Mittwoch, November 20, 2024



Sicherheitsakteure trainierten im November den Ernstfall im Rahmen eines Blackout-Szenarios in einer digitalen Simulationsumgebung. Fazit: Die Energieversorger sind gut vorbereitet, in Bereichen wie Mobilität und Zahlungsverkehr sind weitreichende Störungen zu erwarten.


Am 28. und 29. November 2022 veranstaltete das Kompetenzzentrum Sicheres Österreich (KSÖ) gemeinsam mit dem AIT Austrian Institute of Technology und der Industriellenvereinigung ein Blackout-Planspiel. Erprobt wurden die ersten Tage nach einem flächendeckenden und über längere Zeit andauerndern Stromausfall sowie die unterschiedlichen Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft.

Das dargestellte Übungsszenario bestand aus einer De-Synchronisierung und Spaltung des europäischen Stromnetzes durch einen technischen Zwischenfall in der Energieinfrastruktur. Durch die dadurch ausgelösten Kaskadeneffekte kam es in Folge zu einem flächendeckenden Stromausfall in Österreich. Daraus resultierend, formierten sich die Krisenstäbe der unterschiedlichen teilnehmenden Unternehmen und Organisationen.

Das Planspiel wurde in zwei Phasen aufbereitet. Im ersten Teil konnten die Teilnehmer:innen die Prozesse zu Beginn der Krisensituation erproben (kurzfristige Planung für die ersten vier Stunden). Im zweiten Teil des Planspiels ging es um die Vorbereitungs- und Planungsaktivitäten hinsichtlich einer länger andauernden Krise (langfristige Planung bis Stunde 96).

Um die durch den Stromausfall eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Teilnehmer:innen zu simulieren, wurden die einzelnen Spielergruppen ab Ausfall der Kommunikationsinfrastruktur mit Walkie-Talkies ausgestattet (Punkt-zu-Punkt-Kommunikation). Für die Sichtbarmachung der durch den Stromausfall verursachten Kaskadeneffekte wurde eine der modernsten IT-Simulationsplattformen des AIT Austrian Institute of Technology, die AIT Cyber Range, eingesetzt. Auf dieser AIT Cyber Range wurden die österreichweit betroffenen Netze und Abhängigkeiten der kritischen Infrastrukturen sichtbar gemacht, die im Vorfeld der Übung mit wichtigen Stakeholdern wie z.B. Energieversorgern modelliert wurden.

Vorrangiges Ziel des Planspiels war es, den beteiligten Unternehmen zu ermöglichen, das interne Notfall-Management sowie die Kommunikation und die Zusammenarbeit anhand verschiedener Kommunikationsprozesse zu testen. Des Weiteren konnten die teilnehmenden Organisationen die Kommunikationswege innerhalb und außerhalb der Sektoren erproben.

Ergebnisse und Erkenntnisse

Die Auswertungen der einzelnen Sektoren wurden in einem Debriefing-Workshop am 7. Dezember 2022 im AITvorgestellt. Spielleiter Stefan Schauer, AIT, präsentierte die Ergebnisse des Blackout-Planspiels. Die Ergebnisse zeigten, dass der Energie-Sektor bereits nach einer halben Stunde mit dem Wiederanlauf starten konnte. Herausfordernd zeigten sich dabei die alternativen, dezentralen Energiequellen wie Wind und Photovoltaik, welche zu unregelmäßigen und unplanbaren Zeiten ins Netz einspeisen. Durch den fehlenden Strom ortete vor allem der Mobilitätssektor ein großes Problem im städtischen Bereich, denn ein Ausfall sämtlicher Ampeln verursacht Einschränkungen und Staus im Individualverkehr.

Im Behörden-Sektor ist das Schlüsselpersonal bereits identifiziert, welches über die Aktivitäten und Aufgaben im Falle eines Blackouts Bescheid wissen muss. Dieses Schlüsselpersonal wird im Krisenfall ebenfalls innerhalb der ersten 20 bis 30 Minuten alarmiert. Durch die im Planspiel identifizierten voraussichtlichen Probleme mit dem Individualverkehr wird künftig zusätzlich darauf geachtet, welche relevanten Schlüsselpersonen bereits vor Ort sind, welche Personen nachkommen müssen und für welche Personen ein Transport organisiert werden muss. Wie auch in den anderen Sektoren wird diese Koordinierung spätestens nach 30 Minuten durch fehlende Kommunikationsmittel weiter erschwert. Die Infrastrukturen und Mitarbeiter:innen des Kommunikationssektors müssen daher so gut wie möglich auf ein Blackout vorbereitet werden, weil ihr Fokus auf der Aufrechterhaltung jener Kernkomponenten liegt, welche für die Kommunikationsnetzwerke essenziell sind und ein Wiederanlaufen schneller ermöglichen.

Im Sektor Gesundheit zeigte sich, dass die beteiligten Organisationen mit ihren Maßnahmen gut auf ein Blackout vorbereitet sind. Durch einen Inselbetrieb mit Hilfe von Notstromaggregaten können Krankenhäuser laufende Operationen abschließen und Intensivstationen weiter betreuen. Der Sektor der Gesellschaft weist aber auf das Problem der häuslichen und mobilen Pflege hin, denn durch fehlende Treibstoffversorgung und Kommunikationsmöglichkeiten können mobile Pflegekräfte Patienten nicht mehr oder nur mehr schwer erreichen.

Im Sektor der Finanzen sind die Maßnahmen in der ersten Phase des Planspiels sehr geradlinig und klar umrissen. Durch kontrolliertes Herunterfahren der Systeme sowohl in den Filialen als auch in den Zentralen werden die meisten Tätigkeiten stillgelegt und für das Wiederhochfahren vorbereitet. Durch die stillgelegten Systeme gibt es bis zum Wiederhochfahren allerdings keine Möglichkeit, Bargeld abzuheben beziehungsweise mit Bankomatkarte oder Kreditkarte zu zahlen. Diese Problematik wirkt sich wiederum auf den Lebensmittel- und Logistik-Sektor aus: Um die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, bieten Lebensmittelhändler ab dem zweiten Tag fertige Lebensmittelpakete an, welche wiederum mit Bargeld bezahlt werden müssen.

Mit rund 150 Teilnehmer:innen, bestehend aus ca. 80 Spieler:innen und etwa 40 Beobachter:innen sowie 30 Mitarbeiter:innen, erreichte das Blackout-Planspiel einen neuen Teilnahmerekord.

Bild: iStock

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