Eine aktuelle Branchenbefragung zeigt, wohin sich die österreichischen Produktion entwickelt. Die bei weitem meisten Herausforderungen stellen sich im Technologiebereich. Immerhin sorgt die Digitalisierung laut Studie aber auch dafür, dass zuvor ausgelagerte Wertschöpfung wieder zurück nach Österreich kehrt.
Die Betriebe der österreichischen Sachgüterzeugung haben in den letzten Jahren sowohl in moderne Produktionstechnologien als auch in die Entwicklung neuer Produkte kontinuierlich investiert. Die Qualität österreichischer Produkte ist ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor am Weltmarkt. KI-Lösungen und kollaborative Roboter sind Zukunftstechnologien, die fast ein Viertel der Betriebe in den nächsten Jahren nutzen wollen. Aber auch in der Sachgütererzeugung bleibt der Mangel an qualifiziertem Personal ein Problem. Das sind die Ergebnisse der vom AIT Austrian Institute of Technology geleiteten diesjährigen »European Manufacturing Survey«.
Integration der Lieferketten
Die österreichische Sachgütererzeugung weist mittlerweile einen hohen Anteil von digitalen Produktionstechnologien auf. »Ein weiterer Anstieg ist in den nächsten Jahren insbesondere bei der Automatisierung der internen Logistik, echtzeitnahen Produktionsleitsystemen und dem digitalen Austausch von Dispositionsdaten zu erwarten. Dieser Einsatz von Produktionstechnologien erfordert auch laufende Investitionen«, sagt Karl-Heinz Leitner, Projektleiter am AIT Center for Innovation Systems & Policy. Neben der herausragenden Bedeutung der Qualität der angebotenen Produkte hat auch fast die Hälfte der Produktionsbetriebe seit 2018 Produkte auf den Markt gebracht, die für den Betrieb neu waren oder wesentliche technische Verbesserungen enthielten. Bei etwa 12 % dieser Betriebe basierte die Produktinnovation auf einer digitalen Produkterweiterung oder wesentlichen Verbesserung bestehender Produktelemente.
Produktionsverlagerung verliert an Bedeutung
Die steigende Digitalisierung geht dabei einher mit einem rückläufigen Anteil der Betriebe mit Produktionsverlagerung ins Ausland sowie zunehmender Produktionsrückverlagerung zurück nach Österreich. Der Saldo der Betriebe mit Verlagerung und Rückverlagerung ist dabei mittlerweile fast ausgeglichen. Betriebe, die aktuell ihre Produktion verlagern, bevorzugen dabei Standorte in geografischer Nähe zu Österreich.
Zukunft liegt in KI und Robotern
2018 waren es in der Studie noch 3 % – aktuell setzen rund 8 % der Betriebe künstliche Intelligenz bereits in zumindest einem Produktionsbereich wie der Steuerung der Produktionsprozesse, zur Qualitätskontrolle, zur Instandhaltung von Maschinen und Anlagen, zur Steuerung der internen Logistik, zum Energiemanagement oder zur Verbesserung von Produktionsprozessen ein. »Dabei setzen rund 4 % der Betriebe KI bereits in mehreren dieser Bereiche parallel ein. Weitere 17 % der Betriebe planen den erstmaligen Einsatz in zumindest einem Bereich bis 2025. Die Steuerung der Produktionsprozesse zeigt sich dabei als wichtigster Einsatzbereich für KI in der Produktion«, so AIT-Wissenschaftler Georg Zahradnik.
41% der Betriebe setzen bereits Industrieroboter für Fertigungs- oder Handhabungsprozesse ein. Ein weiterer starker Anstieg beim Einsatz aller Formen der Robotik ist dabei bis 2025 zu erwarten. Insbesondere der Einsatz moderner Formen der Robotik steigt dabei stark. Der Einsatz von Cobots respektive mobilen Robotern wird sich bis 2025 mehr als verdoppeln. Der erstmalige Einsatz von Cobots ist dabei auch häufig bei Betrieben geplant, die bisher keine Erfahrung mit Industrierobotern aufweisen können.
Lösungen und Plattformen
Zur Umsetzung der angebotenen Geschäftsmodelle ist die Nutzung von digitalen Lösungen von zunehmender Bedeutung. Rund die Hälfte setzt dabei zumindest digitale Standardlösungen (etwa Smartphones oder Tablets, Webangebote und Onlinezugänge für Kunden) ein, aber auch automatisierte Prozesse an der Kundenschnittstelle (zum Beispiel automatisierte Datenspeicherung) werden bereits von jedem fünften Betrieb genutzt. Auch Steuerungselemente für digitale Fernzugriffe beim Kunden, Cloud-Lösungen und Internet-of-Things-Anwendungen für den Kunden sowie Datenanalysen von Maschinen-, Telemetrie- und Nutzungsdaten des Kunden werden zunehmend eingesetzt.
Personalmangel und Weiterbildung
Über alle Branchen der Produktion hinweg ist der Mangel an qualifiziertem Personal weit verbreitet. Die Fertigung und Montage sind von diesem Mangel am stärksten betroffen, aber auch IT- und F&E-Personal werden überproportional oft gesucht. In Bezug auf die Qualifikation sind dabei mittlere Qualifikationsniveaus – Facharbeiter*innen mit Lehrabschluss oder Fachschule – am stärksten gesucht. Geographisch ist der Personalmangel in Westösterreich besonders stark ausgeprägt. Über 80 % der Betriebe setzen bereits betriebliche Weiterbildung ein, wobei nahezu alle dieser Betriebe den Fokus auf die jeweilige Tätigkeit anbieten.
Über die Studie
Der European Manufacturing Survey (EMS) wird seit 2001 von einem Konsortium aus Forschungsinstituten und Universitäten aus aktuell 19 europäischen Ländern organisiert. Der EMS erfasst dabei die Nutzung technischer und organisatorischer Innovationen und die damit erzielten Verbesserungen der Leistungsfähigkeit in der Produktion. Der EMS befragt dafür die Produktionsleitung von Betrieben der Sachgütererzeugung ab 20 Mitarbeiter*innen. Mit 248 Teilnehmer*innen bei der Befragung 2022 können repräsentative Aussagen über die österreichische Sachgütererzeugung getroffen werden.