universitätsprofessor Johann Risak, die im Report (+) Plus erschienen ist. Damit geht ein Zyklus zu Ende, der im Jänner 2005 begonnen hat. Zehn Jahre lang erschien RISAK in jeder Ausgabe unseres Magazins und seine Beiträge gehörten zu den meistgelesenen, gerade weil er sein Publikum herausforderte.
Die Wirtschaft ist getrieben von Tatmenschen, die die Ärmel hochkrempeln, den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen und Konventionen zu brechen. Davon lebt eine kapitalistische Gesellschaft, und zwar nicht schlecht. Wenige dieser Tatmenschen sind in der Lage, ihr Handeln zu analysieren und in einen breiten Gesamtkontext zu stellen, aus dem auch andere Lehren ziehen können. Dafür ist die Wissenschaft zuständig, die nach den reproduzierbaren Regeln sucht und allgemeingültige Wahrheiten im Wust der individualisierten Ansätze findet.
Wenige der Wissenschafter, die Wirtschaften und Managen lehren, könnten je selbst ein Unternehmen führen. Grenzgänger sind eine seltene Spezies. Johann Risak gehört dazu. Er hat Generationen von Unternehmensführern an der Wirtschaftsuniversität Wien ausgebildet und das Wissen darum, wie Organisationen funktionieren, auf eine neue Ebene gebracht – und er hat in der Tat bewiesen, er kann Unternehmen führen und sie auf eine neue Ebene der Exzellenz heben.
Die OMV arbeitet heute noch nach von ihm etablierten Prinzipien, die Chemie Linz hat er in beinahe aussichtsloser Situation übernommen und ihr eine Zukunft gegeben. Das hat seinen Ruf als Sanierer nachhaltig geprägt. Dass er sein Wissen über unser Medium weitergegeben hat, war ein Privileg, für das wir dankbar sind. Die monatliche RISAK-Kolumne wird es nicht mehr geben, die Hoffnung, ab und zu einen Beitrag aus Risaks Feder veröffentlichen zu können, haben wir noch nicht aufgegeben!
Der Beitrag beginnt mit der Beschreibung der Ingredienzien von Exzellenz anstrebenden und umsetzenden Unternehmen. Die Ingredienzien der Leadership (der Führungsqualitäten) in österreichischen Unternehmen werden am Ist-Zustand in österreichischen Unternehmen gespiegelt und daraus ein hoher Verbesserungsbedarf abgeleitet.
Die Schaffung der Voraussetzungen für das Entstehenlassen von Exzellenz bildet in diesem Beitrag den einen Schwerpunkt, die Umsetzung von Exzellenz den anderen. Dabei wird in der Gedankenführung auf das schon vorhandene Konzept der »Blue Ocean Leadership« zurückgegriffen. Der Beitrag schließt mit der Feststellung, dass Unternehmen langfristig kaum befriedigend überleben können, wenn sie nicht mit Leidenschaft nach Neuem streben und ausgewogene Bestleistungen nachhaltig realisieren, also Exzellenz im Denken und Handeln anstreben und umsetzen3.
Ingredienzien eines exzellenten Unternehmens
Armin Wiedenegger und Franz-Peter Walder stellen in dem Buch »Unternehmensqualität wirkt«4, eine aus dem Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis entwickelte Zusammenstellung der Ingredienzien von exzellent agierenden Unternehmen vor.
Diese umfassen primär
- »ein wertschätzendes Menschenbild,
- das Vertrauen zwischen den Hierarchien,
- die Öffnung nach außen,
- eine selbstkritische Auseinandersetzung,
- Geduld und
- Konsequenz in der Umsetzung von transparent kommunizierten Positionen«.5
Fehlt die intensive Bemühung zum Aufbau dieser Ingredienzien, dann wird Exzellenz auf einem höheren Niveau wahrscheinlich nicht möglich sein. Das Entstehen von Exzellenz stellt hohe Anforderungen an die Entwicklung und Umsetzung von einer der Situation und den anzustrebenden Zielen entsprechenden Leadership (Qualitäten der Führung).
Wie steht es nun mit dem Vorhandensein von der Situation und den Zielen entsprechenden Leadership (Qualitäten der Führung) in Österreich?
