Dienstag, Dezember 03, 2024

Zum Abschluss der Kolumnen-Reihe: Der Wiederaufstieg ist möglich und notwendig.

Teil 1: Führungsqualitäten den jeweiligen Anforderungen anpassen

Teil 2: Voraussetzungen zum erfolgreichen Handeln schaffen

Teil 3: Wirkungsvolles Gestalten braucht einen situativen Ansatz.

Teil 4: Zur Verbesserung der Führungsqualitäten braucht es Licht, Kraft und Weite.


Wir begannen die Kolumnen »So kann es in der Führung nicht weitergehen« im Jänner 2016 mit der Aussage, dass viel zu viele Unternehmen nur mittelmäßig zu den heutigen und künftigen Anforderungen passende  Führungsqualitäten aufweisen. Diese Aussage war als Weckruf zur Annahme der Führungsverantwortung durch die Führungskräfte gedacht. Die danach folgenden Kolumnen beschäftigten sich, aus verschiedenen Perspektiven heraus, mit der Verbesserung der Passung von Führungsanforderungen und Führungsqualitäten.

Diese die Reihe abschließende Kolumne soll den Weckruf nochmals positiv und chancenorientiert verstärken und zeigen, dass durch Entschlossenheit und Einfallsreichtum ein Wiederaufstieg in vielen Fällen möglich ist.

Wir haben ein großes Problem und eine große Chance zugleich

Es wurden in der Vergangenheit viel zu wenig die Zeichen der Zeit erkannt und viel zu wenig an der Verbesserung der Passungen von Führungsqualitäten und Anforderungen gearbeitet. Dadurch entstanden in einem großen Ausmaß Fehlpassungen, die es mutig, konsequent und einfallsreich aufzulösen gilt. Nimmt man Maß an den Handlungs- und Verhaltensweisen der gut geführten Unternehmen, dann kann erkannt werden, welch große Verbesserungspotenziale als noch ungenutzte Chancen vorhanden sind. Die gute Nachricht ist also: Es gibt viele Chancen zur Verbesserung der Führungskultur, und damit der Performance von Unternehmen. Gesucht sind fähige, mutige und umsetzungsstarke Führungskräfte. Es geht um die Chance, das Unternehmen und damit auch sich selbst weiterzuentwickeln. Also um einen gemeinsamen Vorteil. Wer sich und sein Unternehmen nicht selbst gestaltet, der wird fremdgestaltet.

Der Wiederaufstieg beginnt mit dem gemeinsamen Erkennen und Anerkennen der Krise

Einer muss mit dem Wiederaufstieg beginnen. Es gibt in Unternehmen formelle und informelle Führungskräfte. Oft sind es die informellen Führungskräfte – warum nicht auch Sie? –, die die Krisensituation erkennen und dies auch kommunizieren. Wesentlich ist dabei, dass der Initiator möglichst rasch Verbündete findet, die nicht nur einfach im Unternehmen verbleiben, sondern die Situation des Unternehmens und ihre eigene aktiv verbessern wollen.

Diese Personen müssen in einem hohen Ausmaß Umsetzungsenergie, Frustrationstoleranz und Leidensfähigkeit mitzubringen. Das Herbeiführen der gemeinsamen Erkennung und Anerkennung der Krise ist ein schwierig zu gestaltender und umzusetzender Prozess. Gute Hinweise dazu geben zum Beispiel W. Chan Kim und Renée Mauborgne (2014)1 mit der »Blue Ocean Leadership« und Heike Bruch und Sumantra Ghoshal (2003)2 mit dem »Energiezonen-Konzept«. Es kann darauf aufbauend ein situationsadäquates Führungsmandat herausgearbeitet werden.

Herausarbeiten des zum jeweiligen Unternehmen passenden Führungsmandats

Laurence J. Stybel und Maryanne Peabody schlagen für die Herausarbeitung folgende drei Fragestellungen vor:

➣ Was muss in den nächsten zwölf Monaten verändert werden?
➣ Was sollte in den nächsten zwölf Monaten anerkannt beziehungsweise beibehalten werden?
➣ Was sollte unter allen Umständen vermieden werden?3

Damit die Herausarbeitung nicht in allgemeine Aussagen entartet, empfiehlt sich eine Fokussierung auf faktenbasiert erarbeitete Gestaltungsfelder, die für ein Stoppen des Abstiegs und die Initiierung des Wiederaufstiegs von besonderer Bedeutung sind. Wir beziehen uns dabei auf die in der Kolumne im Jänner 2016 im Report(+)Plus4 vorgestellten Ergebnisse unserer Erhebung im Jahr 2015. Aus dieser heraus wissen wir, dass sich die besten und zweitbesten Unternehmen in der Intensität der Beschäftigung mit den folgenden vier Gestaltungsfeldern sehr stark unterscheiden:

➣ Orientierung am Umfeld
➣ Entschlossenheit zum Handeln
➣ Opportunitäten
➣ Energetisieren.

