Ab sofort sind die Wiener Klinik Floridsdorf und das benachbarte Rechenzentrum von Digital Realty offiziell miteinander verbunden: Über Rohre, Wasser und Pumpen werden umweltfreundlich Wärme und Kälte ausgetauscht – das ist sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich ein Gewinn.
Tief unten, im Keller der Floridsdorfer Klinik, arbeitet die neue Grätzl-Heizung bald auf Hochtouren: In einem der größten Projekte seiner Art wandeln hier drei neue Wärmepumpen Abwärme aus dem Rechenzentrum in Wärmeenergie um - die dann wiederum Patient*innenzimmer, Kantine und Operationsräume beheizt. Schon jetzt erreicht die Anlage eine Leistung von rund 6 MW, nach voller Inbetriebnahme soll sie rund 50-70 Prozent der benötigten Heizenergie der Klinik (12 - 13 MW) liefern. Die Klinik wird so unabhängiger von anderen Fernwärmequellen - und spart neben Kosten pro Jahr rund 4.000 Tonnen CO2-Emissionen ein.
Investition in ein Zukunftskonzept
Errichtet wurde die Anlage von Wien Energie, gekostet hat der eineinhalb Jahre dauernde Bau rund 3,5 Millionen Euro. Für Michael Strebl, Vorsitzenden der Geschäftsführung, eine kluge Investition in eine »Win-Win-Win-Situation«: »Wir wollen raus aus Gas. Das Projekt ist eine ideale Gelegenheit, die Serverabwärme zu nutzen. Wir »recyclen« die Energie, die im Rechenzentrum in jedem Fall anfällt, und versorgen damit die Klinik Floridsdorf.« Die zusätzlich noch benötigte Fernwärmeenergie liefert Wien Energie zwar noch aus konventionellen Quellen. Für den Energieversorger ist das Projekt dennoch ein wichtiger Schritt - die Nutzung von Abwärmequellen soll neben Tiefengeothermie und Großwärmepumpen (Report (+) PLUS berichtete) nämlich einen der grundlegenden Eckpfeiler der klimaneutralen Fernwärmeversorgung bilden.
Möglich wurde das Projekt durch die gute Zusammenarbeit von Stadt, Bund, Stadtwerken und Privatwirtschaft, betont Peter Weinelt, Generaldirektor Wiener Stadtwerke, bei der Eröffnung. »Wir gehen in Wien auch außergewöhnliche Wege, um die Energiewende zu meistern«, meint auch Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke. Ebenso begeistert zeigt sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler: »Genau mit solchen Projekten kommen wir beim Schutz des Klimas voran. Dieses Modell wird in unserem ganzen Land Schule machen.« Sowohl die Stadt Wien als auch das Bundesministerium für Klimaschutz (im Rahmen der Umweltförderung) haben das Projekt darum finanziell unterstützt.
Synergien schaffen
Die eigentliche Idee dazu aber stammte vom Wärme-Lieferanten: »Wir haben lange nach einem Partner gesucht, mit dem sich die Idee, die Wärme unseres Rechenzentrums nachhaltig zu nutzen, auch wirtschaftlich umsetzen lässt«, erklärt Martin Madlo, Managing Director von Digital Realty Österreich (ehem. InterXion). Digital Realty betreibt in Floridsdorf das größte Rechenzentrum Österreichs, das rund um die Uhr Wärme 'produziert' - und genau dafür einen Abnehmer suchte. Durch den neuen Fernwärmekreislauf mit der Klinik Floridsdorf spart Digital Realty nun außerdem rund 10 Prozent Kühlenergie ein.
Auch international steht Nachhaltigkeit bei Digital Realty oben auf der Agenda – ein Versuch, Rechenzentren trotz ihres hohen Energieverbrauchs umweltfreundlicher zu betreiben. Allein in Wien investiert Digital Realty dafür zweistellige Millionenbeträge. Denn: Auch von Kundenseite werde mittlerweile mehr Nachhaltigkeit gefordert, so Madlo. Grund dafür sei beispielsweise die neue EU-Taxonomie, die auch bei IT-Dienstleistungen nachhaltigere Beschaffungsketten verlangt. Nach der erfolgreichen Kooperation sind nun bereits weitere Projekte mit Wien Energie geplant.