Ist-Zustand der Leadership in Österreich
In einer Selbstbeschreibung von Führungskräften über die Erfüllung des Führungsauftrages in ihren Unternehmen (n 129) wurde der Erfüllungsgrad durchschnittlich mit »mittelmäßig« bewertet.6 Aus der analytischen Betrachtung der Ergebnisse der Selbstbeschreibung ist klar erkennbar, dass sich eine stark ausgeprägte Leadership (Qualitäten der Führung), verbunden mit dem Energetisieren und der Kultur, signifikant auf die Erbringung von freiwilligen Zusatzleistungen7 im Unternehmen auswirkt.8 Im obigen Sample weist nur ein Drittel der Unternehmen eine gute Leadership (Qualitäten der Führung) auf. Es konnte daher ein starker Verbesserungsbedarf der Leadership (Qualitäten der Führung) in österreichischen Unternehmen festgestellt werden. Bei der Verbesserung der Leadership (Qualitäten der Führung) geht es primär um eine umfassende und tief greifende Veränderung des Verhaltens.
Diese Veränderungen sind nicht kaufbar, sondern sie sind selbst zu erarbeiten. Da führt kein Weg vorbei! Eigengestaltung soll logisch vor Fremdgestaltung und Krisendruck kommen. Ist die Eigengestaltung nur unzureichend möglich, dann verliert das Unternehmen schrittweise die Fähigkeit, sich selbst erneuern und verbessern zu können.
Im nächsten Punkt wird beispielhaft gezeigt, dass die Verbesserung der Leadership anstrebenswert und möglich ist.
Verbesserung der Leadership ist anstrebenswert und möglich
An einem IfU Dialogabend im Sommersemester 2014 stellte Thomas Pirktl das von ihm und seinem Bruder geleitete Alpenresort Schwarz9 in einem Vortrag mit dem Titel »Der Weg des Alpenresort Schwarz zum Gewinner des Europäischen Qualitätspreises – EFQM Excellence Award Winner 2013« vor, und erläuterte, auf welche Art und Weise sich das Unternehmen über die Jahre hinweg zu einem exzellenten Unternehmen entwickelt hat.10 Als Grundprinzipien für die Gestaltung dieses Weges zur Exzellenz wurden
- Begeisterung,
- Leidenschaft und
- Qualität
aufgebaut und zur Wirkung gebracht. Begeisterung und Leidenschaft bringen einen intensiven Zug für eine positive Entwicklung des Unternehmens zustande, welchen es permanent aufrechtzuerhalten und zu verstärken gilt. Man könnte bei diesem Vorgehen auch von einer »Managed Evolution«11 im Sinne von Albrecht Wagner sprechen. Bei der »Managed Evolution« verändert sich der Ist-Zustand innerhalb weit gesteckter Grenzen, gezogen von Begeisterung und Leidenschaft, geleitet von einer attraktiven und anspruchsvollen Vision.
Die Vision des Alpenresort Schwarz hat folgenden Inhalt: »Wir werden das beste Resort in den Alpen. Es ist Quelle der Energie und Vitalität für unsere Gäste mit begeisterten MitarbeiterInnen und dauerhaftem Erfolg! Immer einen Schritt voraus!«.
Begeisterung und Leidenschaft aktivieren potenziell vorhandene Energien und stärken so den positiven Energiefluss im Unternehmen und die Verbindung mit dem Umfeld. Wenn dieser Energiefluss von außen positiv zurückkommt, dann verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit und es verbessern sich auch die Voraussetzungen für das Anstreben und Umsetzen von Exzellenz.
Durch eine umfassend rationale (mittels Balanced Scorecard) und emotionale Verankerung des Strebens nach Innovation und Bestleistungen arbeitet das Alpenresort Schwarz permanent an der Fähigkeit, den Anforderungen zu entsprechen und dabei immer wieder einen Schritt voraus zu sein. Als Ergebnis dieser Bemühungen wurde das Alpenresort Schwarz von der EFQM12 mit dem Excellence Award ausgezeichnet. Das Alpenresort Schwarz ist somit Award Winner 2013 und zeigt, dass Exzellenz nicht nur in großen Unternehmen möglich und sinnvoll ist, sondern auch in KMUs.13 Das Anstreben und Umsetzen von Exzellenz macht Sinn und ist möglich.
