Die Weltwirtschaft fußt heute noch auf der extensiven Nutzung fossiler Energien wie Erdöl, Erdgas und Kohle. Um die Umsetzung, den Zeitpunkt und den Weg hin zu Energieautonomie ging es beim 3. Österreichischen Energieautarkie-Kongress in Wien.
Viel Neues war nicht zu hören beim 3. Österreichischen Energieautarkiekongress. Vor allem Fakten wurden wiederholt: Nur gemeinsam kann die Wende erreicht werden, Verantwortung darf nicht delegiert werden, jeder muss sich einbringen, und wir befinden uns längst inmitten der Energiewende. Einige können das zwar nicht mehr hören, aber die langfristige Realisierung eines energieautarken Österreichs geht nicht von heute auf morgen. Das Thema Energieautarkie muss laufend vor Augen geführt werden, wie es auch am Energieautarkiekongress geschehen ist. Die entsprechenden Zielgruppe war versammelt: Bürgermeister, Vertreter von Krankenhäusern, Transportunternehmen, Energieunternehmen und Gebäudeverwalter. »Jene Gemeinden, die das Ziel Energieautarkie bereits erreicht haben oder knapp davor stehen, haben bereits in den 90er-Jahren erste Schritte in diese Richtung gesetzt«, berichtet Heimo Bürbaumer, Leiter der Geschäftsstelle e5 bei der Österreichischen Energieagentur. Martin Graf, Vorstand der E-Control, beschreibt drei Phasen der Entwicklung bei Energiesystemen. »1.0 bedeutet die zentralisierte, rein auf fossilen Ressourcen basierende Erzeugung. 2.0 umfasst die dezentrale Erzeugung auf Basis von grünen Energien. In dieser Phase befinden wir uns derzeit. Nun gilt es, Energieeffizienz in die Praxis zu integrieren. Ein Bundes-Energieeffizienzgesetz noch in dieser Legislaturperiode ist Gebot der Stunde«, so Graf. 3.0 beschreibt virtuelle Kraftwerke gepaart mit intelligenten Netzen und Demand-Side-Management.
Vor Augen halten
»Wir reden seit Jahrzehnten darüber, wie wir Energieautarkie leben können und dass Öl, Gas & Co erschöpflich sind. Durch verbesserte Energieeffizienz kann bis 2050 bis zu ein Drittel der Energie eingespart werden. Und dann denken wir bei einem Energieengpass genau in die entgegengesetzte Richtung«, kritisiert Christian Pelzl, Obmann des Fachverbandes Ingenieurbüros der WKO, und bezog sich damit auf die Idee der Förderung von Schiefergas. »Heute benötigen wir zehnmal mehr Energie, um die gleiche Menge Öl zu fördern, als vor 80 Jahren«, ergänzt Professor Peter Droege, Präsident von Eurosolar. »Wir müssen rasch vom Konzept der fossilen Stadt abkehren. Form, Architektur und Technologie dürfen sich nicht länger auf fossile Brennstoffe ausrichten.« Und Droege ist zuversichtlich: »Die Energiewende ist rein technisch gesehen in zehn Jahren möglich.«
Autarkie-Aspekte
Mobilität bildet traditionell das Sorgenkind in der Energiefrage. Strom und Wärme sind dagegen laut Österreichischer Energieagentur unkompliziert zu decken. Laut Peter Droege sind 95 Prozent der Transportenergie ölbasiert. Der fossile Brennstoffanstieg ist in den letzten 50 Jahren um 500 Prozent gestiegen. Vielfach wird die Transportautarkie falsch eingeschätzt. Güssing, bekannt als energieautarke Gemeinde, ist dies bei Strom und Wärme, aber nicht im Transportbereich. »Die einzige Kommune, die heute in allen drei Bereichen autark arbeitet, ist Mureck«, berichtet Bürbaumer. In diesem Zusammenhang äußerte er einen Zukunftswunsch: ein Bonus-Malus-System für erfolgreiche Gemeinden. »Förderungen müssen als Anreize und Belohnung eingesetzt werden. Luxemburg ist hier ein Vorbild. Dort wurde dieses System gesetzlich eingeführt.«
