Die österreichischen Verteilernetzbetreiber machen ihre Infrastrukturen zunehmend smarter. An der netzdienlichen Verwendung hilfreicher Daten hindern indessen rechtliche und regulatorische Vorgaben.
Der Roll-out der digitalen Stromzähler (Smart Meter) samt der zugehörigen Infrastruktur für die Datenkommunikation ist in vollem Gang. Und das Ziel, bis Ende 2024 mindestens 95 Prozent der Zählpunkte bei den (Klein-)Kund*innen mit diesen Geräten auszustatten, dürfte nach allgemeiner Einschätzung wohl erreicht werden. Grundsätzlich stehen den Verteilernetzbetreibern (DSOs) damit wesentlich umfangreichere Daten über die aktuelle Situation im Netz zur Verfügung als zuvor.
Dennoch ist keineswegs alles eitel Wonne: Aufgrund der derzeitigen Rechtslage können die Verteilernetzbetreiber die Smart-Meter-Daten nur in sehr eingeschränktem Umfang für das Netzmanagement nutzen, erläutert Andreas Abart, der Betriebsleiter des Stromnetzes der Netz Oberösterreich. Die Verbrauchsdatenhaben sie ausschließlich für Abrechnungszwecke zu nutzen, es sei denn, der jeweilige Kunde wünscht eine Verarbeitung der im Zähler gemessenen 15-Minuten-Werte und lässt auch weitere Verwendungen zu. Immerhin liefert der bei Netz Oberösterreich aktuell verwendete Zähler unabhängig von den Verbrauchsdaten Spannungswerte. Man kann damit erkennen, wie hoch die Spannung in ihrem Netz tatsächlich ist, konstatiert Abart: »Das hilft uns vor allem bei der drängenden Situation mit der dezentralen Erzeugung.« Wie drängend diese ist, machte die Netz Oberösterreich bereits im heurigen Jahr klar: 2022 verzeichnete sie dreimal mehr Anfragen auf Anschluss einer Photovoltaikanlage als im Vorjahr und mehr Anfragen als in den vorangegangenen fünf Jahren zusammen.
Falsch ist laut Abart die bisweilen zu hörende Feststellung, die Netzbetreiber würden die Smart-Meter-Daten für das Netzmanagement gar nicht benötigen, weil sie ohnehin über die Daten aus den Trafostationen verfügen, was für das Netzmanagement ausreichend sei: »Diese flächendeckende Stationsmonitoring ist erst in Aufbau.« Ferner sind die Summenwerte in den Trafostationen für den Zustand des an der Station angeschlossenen Netzes nicht wirklich aussagekräftig, warnt Abart: »Wir können zwar sagen, dem Trafo geht es gut und vielleicht haben wir dort auch noch Reserven. Aber was in den Abzweigen des Trafos passiert, kann man auf Basis der dort ablesbaren Daten nicht definitiv feststellen.« Daher wäre es für das Netzmanagement hilfreich, wenn die DSOs im Bedarfsfall ohne großen rechtlichen Aufwand auf die individuellen Smart-Meter-Daten für Planung und Betrieb zugreifen könnten.
Das würde überdies ermöglichen, die Planung der Ortsnetze auf die tatsächlichen Lastprofile abzustellen. Weiters würde es die Integration der im Anrollen befindlichen Vielzahl von Ökostromanlagen deutlich erleichtern. Volkswirtschaftlich wünschenswert wäre laut Abart auch, die Spitzenleistungseinspeisung derartiger Anlagen einschränken zu können und somit mehr Luft beim Ausbau der Netze zu bekommen. Denn Erfahrungswerte würden zeigen, dass zum Beispiel eine Spitzenleistungsreduktion um 30 Prozent beim Anlagenbetreiber lediglich eine Ertragsreduktion von maximal sechs Prozent verursachen würde. Wenn der Betreiber in der Lage sei, den Strom, der dann nicht ins Netz eingespeist werden kann, selbst zu nutzen, entgehe ihm nichts: »Mit der Ausrichtung auf Eigenverbrauch, vielleicht auch mit einem Batteriespeicher, sollte das für Dachanlagen auf Wohnhäusern oder Bürogebäuden kein Problem sein.«
Weiterhin notwendig ist zur Bewältigung der Energiewende aber auch die »konventionelle« Verstärkung der Netze, ergänzt Abart. Dazu gehört nicht zuletzt auch der Bau zusätzlicher Umspannwerke und zusätzlicher Trafostationen. Je mehr derartige Anlagen vorhanden sind, desto kleiner werden die örtlichen Mittelspannungsnetze: »Damit wird das Netz in Summe leistungsstärker.«
Datenaffine Netzbetreiber
Ähnlich argumentiert Florian Kohl, Leiter der Abteilung Information und Netzdigitalisierung bei den Wiener Netzen. Auch er verweist auf die Rechtslage, die es nicht erlaubt, Verbrauchsdaten aus Smart Metern für das Netzmanagement und die Netzplanung zu nutzen: »Gerade in der Netzplanung sind wir wie alle Netzbetreiber sehr datenaffin. Denn was wir nicht messen können, können wir nicht steuern.« Deshalb behelfen sich die Wiener Netze mit geeichten Messgeräten, die grundsätzlich in der Lage sind, Verbrauchswerte sekundengenau zu erfassen. Die Smart Meter selbst sind bei der Ablesung des Verbrauchs für Verrechnungszwecke von Nutzen, ebenso aber für Abschaltungen und Wiedereinschaltungen der Stromversorgung, etwa bei Wohnungswechseln von Kunden. Den Kund*innen wiederum können die Geräte dazu dienen, ihren Strombedarf transparenter zu machen und auf dieser Grundlage allenfalls Maßnahmen für seine Reduktion zu setzen – in Zeiten stark gestiegener Großhandelspreise für Strom eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit.