Was ist nun der primäre Gestaltungshebel für das Realisieren von Exzellenz?
Personen realisieren Exzellenz
»Abgesehen von ›höheren‹ Einflüssen sind es die handelnden Personen, die Initiativen setzen und Sorge tragen, dass Maßnahmen umgesetzt werden, die ein Unternehmen befähigen, den Anforderungen seines Umfelds entsprechen zu können.«14
Diese Befähigung zur überlegenen Erfüllung der Anforderungen des Umfeldes erfordert nicht nur die bestmögliche Erfüllung der Pflichtleistungen, sondern insbesondere auch die Erbringung von freiwilligen Zusatzleistungen in einem höheren Ausmaß.15 Diese Erbringung hat zur Bedingung, dass im Unternehmen Führungspersönlichkeiten vorhanden sind, welche die Voraussetzungen dazu schaffen wollen, können und dürfen. Diese Voraussetzungen beziehen sich insbesondere auf das Anziehen, Integrieren, Energetisieren und Entwickeln der für das Realisieren von Exzellenz erforderlichen und geeigneten Personen. In vielen Fällen stellt sich dabei auch das Problem der zum Streben nach Exzellenz nicht mehr passenden Personen. Dieses Problem ist offen anzusprechen und sozialverträglich zu lösen.16
Armin Wiedenegger und Franz-Peter Walder stellen bei einer Nutzenbetrachtung, welchen Nutzen das Streben und Umsetzen von Exzellenz bringt, fest: »Unternehmen mit hoher Unternehmensqualität sind als Arbeitgeber attraktiver und erhalten höhere Leistungswilligkeit, Motiviertheit und Leistungsstärke der Menschen (Selbstständigkeit, Einbindung, Beteiligung, Engagement).«17 Was sind nun die Voraussetzungen für das der Situation und den Zielen entsprechende Schaffen und Bewahren von Exzellenz?
Voraussetzungen für das Realisieren von Exzellenzschaffung
In der bereits erwähnten Forschungsarbeit des Verfassers dieses Beitrages zum Schaffen und Bewahren einer überlegenen Unternehmensqualität wurde eine stark positive Wirkung der intensiven Beschäftigung mit den Gestaltungsfeldern
- leidenschaftliche Suche nach Neuem,
- konsequentes Agieren und
- Aufmerksamkeit der Führungskräfte
festgestellt.18 Die leidenschaftliche Suche nach Neuem fördert das Aufkommen und Erhalten von Begeisterung, das Unternehmen agiert dementsprechend auf Zug. Das konsequente Agieren sichert die Ressourcenaufbringung ab, und die Wachsamkeit leistet einen wesentlichen Beitrag dafür, dass bei einem Auftreten von neuen Opportunitäten und Bedrohungen diese rechtzeitig erkannt, genutzt bzw. abgewendet bzw. minimiert werden können.
Den Beitrag »Collective Genius« von Linda A. Hill u. a. (2014)19 nutzend, wird in der Folge der Beantwortung der Frage nachgegangen, wie die Voraussetzungen im Unternehmen zu gestalten sind, damit Innovation und das Trennen vom Überholten immer wieder passieren kann. Die Autoren halten fest: »Die Rolle der Führung der Innovation ist nicht, eine Vision vorzugeben und andere zu motivieren, dieser zu folgen. Ihre Rolle ist, eine Gemeinschaft entstehen zu lassen, die willig und fähig zum Innovieren ist.«20
Der Hinweis auf die Willigkeit und Fähigkeit erinnert an die vier Grundfragen der Führung:21 Was
- könnten,
- können,
- wollen und
- sollen wir tun?
