Der beispiellose Photovoltaikboom in Pakistan zeigt Chancen, aber auch Gefahren der erneuerbaren Energierevolution nicht nur für Schwellenländer.
Während in Europa mancherorts erbittert um jedes neue Windrad gefeilscht wird, stellen in Südasien erneuerbare Technologien ganze Gesellschaften auf den Kopf. Pakistan, mit 200 Millionen Einwohner*innen das fünftbevölkerungsreichste Land der Welt, hat in den letzten Jahren, oder eher Monaten, mit einem explosionsartigen Ausbau der Solarkapazität aufhorchen lassen. Dank des Imports immer billiger werdender Solartechnikkomponenten aus dem Nachbarland China erhöht sich die solar erzeugte Strommenge allein im laufenden Jahr 2024 um geschätzte 17 GW. Damit schließt das Entwicklungsland Pakistan in Sachen Solarinstallationen zu den USA, Deutschland und China auf – eine bislang international kaum bemerkte Revolution.
Der verblüffend schnelle Energieumstieg hat viele Gründe, einige davon lokalspezifisch. Der Großteil des Solarausbaus in Pakistan erfolgte nicht durch Investitionen der Industrie oder durch andere Großabnehmer, sondern privat: in Form von hunderttausenden Solarkraftwerken auf Wohnhausdächern und Brachflächen. Ein Grund für die Attraktivität der solaren Autonomie für Endverbraucher*innen liegt in der notorischen Unzuverlässigkeit der staatlichen Energieversorger, die zudem sehr teuer sind. Ein Umstieg auf Stromselbstversorgung amortisiert sich also rasch und bietet zudem Ausfalls- und Versorgungssicherheit, die sonst vielerorts zu wünschen übrig lässt.
Ein weiterer Treiber der begeisterten Solartransformation ist ironischerweise die Erderwärmung im Zug der Klimakrise. Durch zunehmend heißere Temperaturen in den Sommermonaten kam es in Pakistan in den letzten Jahren zu vermehrten Stromausfällen, genau zu Zeiten, in denen Klimatisierung zum Teil überlebenswichtig ist. Dank selbst generierter Solarenergie, die praktischerweise beim größten Kühlbedarf an heißen Sommertagen im Überfluss produziert wird, ist die Gefahr von Hitzetoden auch in weniger erschlossenen Gebieten mit wackeligen Stromnetzen gebannt.
Viel Licht, aber auch Schatten
Kein Wunder also, dass die Pakistanis die Sonnenenergierevolution begeistert begrüßen; die rapide Umstellung bringt aber auch Probleme mit sich. Weil die Nachfrage nach zentral erzeugtem Strom sinkt, geraten die klassischen, in Pakistan staatlichen Stromanbieter in Probleme. Weil sie weniger Abnehmer haben, wird für diese der Strompreis noch höher, und auch die Planungssicherheit sinkt. Expert*innen befürchten, dass aus diesen Gründen die pakistanische Regierung möglicherweise sich sogar per Gesetz gegen den weiteren privaten Photovoltaikausbau stemmen könnte.
Bis dahin wird weiter solar ausgebaut; die beispiellos billige chinesische Technologie macht es möglich. Was allerdings in Pakistan ebenso wie auf globaler Ebene fehlt, ist eine erschwingliche Batterietechnologie. Je früher diese kommt, desto besser. Erst mit diesem Lückenschluss wird den Weg in die Solartransformation vervollständigt.