Dienstag, November 19, 2024
Ende der Goldgräberstimmung
Der Photovoltaik-Boom ist nach den letzten Jahren wieder zurückgegangen. (Fotocredit: iStock)

Strom ist wieder günstiger, auch die Einspeisevergütung wurde gesenkt. Rechnet sich eine Photovoltaikanlage überhaupt noch?

Text: Angela Heissenberger

Noch vor einem Jahr befand sich die Pholtovoltaik-Branche in einem Zustand der Euphorie. Die Geschäfte liefen angesichts der hohen Energiepreise gut, der Nachholbedarf war nach den Lieferschwierigkeiten groß. Trotz der langen Wartezeiten schienen PV-Anlagen vielen Kund*innen als probates Mittel der Wahl, um der Kostenexplosion zu entkommen, obwohl mit der Nachfrage auch die Anlagenpreise kräftig gestiegen waren. Inzwischen hat sich der Photovoltaik-Boom wieder ein wenig eingebremst. Angesichts der Konjunkturflaute verschoben viele Private, aber auch Unternehmen die geplanten Investitionen in erneuerbare Energieträger. Aus dem Käufermarkt wurde wieder ein Anbietermarkt.

Eine PV-Anlage rechne sich trotzdem noch, meint Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaic Austria: »Lediglich die Zeitspanne, in der sich die Anlage amortisiert, hat sich etwas verlängert. Aktuell liegt diese – wie bereits vor 2022 – bei knapp neun Jahren. Das Tolle ist aber, dass die Anlage nach dieser Zeit mindestens weitere 15 Jahre kostenlosen Strom erzeugt. Damit rechnet sich die Anlage einfach immer.« Die Amortisation könne zudem durch die Kombination mit einem E-Auto oder einem Stromspeicher, der teure Bezugsspitzen aus dem Netz wegpuffert, noch beschleunigt werden.

Neue Berechnungsformel

Für Besitzer von PV-Anlagen ist jedoch besonders bitter, dass mit den Strompreisen auch die Einspeisetarife sanken. Die Abwicklungsstellte OeMAG setzt den Preis seit Jahresbeginn nach einer neuen Berechnungsformel fest. Im Jänner wurde ins Netz eingespeister Strom demnach mit 8,137 Cent pro Kilowattstunde (Kwh) vergütet. Dieser monatliche Day-Ahead-Stundenpreis ist ein wichtiges Kriterium für die Berechnung der Einspeisevergütung – aber nicht das einzige. Der Marktpreis, den die Regulierungsbehörde E-Control anhand von Terminkontrakten am Ende eines Quartals für das folgende Quartal ermittelt, hat weiterhin Relevanz. Er markiert die Obergrenze der Vergütung. Abhängig von den Preisen am Spotmarkt kann der OeMAG-Tarif nun auch auf 60 Prozent des von der E-Control festgelegten Marktpreises sinken.

Im ersten Quartal 2024 beträgt der Marktpreis nun 9,63 Cent. Demzufolge liegt die Vergütung für die Einspeisung in den Monaten Jänner, Februar und März zwischen 9,63 und 5,78 Cent – im Jänner waren es also 8,137 Cent. Wie viel die OeMAG tatsächlich ausbezahlen wird, steht spätestens im April fest, wenn die E-Control die Höhe der »aliquoten Ausgleichsenergieaufwendungen« auf Basis der Vorjahreswerte ermittelt hat. In den beiden letzten Jahren lagen diese Aufwendungen bei null und haben sich deshalb nicht auf den zu vergütenden Betrag ausgewirkt.


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(Foto: Dachgold)

Zahlt es sich wirklich nicht mehr aus, in Photovoltaikanlagen zu investieren, weil die Preise wieder gefallen sind? Nein!, sagt Cornelia Daniel, Gründerin von Anlagenanbieter Dachgold. Zum Kommentar: Warum der neue PV-Marktpreis besser ist als sein Ruf


Ausbau beschleunigen

Die neue Berechnungsformel war notwendig geworden, weil die OeMAG-Vergütungen zuletzt deutlich über den Spotmarkt-Preisen lagen. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine stieg der Marktpreis jedoch kurzzeitig sogar auf 51,45 Cent pro Kilowattstunde. Ein PV-Boom war die Folge – unzählige Anlagenbesitzer*innen wollten ihren Strom teuer an die staatliche Abwicklungsstelle verkaufen. Über 100.000 Betreiber hatten Ende 2023 einen Marktpreisvertrag mit der OeMAG abgeschlossen. Inzwischen stellen sich PV-Anlagen-Besitzer*innen auf niedrigere Einspeisevergütungen ein. Gemessen am Preisniveau vor dem Ukraine-Krieg sind jedoch sieben Cent ein durchaus akzeptabler Preis. Mit der Goldgräberstimmung ist es vorerst aber vorbei.

Für Unternehmen mit hohem Eigenverbrauch werden die Einspeisetarife nur eine untergeordnete Rolle spielen. »Gerade bei Betrieben gibt es ohnehin meist sehr hohen Stromverbrauch, der eine gute Eigennutzung des Sonnenstroms ermöglicht«, sagt PV-Austria-Chefin Vera Immitzer. Sie sieht andere Prioritäten, wie etwa »ein Ausmisten der Genehmigungsvorgaben«: »Wir haben in Österreich neun Bundesländer und kein Gesetz gleicht dem anderen. Warum eine PV-Anlage auf einem steierischen Gebäude anders zu genehmigen ist als eine Anlage auf einem niederösterreichischen Gebäude, ist für mich absolut unverständlich.« Das derzeit verhandelte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz sei dringend notwendig, »um einen Turbo im PV-Ausbau zu schaffen«.


Förderprogramme 2024

Der Klima- und Energiefonds stellt in den fünf Aktionsfeldern Energie, Mobilität, Industrie, Bewusstseinsbildung und Finanzierung heuer insgesamt 657 Millionen Euro zur Verfügung. Schwerpunkte sind unter anderem Photovoltaik und Stromspeicherung.

1. Photovoltaik:

  • Investitionszuschuss für die Neuerrichtung oder Erweiterung von (besonders innovativen) PV-Anlagen mit oder ohne Speicher
  • Zielgruppe: Unternehmen mit oder ohne Kooperation mit Forschungseinrichtungen und Universitäten
  • Budget: 100 Millionen Euro

2. Energiespeicher

  • Investitionen in Großspeicher (Strom, Wärme, Kälte), die über den Stand der Technik hinausgehen
  • Neuerrichtung sowie Erweiterung von bestehenden Stromspeicheranlagen bis zu einer nutzbaren Speicherkapazität von 50 kWh
  • Zielgruppe: Privatpersonen, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen
  • Budget: 85 Millionen Euro

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