Mit »Könnten« werden die Opportunitäten und mit »Sollen« die Erwartung des Umfelds an das Unternehmen angesprochen. Mit »Können« werden die Stärken und Schwächen und mit »Wollen« der Wille zur Tat hervorgehoben. Für die Schaffung von guten Voraussetzungen für das erfolgreiche Begehen des Pfades zur Innovation und zu Bestleistungen greifen diese Autoren auf die Willigkeit und Fähigkeit zurück.22
Die Willigkeit zum Mittragen der Innovationsbemühungen bedarf im Unternehmen des Gefühls der Gemeinschaft, welches aus drei Quellen gespeist wird. Diese sind
- der Zweck des Bestehens,
- die geteilten Werte und
- die Regeln für die Zusammenarbeit.23
Beim Zweck geht es um die kollektive Identität des Unternehmens, welche die im Unternehmen arbeiteten Personen zur Selbstmotivation, also zum Mitmachen bewegen sollte. Der Zweck des Bestehens des Unternehmens und die daraus resultierende Arbeit haben die dort tätigen Personen für die Erfüllung des Zwecks zu begeistern und zur Erbringung der besseren Pflichtleistungen und insbesondere der herausragenden freiwilligen Zusatzleistungen anzuspornen.
Die geteilten Werte stellen eine Vereinbarung dar, die ausdrückt, was im Unternehmen als bedeutend angesehen werden solle. Linda. A. Hill u.a. arbeiteten in ihrer Forschungsarbeit heraus, was innovative Unternehmen besonders auszeichnet. Sie sind gekennzeichnet durch
- mutige Absichten,
- die Übernahme von Verantwortung für die Gemeinschaft,
- gelebte Zusammenarbeit und
- aktives Lernen.24
Die Regeln der Zusammenarbeit sollen helfen, positive Spannungen zu verstärken und negative im sicheren Griff zu behalten. Die positiven Spannungen sollen einen starken Beitrag leisten, damit das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten und Fähigkeiten herausgeholt wird, und damit die negativen Spannungen abgeschwächt bzw. vermieden werden können.
Die Willigkeit allein genügt jedoch nicht, um sich zu einem exzellenten Unternehmen entwickeln zu können. Dazu brauchen die Unternehmen zusätzlich, wie Linda A. Hill u.a. aufzeigen, drei spezifische Fähigkeiten. Es geht um
- das kreative Abschleifen von Ideen,
- die kreative Agilität und um
- kreative Entscheidungen.25
Das kreative Abschleifen von Ideen hat zur Voraussetzung, dass im Unternehmen eine offene, wertschätzende und herausfordernde Auseinandersetzung und Diskussion über Ideen geführt werden kann und dass weite gedankliche und kommunikative Freiräume vorhanden sind. In solchen Unternehmen kann sich ein vom Entdeckungsdrang getragenes Lernen entwickeln.
Die kreativ abgeschliffenen Ideen werden in einem agilen Unternehmen nicht lange liegengelassen, sondern rasch einer weiteren Abklärung durch Experimente unterzogen, die von einer Datensammlung und von Lernprozessen begleitet werden. Die Entscheidungen über Weiterführung oder Nichtweiterführung werden durch Fakten gestützt und ohne große Verzögerungen getroffen. In agilen Unternehmen versanden Ideen nicht, sondern sie werden konsequent weitergeführt oder rechtzeitig abgebrochen.
Um immer wieder neue, anspruchsvolle Innovationsprozesse starten und umsetzen zu können, ist der Entscheidung »Weiterführung oder Abbruch« eine übergeordnete Bedeutung beizumessen. Dies gilt insbesondere für komplexe Entscheidungssituationen. Hier kommt es besonders auf die integrative Beteiligung der am Prozess mitwirkenden Personen an. Das Umgehen mit diesen Weiterführungs- oder Abbruchentscheidungen hat einen starken Einfluss auf das Gefühl, eine Gemeinschaft zu sein und auf das Ausmaß, in welchem herausragende freiwillige Zusatzleistungen erbracht werden.
