Die Energieunternehmen setzen bei der Kommunikation mit ihren Kunden zunehmend auf hochentwickelte digitale Werkzeuge. Das bewährt sich gerade in der derzeitigen Situation.
Anfang Juli vergangenen Jahres ging die neue Website der EVN samt dem neuen Kundenportal online, berichtet Ralph Kruta, der den Onlinevertrieb des Unternehmens leitet. Ihm zufolge ist das Portal auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet, was sich auch im Erscheinungsbild zeigt. Statt zur Präsentation von Strom, Gas, Wasser und Wärme führt die Startseite zu konkreten Services für die Kunden. Die Seite ist vor allem auf die Nutzung mit mobilen Endgeräten optimiert und passt sich in ihrer Auflösung an das jeweilige Display an.
Eine der wichtigsten Neuerungen ist der »digitale Assistent«, berichtet Kruta: »Damit führen wir die Kunden bei den Prozessen schrittweise durch die Eingaben.« An die Stelle unübersichtlicher Formulare mit unzähligen Zeilen ist ein Dialog mit dem digitalen Assistenten getreten, dem die Kunden Antworten geben. Laut Kruta ist der Assistent kein Chatbot. Auch verzichtet die EVN hier bewusst auf die viel diskutierte »künstliche Intelligenz«: »Gemeinsam mit Kunden haben wir uns überlegt, wie wir die Fragen stellen müssen, welche Antworten die Kunden zur Auswahl haben und wie wir sie bestmöglich durch die Eingabemöglichkeiten führen können.«
Dies erfolgt bei sämtlichen Schlüsselprozessen, etwa beim Tarifwechsel. Wer diesen Button wählt, wird zunächst gefragt, ob er bereits Kunde der EVN ist. Bejaht er, kommt er automatisch zum Login-Bereich, wo er seine Einstellungen bezüglich Produkten und Dienstleistungen samt Tarifen mithilfe des Assistenten ändern kann. Verneint er, beginnt der »Kunde werden«-Prozess, wo in weiterer Folge die Wahl der gewünschten Services erfolgt. Bei den einzelnen Produkten und Dienstleistungen sind Informationen zu den Details verfügbar, also etwa Grund- und Energieverbrauchspreis, Rabatte und Preisgarantien.
Vor Abschluss des Prozesses sieht der Kunde nochmals die aktuelle Übersicht über die gewählten Leistungen. Markierungen mit einem Bleistift-Symbol zeigen, wo noch Änderungen möglich sind. Klickt der Kunde schließlich auf »Zahlungspflichtig bestellen«, werden die Änderungen sowohl in das CRM- als auch in das Verrechnungssystem der EVN übernommen. Der Tarifwechsel erfolgt dann automatisch ohne weitere Eingriffe. Handelt es sich um einen Standardfall, der keine manuellen Klärungen erfordert, ist dies laut Kruta innerhalb einiger Minuten erledigt. Ist der Wechsel aufgrund einer vertraglichen Bindung nicht möglich, wird dem Kunden bereits bei der Tarifübersicht mitgeteilt, wie lange die Bindung noch gilt und ab wann der Wechsel zulässig ist. Geboten wird den Kunden ferner eine Übersicht über den abgerechneten Verbrauch, inklusive Balkendiagramm. Speist jemand Strom aus einer Photovoltaik ein, ist auch dies ersichtlich.
Volle Transparenz: Der digitale Assistent der EVN hilft den Kunden, sich bei Förderungen und Tarifen zurechtzufinden. (Bild: EVN)
»Besonders stolz« ist die EVN laut Kruta auf den Punkt »Förderungen«. Dort wird dem Kunden gezeigt, welche Unterstützungen seitens der öffentlichen Hand sowie der EVN selbst verfügbar sind und welche er in Anspruch nimmt. Zurzeit nutzt rund ein Drittel der Haushaltskunden der EVN das neue Portal – ein Anteil, den die EVN mit dem vorigen Portal erst nach etwa zehn Jahren erreicht hatte. Etwa alle zwei Wochen schaltet die EVN neue Funktionen frei. Bis Jahresende soll das neue Portal auch Business- und Gemeindekunden zur Verfügung stehen. »Natürlich ist uns bewusst: Der digitale Kanal allein ist nicht das Einzige. Aber damit sowie mit den Service- und Callcentern sind wir insgesamt sehr gut aufgestellt«, resümiert Kruta.
