Dienstag, November 19, 2024
Turbo vorm Abgrund
Solange damit Geld zu verdienen ist, werden Geschäfte auf Kosten der Umwelt geführt, kommentiert unser Autor Rainer Sigl. (Fotocredit: iStock)

Trotz Rekord-Klimakatastrophen weigern sich weltweit Politik und Industrie, den Kurs nachhaltig zu wechseln. Im Gegenteil:  Mit aller Macht wird weiter genau ins Eintreten des Klimakollapses investiert. 

Text: Rainer Sigl

Solarenergie ist die historisch billigste Stromquelle, das vermeldete die International Energy Agency schon in ihrem »World Energy Outlook 2020«. Damals rechnete die IEA mit einem unmittelbar bevorstehenden Peak der CO2-Emissionen durch Verbrennen fossiler Energieträger. Drei Jahre später sieht die Welt – leider – etwas anders aus.

Die Enttäuschungen reichen von Kleinigkeiten bis hin zu handfesten Verbrechen am Leben künftiger Generationen. Die von der IEA damals geäußerte Hoffnung auf eine durch die Pandemie verstärkte Homeoffice-Arbeitskultur, die allein Millionen Tonnen CO2 eingespart hätte, wurde etwa nicht zuletzt durch das Geltungsbedürfnis diverser Managerpsychen ausgebremst. Nicht nur verhaltensauffällige Multimilliardäre wie Elon Musk fühlen sich unwohl, wenn ihre Untergebenen von zu Hause aus arbeiten, auch und besonders für das mittlere Management seien Hybrid-Arbeitslösungen ein vor allem den eigenen Job bedrohendes Ärgernis, wie eine Gallup-Studie aus dem Jahr 2022 nahelegt.

Weit schlimmer wiegt aber die Kehrtwende, die die globale Fossilindustrie in Sachen Klimaschutz hingelegt hat: Während vor einigen Jahren zumindest halbherzige grüne Alternativen zu Öl und Gas ins Auge gefasst wurden, haben sich einige der größten Ölkonzerne der Welt, etwa ExxonMobil, Saudi Aramco, BP und Shell, inzwischen wieder dem uneingeschränkten Geschäftemachen in den Klimakollaps hinein verschrieben. Daran werden sie nicht nur nicht gehindert, sondern tatkräftig unterstützt – auch mit Steuergeld.

Steuergeld für, nicht ­gegen den Klimakollaps

Jahr für Jahr wird die Fossilbranchen laut IWF weiterhin mit Milliarden an staatlichen Subventionen gefördert. Für eine rasche Klimawende ist laut endlosen Beteuerungen nicht genug Geld vorhanden. Für die Unterstützung jener Unternehmen, die seit Jahrzehnten und auch weiterhin rasant den Kurs auf die Klimakatastrophe halten, gab und gibt es trotz Milliardengewinnen weiterhin Steuergeld als Unterstützung. 2022 laut IWF sieben Billionen Dollar, fürs Protokoll: Das sind 7.000 Milliarden oder 7,1 Prozent des globalen BIP, für, nicht gegen die weitere Erhöhung des CO2-Gehalts dieses Planeten.

Bei der kommenden Weltklimakonferenz, der COP28, ausgerechnet in den Vereinigten Arabischen Emiraten, ausgerechnet unter dem Vorsitz des dortigen Chefs des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, ist nicht damit zu rechnen, dass dieser fatale Kurs in Frage gestellt wird. Solange Geld damit zu verdienen ist, wird in dieses brennende Gebäude, in dem wir und kommende Generationen leben wollen, weiterhin Benzin hineingepumpt werden.

Dabei wären die Alternativen so naheliegend und – siehe oben – so günstig wie nie zuvor. Die Hälfte aller Haushalte in Europa, so hat eine in Joule publizierte aktuelle Studie ergeben, könnte sich schon jetzt völlig autark durch Solar­energie versorgen; bis 2050 könnte der Anteil auf 75 Prozent ansteigen, und das nur durch Solaranlagen auf Dächern. Schade, dass in solche Projekte keine Billionen an Steuergeldern investiert werden. Warum eigentlich nicht?

Meistgelesene BLOGS

Mario Buchinger
07. August 2024
Der Ruf nach Resilienz in den Lieferketten wird lauter. Nach den Erfahrungen einer weltweiten Pandemie und den immer deutlicheren Auswirkungen der Klimakrise scheint das sinnvoll. Doch was macht eine ...
Nicole Mayer
19. August 2024
Am qualityaustria Excellence Day im Juni wurde nicht nur das AMS Kärnten mit dem Staatspreis Unternehmensqualität 2024 ausgezeichnet, sondern auch drei weitere exzellente Unternehmen zum Staatspreis n...
Marlene Buchinger
09. August 2024
CSRD, ESRS, CBAM – Nachhaltigkeitsbegriffe schnell erklärt. Nachhaltigkeit wird immer mehr Teil der Führungsarbeit. Daher lohnt ein Blick auf die wichtigsten Begriffe. Wie in jeder Fachdisziplin gibt ...
Firmen | News
24. September 2024
Konkrete Lösungen und relevante Technologien für eine klimaneutrale Industrie stehen im Mittelpunkt der dritten internationalen Konferenz am 24./25. Oktober in Wien Am 24. und 25. Oktober 2024 veranst...
Firmen | News
20. September 2024
Gemeinsam die Welle der Vorschriften meistern: Navigieren im Cybersecurity-Meer Donnerstag, 10. Oktober 2024, 09:00 Uhr bis 17:15 Uhr Austria Trend Hotel Savoyen WienRennweg 16, 1030 Wien Neue Regulie...
Marlene Buchinger
07. August 2024
Schulungsangebote und ESG-Tools schießen wie Pilze aus dem Boden. Doch anstelle das Rad neu zu erfinden, sollten bestehende Strukturen neu gedacht werden. Die Anforderungen an Unternehmen punkto Verbe...
Marlene Buchinger
07. August 2024
Was bedeutet Nachhaltigkeit und warum ist das Thema so wichtig? Der Begriff Nachhaltigkeit und die damit verbundenen Veränderungen werfen bei vielen Führungskräften noch Fragen auf. Aus diesem Grund e...
Marlene Buchinger
11. September 2024
Prozessverständnis und Bestandsaufnahme der Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit ist wie das Thema Qualität – jede*r trägt dazu bei und die Betrachtung endet nicht am Werkstor oder der Bürotür. Daher sind Pr...

Log in or Sign up