»Great leaders of innovation (…) see their role not as take-charge direction setters but as creators of a context in which others make innovation happen. This shift in understanding is critical to fostering the next generation of innovation leaders and must permeate the organization and its talent management practices, because those with the potential to lead innovation, we have found, are often invisible to current systems.«26
Es geht also um die Schaffung der Voraussetzungen, damit Exzellenz passieren kann. In diesem Zusammenhang weist ein Forschungspapier der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2012 darauf hin, dass Verhaltensaspekte erfolgskritisch sind, aber viele Organisationen auf diese Schwerpunktverlagerung von den Hard Facts auf die Soft Facts nicht vorbereitet sind. »Our data reveal that behavioral capabilities – strong leadership, engaged employees, and a collaborative culture – are vital for success. We found significant correlations between these capabilities and a company’s ability to create value.«27
Wer Exzellenz anstrebt, hat sich intensiv und mit Ausdauer der Schaffung von Voraussetzungen zuzuwenden, damit sich das Unternehmen Schritt für Schritt einem hohen Exzellenzniveau annähern kann.
Die Gedanken in diesem Punkt weiterführend wird im nächsten Punkt auf die Umsetzung des Konzepts der Blue Ocean Leadership eingegangen.
Exzellenz durch Blue Ocean Leadership realisieren
In ihrem Artikel über die Blue Ocean Leadership weisen W. Chan Kim und Renée Mauborgne auf das Untersuchungsergebnis von Gallup28 hin, dass nur 30 Prozent der Beschäftigten ihre Energie und ihr Talent dafür einsetzen, dass sich Organisationen konsequent vorwärts bewegen können.29 Wenn dynamische Talente wirkungsvoll zusammenwirken, dann wird auch ein hohes Ausmaß an freiwillig erbrachten Zusatzleistungen zu erwarten sein.Dieses hohe Ausmaß an freiwilligen Zusatzleistungen stellt eine Voraussetzung dafür dar, dass sich Unternehmen erfolgreich der Exzellenz annähern und diese dann auch aufrechterhalten können. Die Aufrechterhaltung von Exzellenz ist oft schwieriger als deren Aufbau.
Beim Bemühen um die Umsetzung der Exzellenz mit dem Blue-Ocean-Leadership-Konzept geht es am Beginn um die Aktivierung der im Unternehmen bereits vorhandenen Energiepotenziale und Talente. Es geht um die Erkennung und Nutzung der im Unternehmen bereits schon vorhandenen Schätze.30 Diese Schätze sind zu erkennen, zu heben und zu nutzen. Die Potenziale für die Führung von Unternehmen sind in der Regel in einem großen Ausmaß vorhanden. Sie werden aber nicht erkannt oder zu wenig genutzt.
Der Prozess der Entwicklung und Verankerung der Blue Ocean Leadership ist von der obersten Führung beispielhaft
- durch das Energetisieren der Organisation,
- die Schaffung von Selbstgestaltungsräumen,
- das Vorleben, Greifbarmachen und Begeistern für Exzellenz und
- unter Einbeziehung einer immer weiter wachsenden Zahl von Mitgestaltern
zu einer gemeinsam anerkannten Sache zu machen.
Das der Situation und den Zielen entsprechend umzusetzende Konzept wird aus eigener Kraft, unter Einbringung von eigenen Ideen, erarbeitet. Durch dieses Zusammenwirken kommt es im Prozess des Weiterentwickelns, des Maßschneiderns und besonders dann in der Umsetzung zu einem positiven Erleben der eigenen Kraft und der eigenen Möglichkeiten. Es geht hier um das Transformieren von Mitarbeitern zu Mitgestaltern und in einem weiteren Schritt zu Mitwollenden für das Anstreben und Umsetzen von Exzellenz. Es ist dann unser Konzept, das wir umsetzen wollen und können. Das Ich (Persönlichkeit) und Wir (Gemeinschaft) passen dann für das Realisieren von Exzellenz zusammen.
Im Sinne der Blue Ocean Leadership bedarf es zur Neuausrichtung und Neugestaltung der Führung in Hinblick auf
- die Fokussierung auf Handlungen und Aktivitäten,
- die Verbindung mit den Realitäten des Marktes und
- das Verteilen der Leadership (Qualitäten der Führung) auf alle Ebenen der Führung.
Der Ansatz für das Anstreben und das Realisieren von Exzellenz ist im Blue-Ocean- Leadership-Konzept ein umfassender und tiefgreifender, denn es geht um eine grundsätzliche Veränderung des Verhaltens im Unternehmen und zum Umfeld dieser.