Sonne ins Netz – mit digitaler Power
Im Sommer vergangenen Jahres sah sich die Netz Oberösterreich veranlasst, ihr Online-Kundenportal zu erweitern und einen Info-Bereich für Anfragen rund um den Anschluss von Photovoltaikanlagen zu etablieren. Der Grund: Nach der russischen Invasion in der Ukraine war die Zahl dieser Anfragen auf deutlich über 1.000 pro Woche in die Höhe geschnellt. Somit konnten Anfragen nicht mehr wie üblich, meist binnen acht bis zehn Werktagen beantwortet werden. Stattdessen mussten die Kunden mit acht bis zehn Wochen und teils sogar noch länger rechnen. Die Servicecenter und Hotlines waren teils vollkommen überlastet.
»Plötzlich war die Notwendigkeit gegeben, den Status der Bearbeitung einer PV-Anlage für Elektriker und vor allem für Kunden darzustellen, was es vorher so nicht gegeben hat: Der Prozess war ursprünglich so angelegt, dass der Elektriker alle administrativen Aufgaben mit dem Netzbetreiber für den Kunden abwickelte. Eine Auskunft für den Kunden war nicht notwendig und deshalb auch nicht vorgesehen«, erklärt Wolfgang Denk, Pressesprecher der Netz Oberösterreich. Die Reaktion erfolgte zügig: Im Juni fiel die Entscheidung, das Portal entsprechend zu erweitern. Einen Monat später lag das Umsetzungskonzept vor. Und seit Ende August vergangenen Jahres ist die Erweiterung nach einer kurzen Testphase für sämtliche Kunden der Netz Oberösterreich verfügbar.
Solare Digitalisierung: Die Netz Oberösterreich erweiterte ihr Kundenportal um einen Infobereich für Anfragen rund um den Anschluss von Photovoltaikanlagen. (Bild: Energie AG Oberösterreich)
Die größte Herausforderung war laut Denk, den Ablauf der Bearbeitung eines Anschluss-Antrags »aus einer Prozesslogik in eine dem Kunden verständliche Form zu bringen. Oberste Priorität hatte, jedem Kunden zu erklären, was gerade passiert und die Frage, wie lange es noch dauert, zu beantworten. Unter allen Umständen sollte vermieden werden, dass Kunden sich online informieren und dann noch weitere Informationen von einem Mitarbeitenden benötigen, weil in der Onlinedarstellung Fragen offen geblieben sind«. So entschied sich die Netz Oberösterreich für eine Darstellung ähnlich jener der bekannten »Sendungstracker« von Paketdiensten: »Die wichtigsten Prozessschritte werden hier dargestellt und nach Erledigung virtuell abgehakt.« Bewusst verzichtet wird auf die Bekanntgabe von Terminen, um allfällige weitere Rückfragen zu vermeiden.
Neu etabliert wurde auch das graphische Netzanschluss-Tool »Netto«, das als Planungswerkzeug für zwei Anwendungsbereiche zur Verfügung steht: Die eine Anwendung ist die Planung von Großanlagen ab etwa 100 kW Leistung. Interessenten erhalten nach kostenloser Registrierung druckbare Informationen, ob im nächsten Umspannwerk die benötigte Kapazität zur Verfügung steht. Die zweite Anwendung betrifft die Planung von Energiegemeinschaften (EEG). Hier zeigt das Onlinewerkzeug, welche Kundenanlagen zu welchen Trafostationen gehören, was für lokale EEG wesentlich ist. Überdies ist ersichtlich, welche Trafos an welches Umspannwerk angeschlossen sind. Dies wiederum ist für regionale EEGs bedeutsam.
Geplant ist, das Portal laufend zu erweitern und zu verbessern. Seit Anfang März ist eine »PV-Ampel« online: Sie zeigt mittels Ampelfarbe den Auslastungsgrad des Ortsnetzes, erläutert Denk: »Jeder Kunde weiß dann ohne Anfrage beim Netzbetreiber, ob er mit Einschränkungen beim Netzzugang und somit bei der Einspeisung von Photovoltaikstrom in das Stromnetz rechnen muss.«
(Titelbild: iStock)