Bitte erleichtern: Die netzdienliche Nutzung von Smart-Meter-Daten wäre für die Energiewende hilfreich. (Bild: Netz Oberösterreich)
DSOs wie die Wiener Netze können die für das Smart Metering aufgebaute Kommunikationsinfrastruktur nutzen, um auch andere Daten zu übertragen – etwa solche von Messungen in Trafostationen. Laut Kohl geht dies in die Richtung der Schaffung dessen, was gemeinhin als »Smart Grid« bezeichnet wird: »Für uns geht es primär darum, mit dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien die Beobachtbarkeit und Steuerbarkeit unseres Netzes zu erhöhen.« So lasse sich die Infrastruktur deutlich effizienter nutzen als zuvor: »Und genau das ist der Punkt.« Denn eine effizientere Nutzung von Betriebsmitteln erhöht deren Lebensdauer und erleichtere die Wartung sowie die Instandhaltung der Anlagen. Ferner ermöglicht der Einsatz digitaler Kommunikationstechnologien die raschere Behebung allfälliger Störungen.
Unter anderem ertüchtigen die Wiener Netze strategisch ausgewählte Trafostationen mit Fernwirktechnik. Kommt es im Mittelspannungsbereich zu einer Versorgungsunterbrechung, kann mit gezielten Schaltungen das Störereignis auf ein Minimum eingegrenzt werden. In der Folge kann die Leitwarte die elektrische Energie umleiten, um die betroffenen Kund*innen rasch wieder zu versorgen. Gleichzeitig macht sich ein Störungsteam auf den Weg, um den Fehler in der jeweiligen Anlage zu beheben.
Wegen dieser Vorteile für das Netzmanagement verbauen die Wiener Netze bei Anlagenerneuerungen, wenn dies wirtschaftlich darstellbar ist, Komponenten, die mit Fernwirktechnik ausgestattet sind. Dies gilt auch dann, wenn die Fernwirktechnik zum Zeitpunkt der Investition noch nicht genutzt wird, erläutert Kohl: »Innerhalb der kommenden Jahre werden wir diese Technik brauchen. Und dann können wir sie mit sehr geringem Aufwand aktivieren.« Unterdessen schreitet die Ertüchtigung und Erweiterung der Infrastrukturen der Wiener Netze auch jenseits digitaler Technologien voran: Erst kürzlich ging eine rund 13,5 Kilometer lange 380-kV-Höchstpannungstrasse in Betrieb – die erste derartige Anlage Österreichs. Auch das hilft, die Stromversorgung Wiens für die kommenden Herausforderungen abzusichern.
ElWOG-Anpassungen nötig
Die Netz Burgenland hat hinsichtlich der Smart Meter mittlerweile einen Roll-out-Grad von rund 98,7 Prozent erreicht und damit das Ziel für Ende 2024, nämlich 95 Prozent Ausrollungsgrad, übertroffen. Für die Kund*innen sieht sie mehrere Vorteile: Diese können über ein Portal täglich ihren Verbrauch einsehen und in der Folge Maßnahmen zur Verbrauchsminderung setzen. Die Ablesung der Zähler für die Verrechnung kann ohne »Hausbesuche« erfolgen. Überdies ist es möglich, die Kundenanlage im Bedarfsfall zu deaktivieren und wieder zu aktivieren, etwa bei einem Wohnungswechsel. Darüber hinaus können de facto alle Kund*innen im Versorgungsgebiet an Energiegemeinschaften teilnehmen oder neue zeitvariable Tarife nutzen.
Ertüchtigung nötig: Leistungsfähige Netze sind die Basis für eine erfolgreiche Energiewende. (Bild: Netz Oberösterreich)
Für das Netzmanagement wiederum sind die Smart Meter für die Überwachung der Spannungsqualität hilfreich, heißt es seitens der Netz Burgenland: »Falls es am Smart Meter zu einer Verletzung der zulässigen Spannung kommt, wird dies an das Zentralsystem gemeldet. Damit können tatsächliche Netzengpässe erkannt und reagiert werden. Derartige Situationen kommen bisher glücklicherweise nur vereinzelt vor.« Ferner sind die Smart Meter in der Lage, detaillierte Daten über die Stromqualität (»Power-Quality-Daten«) aufzuzeichnen. Dies ließe sich grundsätzlich für die Analyse der Netzkapazitäten sowie für die Netzplanung nutzen. Wegen der Rechtslage – Stichwort Datenschutz – ist dies für die DOSs bekanntlich aber nahezu unmöglich.