Soll im Unternehmen die Abwärtsbewegung aufgehalten und die Wende nach oben einleitet und umgesetzt werden, dann wird dieses Bemühen nur erfolgreich sein können, wenn es sich sehr intensiv und umfänglich mit diesen vier Gestaltungsfeldern beschäftigt. Dabei ist darauf zu achten, dass sich die Verbesserungen ausgewogen nach oben zu bewegen haben. Dies weist darauf hin, dass für die Bearbeitung ein systemischer Ansatz zu wählen ist.

Da Unternehmen primär ihre Bestandsrechtfertigung von der aktuellen und zukünftigen Erfüllung von Anforderungen (Bedarfen) des für sie relevanten Umfelds (Stakeholder) ableiten, ist die Aufforderung zur intensiveren Beschäftigung mit diesen einsichtig und wert, befolgt zu werden.

Das Bemühen zur Erfüllung der Anforderungen (Bedarfe) bleibt jedoch weitgehend wirkungslos, wenn es nicht von einer Entschlossenheit zur Umsetzung begleitet wird. Die Bemühungen und die Entschlossenheit zum Handeln erlahmen progressiv, wenn sie nicht von einer stark ausgeprägten Leidenschaft zur Schaffung von Opportunitäten begleitet sind. Ohne Begeisterung wird es im Unternehmen immer kälter.

Die Orientierung am Umfeld, die Entschlossenheit zum Handeln und die Schaffung von Opportunitäten brauchen einander. Sie erlahmen, wenn es nicht gelingt, diese in Bewegung, in Schwung zu halten
(Energetisieren).

So gesehen können diese vier Gestaltungsfelder als ein Quartett angesehen werden. Dessen Spiel ist von Dirigenten (den Führungskräften) immer wieder neu einzustimmen, dem Umfeld anforderungsgerecht weiterzuentwickeln und positiv wirkungsvoll umzusetzen.

Ein Führungsmandat für die Wende zum Guten

Ein Führungsmandat zur Verbesserung der Führungskultur, dem weitere folgen werden, kann man sich im Rahmen der Corporate Governance selbst erteilen oder von oben erteilt bekommen. Es könnte allgemein formuliert wie folgt lauten: »Unternehme alles Mögliche, um den derzeitigen Abstieg aufzuhalten, den Wiederaufstieg einzuleiten und wirkungsvoll umzusetzen. Erstelle innerhalb von drei Monaten, oder je nach Einschätzung der Lage in einem kürzeren Zeitraum, einen ersten Aktionsplan für die Wende zum Guten.«

Das Führungsmandat zeigt das große Vertrauen, welches dem Annehmer des Mandats entgegengebracht wird. Es räumt dem Nehmer des Mandats einen großen Freiraum in der Umsetzung des Mandats ein. Ohne Mandat mit weiten Gestaltungsfreiräumen wird eine Transformation in der Führungskultur von Unternehmen nicht möglich sein.

Führungskräfte sind zum aktiven und erfolgreichen Gestalten berufen

An diese Berufung wollten und wollen wir in den bisherigen und dieser abschließend Kolumne immer wieder erinnern und Ansätze für die Verbesserung der Führungskultur in Österreich aufzeigen. Wir wünschen den Lesern unserer Kolumnen viel Erfolg bei der Arbeit an den Führungsqualitäten und der erfolgreichen Transformation der Führungskultur im Unternehmen.

Vertiefende Ansätze zur Transformation der Führungskultur von einer traditionellen Leadership des »Entweder/Oder« zu einer paradoxen Leadership »Beide/Und« finden Sie in der Harvard Business Review Mai 2016. Es kann sich lohnen, diesen Beitrag zu lesen und inhaltlich umzusetzen!

Quellenverzeichnis

1/ Kim, W. Chan/Mauborgne/R. (2014): Blue Ocean Leadership, in: Harvard Business Review; May, S. 60-90.

2/ Bruch, H./Ghoshal S. (2003): Unleashing Organisational Energy, in: MIT Sloan Management Review, Fall, S. 45-51.

3/ Stybel L. J./Peabody, M. (2006):Beware the Stealth Mandate; in: MIT Sloan Business Review, Spring 2006, . 11-13, hier S. 12.

4/ Vgl. Risak J./Wiedenegger A. (2016): Kampf der Mittelmäßigkeit in der Führung, Report(+)PLUS Heft 12/01 – 2016, S. 97-100, hier S. 99.

5/ Vgl Smith, W. K./Lewis, M. W./Tushman, M. L. (2016): »Both/And« Leadership Don´t worry so much about being consistent, in: Harvard Business Review, May, S. 63-70.

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