Die Umsetzung umfasst vier Schritte, nämlich
- das Erkennen, was die Führung derzeit macht,
- die Entwicklung von alternativen Leadership-Profilen in kompetenten Gruppen,
- die Umsetzung der von diesen Gruppen entwickelten und nach einem transparenten Auswahlprozess vorgeschlagenen und zur Umsetzung freigegebenen Leadership-Profile und
- die Verankerung der gewollten Leadership (Qualitäten der Führung) in der Führung auf allen Ebenen.
Die im Beitrag zur Blue Ocean Leadership vorgestellten Ergebnisse einer Fallstudie sind differenziert auf drei Ebenen. Nachfolgend werden die in dieser für die drei Ebenen herausgearbeiteten Veränderungsaufträge angeführt:
- Untere Ebene: Diene dem Kunden, nicht der Führungskraft.
- Mittlere Ebene: Mehr Coaching, weniger Kontrolle.
- Obere Ebene: Von Tag zu Tag zum großen Bild wechseln.
Was heißt das nun? Die Außenorientierung der unteren Ebene sollte zur Verbesserung der Beziehung Kunde-Unternehmen wesentlich verstärkt werden. Auf der mittleren Ebene sollte der persönliche Einsatz zur Entwicklung, Orientierung und Begeisterung der Mitarbeiter wesentlich verstärkt und auf der oberen Ebene die Zeitverwendung grundsätzlich überdacht und vom Detail zum Gesamthaften umorientiert werden.
Mit einer Zusammenfassung der Inhalte und Denkergebnisse, die im vorliegenden Beitrag behandelt bzw. gewonnen wurden, soll dieser Beitrag abgeschlossen werden.
Zusammenfassung
Das Gebot der Stunde ist es, Exzellenz durch eine der Situation und den Zielen entsprechende Leadership (Unternehmensqualitäten) zu realisieren. Das ist ein allgemein formulierter Arbeitsauftrag, der noch der spezifischen Ausformulierung in den einzelnen Unternehmen, mit oder ohne professionelle Hilfe, durch die Führungs- und Fachkräfte bedarf. Empirische Daten zeigen, dass in österreichischen Unternehmen ein sehr wesentlicher Verbesserungsbedarf bei der Leadership (den Qualitäten der Führung) besteht. Wesentliche Verbesserungsbedarfe wurden für die Gestaltungsbereiche Wertschätzung, Vertrauen, Öffnung nach außen, selbstkritische
Auseinandersetzung, Geduld und Konsequenz erkannt.
Die Verbesserung der Leadership (Qualitäten der Führung) ist bei konsequenter Arbeit möglich. Dies zeigte beispielhaft das Alpenresort Schwarz31 als EFQM Excellence Award Winner 2013. Als Grundprinzipien der Arbeit wurden Begeisterung, Leidenschaft und Qualität angegeben. Wer möchte nicht in einem Unternehmen arbeiten, in welchem Begeisterung, Leidenschaft und Qualität erlebt und ausgelebt werden können? Im Alpenresort Schwarz stimmen auch die Kennzahlen (Erlöse pro verfügbarem Zimmer, Gesamtzufriedenheit mit der Führung und Gästezufriedenheit) mit den Leistungen insgesamt überein. Diese Kennzahlen bewegen sich im oberen bzw. obersten Bereich. Das heißt: Wesentliche Verbesserungen bei der Leadership (Qualitäten der Führung) sind auch in KMUs möglich, sinnvoll, und, wie der Ist-Zustand österreichischer Unternehmen zeigt, auch notwendig.
Der Weg zur Exzellenz wird ein langer, mühsamer, aber auch von Freude angefeuerter sein. Dieser Weg zur Exzellenz wird immer wieder neu zu gehen sein. Denn es ändern sich die Situationen und die Ziele immer wieder. Wer in seinem Bemühen nachlässt, der fällt zurück. Der Weg zur Exzellenz entsteht, indem man ihn konsequent und folgerichtig geht!