»Diesbezüglich wären dringend Anpassungen des ELWOG erforderlich«, stellt die Netz Burgenland fest. Es stimme zwar, »dass wir in jeder Trafostation eine Messung des Gesamtverbrauchs haben und damit die Auslastung des Trafos kennen«. Das biete eine »sehr gute Kenntnis über die Auslastung des Mittelspannungsnetzes. Auf die Auslastung des Niederspannungsnetzes kann mit diesen Daten jedoch nicht rückgeschlossen werden. Hierzu sind zumindest Power-Quality-Daten an den Enden der Stromkreise erforderlich. Die Smart Meter könnten diese Daten technisch liefern, deren praktische Nutzung ist aber, wie gesagt, rechtlich umstritten.«
Unterdessen baut die Netz Burgenland ihre Infrastrukturen weiter aus. Geplant ist, bis 2030 etwa 630 Millionen Euro zu investieren. Eines der wichtigsten Projekte in diesem Zusammenhang trägt die Bezeichnung »Öko 5c«. Sein Ziel besteht in der »Steigerung der Versorgungssicherheit für die Netzkunden« sowie der »Erweiterung und Leistungserhöhung der Infrastruktur-Kapazitäten zur Aufnahme der Ökoenergie in zentralen Netzknoten im Südburgenland und Mittelburgenland«. Dazu dienen laut Netz Burgenland »die Erweiterung und Leistungserhöhung der bestehenden 400/110-kV-Übertragungsnetzknoten, ein Neubau der Netzanbindung Mittelburgenland an den 400/110-kV-Übertragungsnetzknoten im Südburgenland sowie ein Ersatzneubau der 110-kV-Verteilernetzanbindung in das Südburgenland«. Ferner sei ein zusätzlicher 400/110-kV-Übertragungsnetzknoten im Nordburgenland samt der benötigten 110-kV-Leitungen geplant.
(Titelbild: iStock)
Energieverbrauch wird transparent
Schneider Electric hat sich nach eigenen Angaben dem Grundgedanken des »Internet of Things« verschrieben. Dieser besteht dem Unternehmen darin, »eine umfassende Vernetzung zwischen Anlagen, Geräten, Steuerungssystemen und Standorten zu schaffen, um den Mehrwert der digitalen Transformation nutzbar zu machen«, teilte das Unternehmen dem Energiereport mit. Die Lösungsarchitektur EcoStruxure gewährleiste die Kommunikation digital vernetzter Komponenten mit der Software. Zu diesen Komponenten gehören unter anderem die sogenannten »Power
Tags«, also kabellose Energiezähler, die auch in Bestandsanlagen einfach eingebaut werden können, aber auch Sensoren, Aktoren, Leistungsschalter, aktive Netzfilter sowie Frequenzumrichter.
Für die Auswertung von Gebäudedaten entwickelte Schneider Electric die Software EcoStruxure Building Operation. Dem Unternehmen zufolge bietet diese »Gebäude- und Facility-Managern ein umfassendes Kontrollzentrum für die Überwachung, Verwaltung und Optimierung von Systemen, die traditionell getrennt waren«. Damit sei sichergestellt, »dass wertvolle Gebäudedaten abgerufen, standardisiert, gesichert und für vorausschauende Wartung mithilfe von KI und maschinellem Lernen analysiert werden können«.
»Optimum an Effizienz bei Kunden«
Für Weidmüller bedeutet Energiemanagement »einen Dreiklang aus der Erfassung aller relevanten Energieverbrauchsdaten, der Analyse von gewonnenen Informationen und eine umfassenden Beratung über mögliche Einsparpotenziale«. Das Unternehmen betrachtet die Entwicklung von Energiemanagementsystemen als »ganzheitliche Aufgabe«. Diese umfasse Beratungsleistungen ebenso wie »intelligente« Hard- und Softwarelösungen und verbinde beides zu einer Einheit, die modular aufgebaut ist und daher für den Bedarf des jeweiligen Kunden optimiert werden kann.
Die Ressourcenmanagement-Software ResMa kombiniere die Auswertung von Energie- und Prozessdaten mit IIoT-Plattformlösungen. Auf diese Weise stehe den Kunden ein »ganzheitliches System«zur Verfügung, mit dem sie umfassende Daten zentral zusammenführen, analysieren und die gewonnen Erkenntnisse für die Optimierung ihrer jeweiligen verwenden oder für neue Services nutzen könnten. »Damit ist mehr möglich als ein reines Energiemanagement«, heißt es von Weidmüller. In den vergangenen Monaten zeige sich ein verstärkter Trend zur Nutzung erneuerbarer Energien. Damit sei vor allem die Nachfrage nach ResMa erheblich stark gestiegen.