An einem Strang
Gemeinden wird beim Thema Energiewende eine zentrale Rolle zugeschrieben. Durch die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen erfüllen sie mehrere Funktionen: Vorbildfunktion (etwa durch die Errichtung energieeffizienter Kommunalgebäude), Initiatorfunktion (beispielsweise durch Bürgerbeteiligungsanlagen), Vermittlerfunktion (zum Beispiel mit Energieberatung) und Unterstützerfunktion (Förderungsprogramme). »Immer mehr Kommunen versorgen sich bereits eigenständig mit Strom und Wärme auf Basis erneuerbarer Energien«, so Bürbaumer und präsentierte die erste österreichweite Energieautarkiestudie. »Wir sind auf einem sehr guten Weg. Wir haben erst begonnen, diese Landkarte zu erarbeiten.« 46 Gemeinden (von 2.357) sind bereits nahezu energieautark in den Bereichen Strom, Wärme und Transport respektive stehen knapp davor – zwei Autarkiefaktoren sind erfüllt, beim dritten steht man knapp vor dem Ziel. Den Erfolg der Vorreitergemeinden erklärt Bürbaumer neben der langjährigen Arbeit am Projekt Energiewende mit der kommunalen Struktur. »In den Gemeinden gibt es starke energiepolitische Strukturen. Bürgerbeteiligung bildet ein wichtiges Thema, ebenso wie Betreuung und Vernetzung.«
Vorzugsschüler Oberösterreich
Als internationales Modell für die Energiewende sieht der grüne Landesrat Rudi Anschober sein Bundesland. Die Energiewende in Oberösterreich ist seit 2005 Landeskurs. 76 Prozent der Bevölkerung unterstützen die Wende. 10.000 Bürger arbeiten aktiv in Projektgruppen und an Energiestammtischen. 217 der insgesamt 444 Gemeinden sind an der Umsetzung beteiligt. »Wir haben uns 148 Maßnahmen unter anderem in den Bereichen Gebäudewesen, Mobilitätsmanagement und Bildung gesetzt. Alle zwei Jahre erfolgt eine externe Evaluierung über den Status. Die erste Evaluierung war sehr positiv. Nachrüsten müssen wir im Bereich Stromverbrauch. Dazu arbeiten wir an einem Landesenergieeffizienzgesetz«, berichtet Anschober. Derzeit liegt der Anteil an Erneuerbaren in Oberösterreich bei knapp über 32 Prozent. Bis 2030 soll eine 100-Prozent-Abdeckung zumindest bei Wärme und Strom erreicht werden. Einen positiven Effekt der Energiewende sieht Anschober auch in der Wertschöpfung. »Mit mehr als 41.000 nachhaltigen Arbeitsplätzen sind wir klare Nummer eins bei den Green Jobs.«
Ein ökonomisch erfolgreiches Projekt stellte Ingenieur Andreas Schneemann mit dem Projekt Sonnenkraftwerk Burgenland vor, einer Einkaufsgenossenschaft für die Errichtung von Photovoltaikanlagen in burgenländischen Gemeinden. Kübler präsentiert das Wärmekonzept H.Y.B.R.I.D., das die Rückgewinnung von bis zu 15 Prozent der Energie aus der Abwärme von Infrarotheizungen ermöglicht. HERZ Energietechnik stellt effiziente Heizungssysteme als wirkungsvollen Motor für die Energiewende vor. Es gibt viele Schritte in Richtung Energiewende. »Aber man braucht das Rad nicht neu erfinden. Es gibt zahlreiche Energieprogramme, die helfen, den Sprung zu schaffen«, informiert Heimo Bürbaumer.
>Energieautarkiecoach<
»Energieberater ist ein freies Gewerbe in Österreich. Es war uns wichtig, für unsere 6.000 Mitgliedsbetriebe eine hochqualifizierte Ausbildung zu schaffen«, betont Christian Pelzl vom Fachverband Ingenieurbüros in der WKO. Mit der Ausbildung zum Energieautarkie-Coach ist das gelungen. Lehrgänge gibt es an der Donau-Universität Krems, Informationen z.B. bei der IG Energieautarkie.