Zum Autor
2010 veröffentlichte Johann Risak sein Opus Magnum: »Überlegene Unternehmensqualität schaffen«. Auf 320 Seiten macht er deutlich, dass Leidenschaft, Konsequenz und Wachsamkeit erfolgreiche Unternehmen schaffen und erweiterte damit substantiell den im »Der Impact Manager« (2003) beschriebenen Rahmen. 25 Jahre lang war Risak bei der OMV tätig, ehe er als Vorstandsvorsitzender die Chemie Holding Linz sanierte. Das hat seinen Ruf als Turnaround Manager geprägt. Zwölf Unternehmen hat er durch ihre Wandlungsprozesse geführt.
Literaturhinweise
Titel: »Leadership« wird hier als »Qualitäten der Führung« verstanden.
[2] Vgl. www.wu.ac.at/ifu/network/ifudialog.
[3] Vgl. meine Vortragsunterlage »Mit Leidenschaft nach Neuem streben und ausgewogene Bestleistungen nachhaltig realisieren« auf www.wu.ac.at/ifu/network/ifudialog.
[4] Wiedenegger, A./Walder, F.-P. (2013): Unternehmensqualität wirkt. Den Nutzen aus der Steigerung der Unternehmensqualität erkennen und umsetzen, Hrsg. qualityaustria.
[5] Wiedenegger, A./Walder. F.-P. (2013), S.110.
[6] Vgl. Risak; J. (2010): Überlegene Unternehmensqualität schaffen, Wien, S. 45.
[7] Chan Kim, W./Mauborgne, R., (2003): Fair Process: Managing in the Knowledge Economy, in: Harvard Business Review, January, S. 127-136.
[8] Vgl. Risak, J. (2010), S. 52.
[9] www.schwarz.at
[10] Vgl. www.wu.ac.at./ifu/network/ifudialog.
[11] Vgl. dazu Wagner, A. (2003): Managed Evolution – Effizientes Führen zum Unternehmenserfolg, S. 155 ff.
[12] EFQM: European Foundation for Quality Management.
[13] KMU: Kleinere und mittlere Unternehmen.
[14] Risak, J. (2010), S. 27.
[15] Vgl. Chan Kim, W./Mauborgne. R. (2003), S. 135.
[16] Vgl. Risak, J. (2010), S. 45 ff.
[17] Wiedenegger, A./Walder, F.-P. (2013), S.76.
[18] Risak, J. (2010), S. 300.
[19] Hill, L. A./Brandeau, G./Truelove, E./Lineback, K. (2014): Collective Genius, in: Harvard Business Review, June, S. 95-102.
[20] Hill, L. A. u.a. (2014), S. 97.
[21] Diese vier Grundfragen der Führung hat der Autor von dem 27. Program for Management Development (PMD) der Harvard Business School im Frühling 2074 mit nach Hause gebracht und in einer Vielzahl von Fällen zur strukturierten Strategieabklärung erfolgreich verwendet.
[22] Hill, L. A. u.a. (2014), S.98 ff.
[23] Vgl. Simon, R. (1995): Levers of Control How Managers Use Innovative Control Systems to Drive Strategic Renewal, S. 33-58. Diesen Hinweis verdanke ich Herrn Gerhard Speckbacher. »Es bedarf sozusagen immer einer Balance zwischen Energetisierung einerseits und Koordination/Ausrichtung/Beschränkung andererseits.« (G.S:)
[24] Hill, L. A. u.a. (2014), S. 99.
[25] Hill, H. A. u.a. (2014), S. 98 ff.
[26] Hill, l. A. u.a. (2014), S. 102.
[27] RogNé F./Toma, A./Kilmann, J./Dicke, R./Strack, R. (2012): Organizational Capabilities Mater, Hrsg. Boston Consulting Group, S. 2.
[28] Vgl. State of The American Workplace (2013). Der Bericht ist über www.gallup.com/services einsehbar.
[29] Chan Kim. W./Mauborgne, R. (2014): Blue Ocean Leadership, in: Harvard Business Review, May, S. 59-72. Vgl. auch Chan, Kim.W./Maugorne, R. (2005): Blue Ocean Strategy, Harvard Business School Press.
[30] Vgl. Zook, C. (2007): Unstoppable – Finding hidden assets and renew the core and fuel profitable growth, Harvard Business Press, S. 10: »A hidden asset, …, is something that you possess whose value, properties or potential you have not fully appreciated or realized.«
[31] Vgl. www.schwarz.at