Zum Jahresbeginn wirft Energiemanager Eaton einen Blick auf die Trends des kommenden Jahres. Nicht überraschend: Das Thema Energie - und Energieknappheit - wird wohl besonders im Mittelpunkt stehen.
Die Energieknappheit, die in Europa mit der anziehenden Nachfrage nach der Covid-Krise entstand, wurde durch den Krieg in der Ukraine noch verschärft und führte zu einer nie dagewesenen Angebotsverknappung. Der Gebäudesektor in Europa hat heuer viel zu beachten, wenn es darum geht, im Spannungsfeld zwischen Energieknappheit und Energiewende zu agieren - so lautet die Prognose. Michaela Sadleder, Geschäftsführerin und Country Sales Managerin von Eaton in Österreich, erklärt, welche fünf Trends die Branche 2023 besonders beschäftigen werden:
1. Verbessertes Energiemanagement
Alle europäischen Regierungen ergreifen Maßnahmen, um den Energiebedarf zu senken. Der unabhängige Think-Tank Bruegel hat eine länderspezifische Übersicht über die verschiedenen Maßnahmen erstellt, die die Vielfalt der Ansätze zeigt (bruegel.org). Für Gebäudeeigentümer*innen ist jedoch klar, dass sie zukünftig sorgfältiger mit Energie umgehen müssen. Der strategische Einsatz von Energiespeichersystemen wird für viele eine bevorzugte Option sein. So können Unternehmen oder Hausbesitzer*innen Strom aus dem Netz in den Schwachlastzeiten sowie aus erneuerbaren Quellen erzeugte Energie speichern, um sie später selbst zu nutzen. Diese sich bereits abzeichnende Veränderung der Energienutzungsmuster wurde durch die Energiekrise und die damit verbundenen hohen Preise noch beschleunigt. Im Jahr 2023 ist also mit einer verstärkten Nachfrage nach Energiespeichern zu rechnen.
2. Regulatorische Fristen
Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs werden durch gesetzliche Fristen vorangetrieben, und die Bemühungen um die Einhaltung von Fristen werden sich 2023 verstärken. Die EU-Länder wurden mit der Umsetzung des Fit-for-55-Gesetzespakets beauftragt, das die gesamte Wirtschaft bis 2030 zu einer 55-prozentigen Verringerung der Netto-Treibhausgasemissionen anspornen soll. Einige Anforderungen wurden 2022 zur Unterstützung der REPowerEU-Initiative nach oben korrigiert. REPowerEU wird die Fortschritte Europas auf dem Weg zur Energiesicherheit beschleunigen, unter anderem durch eine verstärkte dezentrale Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen.
3. Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien
Für viele Gebäudeeigentümer*innen ist oft nicht sofort ersichtlich, wie Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge die Energieeffizienz eines Gebäudes steigern kann – doch genau dies ist dank der Sektorkopplung der Fall. Dabei geht es darum, Energieerzeugung enger mit dem Energieverbrauch zu verknüpfen, erneuerbare Energien effizienter zu nutzen sowie verschiedene Sektoren (Verkehr, Gebäude, Industrie) besser zu verzahnen. Durch neuartige Ansätze wie Buildings as a Grid werden Gebäude damit von reinen Verbrauchern zu Energiezentren. Laut Sadleder ist zu erwarten, dass im kommenden Jahr dieser Ansatz zunehmend verfolgt wird, auch, da das Verbrenner-Aus näher rückt. Die Rufe nach der Zulassung des bidirektionalen Ladens in den nationalen Stromnetzen könne in Zuge dessen lauter werden; da Besitzer*innen von Ladestationen erkennen, wie sie durch den Verkauf von Energie an das Stromnetz Geld verdienen können. In anderen europäischen Ländern wie Norwegen ist dieses Konzept bereits verbreitet.
4. Renovierung und Nachrüstung
Im Jahr 2023 wird ein Schwerpunkt auf der Renovierung von Gebäuden liegen - Ziel ist, die Auswirkungen der hohen Energiepreise durch nachträgliche Dämmung und Erzeugungsanlagen wie Solarpanelen abzumildern. Ein zusätzlicher Anreiz zur Nachrüstung ergibt sich aus nationalen Vorschriften, die sich aus Regierungsinitiativen wie der überarbeiteten EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) ergeben. Die EPBD sieht unter anderem vor, dass die Länder Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge in neuen und renovierten Gebäuden vorschreiben, um die Verkehrswende zu beschleunigen. Die Renovierung spielt bei der Energiewende eine entscheidende Rolle, denn etwa 35 Prozent der Gebäude in der EU sind über 50 Jahre alt, fast 75 Prozent des Gebäudebestands gelten als energieineffizient, und nur etwa ein Prozent des Gebäudebestands wird jedes Jahr renoviert.
5. Junge Menschen für grüne Technik begeistern
Die Umsetzung von Strategien zur Ablösung fossiler Brennstoffe durch einen neuen, sauberen Energiemix erfordert viel Infrastrukturarbeit und Fachkräfte, die sie ausführen. Die Automatisierung und die Einführung effizienterer Arbeitsprozesse können zwar dazu beitragen, dass weniger qualifizierte Menschen mehr leisten können. Dennoch wird es auch weiterhin eine Priorität bleiben, neue Talente für technische Berufe zu begeistern. Unternehmen sollten aus diesem Grund verstärkt in die Ausbildung investieren.
(Titelbild: Eaton)