Klima und Natur schützen, Geld sparen und die Energiesicherheit erhöhen - das sind die positiven Auswirkungen eines reduzierten Energieverbrauchs. Das Bewusstsein dafür nimmt zu, doch fehlt vielerorts noch notwendiges Wissen.
»Ich wurde früher nie zum Thema Energie- und Stromsparen gefragt«, erinnert sich Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur (AEA). »Wir haben uns vielmehr die letzten 20 Jahre den Mund fusselig geredet, Medien hat das Thema überhaupt nur zu Beginn der Heizperiode interessiert.« Alle Bemühungen in den vergangenen Jahren hätten nur dazu geführt, dass der Verbrauch seit 2005 zumindest nicht mehr wesentlich anstieg. »Jetzt ist Stromsparen sogar am Wirtshaustisch dominierend«, sieht Angerer das Thema Energiesparen überall angekommen. Es brauche aber noch mehr Know-how.
»Beim Energiesparen sind alle gefordert«, betont auch Thomas Zehetner, Klimasprecher beim WWF Österreich. Klimaschutz müsse ganzheitlich gedacht werden und alle Bereiche erfassen. »Wir müssen den derzeitigen Energiebedarf halbieren, um ihn aus naturverträglicher, erneuerbarer Energie zu decken.« Daher fordert der WWF Österreich ein umfassendes Energiespar-Programm. Mit einigen Weichenstellungen soll mehr Sicherheit und Unabhängigkeit geschaffen werden: mit einem ambitionierten Energieeffizienzgesetz, einer jährlichen Energiespar-Milliarde, einem gesetzlich vorgegebenen Ausstieg aus Öl und Gas, einer Fachkräfteoffensive und einer rascheren Mobilitätswende.
Großes Potenzial für das Einsparen von Energie sieht Franz Angerer im Bereich der Raumwärmeversorgung. »Wir verwenden fast 40 Prozent unserer gesamten Energie für Raumwärme.« Kämen hier in großem Stil Wärmepumpen zum Einsatz, könnte ein großer Teil des Endenergieverbrauchs eingespart werden. Entscheidende Innovationen erwartet er sich vom Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, das im Koalitionsausschuss liegt und zwischen den Koalitionspartnern verhandelt wird. »Es geht noch um einige Formulierungen, ist aber ein ganz maßgebliches Gesetz mit bedeutenden Richtungsänderungen und Richtungsweisungen in der Wärmeversorgung«, informiert er.
Blick in die Wirtschaft
»Mit über 27 Prozent Endenergieverbrauch ist die Industrie neben der Raumwärme und dem Verkehr ein wesentlicher Energieverbraucher«, hält Angerer fest. Großbetriebe kennen ihren Energieverbrauch, sie verfügen über ein Energiemanagementsystem und Energiebeauftragte. »Das Problem sind die vielen kleineren Betriebe, von denen manche sehr viel Energie verbrauchen.« Vielfach brennt in Stiegenhäusern das ganze Jahr das Licht, egal ob die Sonne scheint oder nicht. Die Betriebsführung ist nicht zu Änderungen imstande – es mangelt oft an Know-how, die Zeit fehlt oder Handwerker sind nicht verfügbar. »Wir merken das in sehr vielen Bereichen, im öffentlichen ist das noch ausgeprägter«, berichtet der AEA-Chef.
»Sonderbudgets für Energiesparen müssen zum richtigen Zeitpunkt kommen«, sagt Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur. (Bild: AEA)
Je nach Größe und Energieverbrauch müssten Unternehmen dazu verpflichtet werden, ihre Einsparpotenziale systematisch zu erheben und auszuschöpfen: von der Energiebuchhaltung über Audits bis zu Energiemanagementsystemen. Die energieintensive Industrie muss dabei gezielt unterstützt werden. Viele Gemeinden sind bereits am Weg des Energiesparens. Klimaanlagen zurückfahren, die Beleuchtung öffentlicher Gebäude minimieren beziehungsweise auf LED umstellen und die Heiztemperaturen im Winter absenken sind nur einige der Maßnahmen, die der niederösterreichische Gemeindebund in einem Brief an Bürgermeister fordert. Innsbruck spart durch ein geändertes Beleuchtungskonzept pro Jahr rund 50.000 kWh, Linz, St. Pölten und Wien planen ebenso, ihre Straßen- und Effektbeleuchtung herunterzufahren.
Die Energiestrategie sieht eine Abkehr von fossilen Energieträgern bis 2050 vor. Bis 2030 soll der erneuerbare Anteil auf 50 Prozent steigen, die Energieeffizienz um bis zu 30 Prozent erhöht werden. Dieses Bewusstsein in Haushalte und Betriebe zu bekommen, ist für Angerer eine Herkulesaufgabe, es brauche ein riesiges Bündel an Lösungen. »Die Building Directive betrifft uns unmittelbar, das Emission Trading System ist eine Vorgabe für Industrie und Großbetriebe.
Finanzielle Maßnahmen
»Der Ruf der Wirtschaft nach Unterstützung bei den derzeitig hohen Preisen ist verständlich«, meint Franz Angerer. Es sei absolut klar, dass kein Wirtschaftsbetrieb reagieren kann, wenn sich Strompreise innerhalb eines Jahres nahezu verzehnfachen. »Industrie und Wirtschaft arbeiten mit Drei- bis Fünfjahreszyklen, sie sind extrem flexibel, aber die aktuelle Situation ist nicht planbar.« Auch die Industriellenvereinigung fordert Milliardenhilfen, sonst drohen Produktionsdrosselungen und Arbeitslosigkeit.
Vorkehrungen gegen überhöhte Energiekosten
Auf die Frage, welche Vorkehrungen getroffen werden, um die galoppierenden Energiekosten in den Griff zu bekommen, ziehen 60 Prozent der befragten Unternehmen in einer Studie von PwC den Umstieg auf andere Energieträger und Brennstoffe bzw. den Umstieg auf alternative Energiequellen in Erwägung.
Quelle: Austrian CEO Spotlight
Info
Zu den am schnellsten umsetzbaren und wirksamsten Maßnahmen zählen laut WWF Österreich niedrigere Tempolimits auf Freilandstraßen und Autobahnen, die Verlagerung von zehn Prozent des pendelnden Individualverkehrs auf den öffentlichen Verkehr und raschere Gebäudesanierungen. Einsparungsmöglichkeiten durch Wasserspararmaturen und effizientere Elektrogeräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen mindern ebenso den Energieverbrauch. Für Betriebe im Dienstleistungs- und Produktionssektor liegen die wirksamsten Maßnahmen im Bereich des Verkehrs und der Gebäudesanierung. Eine Umstellung von motorisierten Nutzfahrzeugen auf elektrische Fahrzeuge, effiziente Pump- und Lüftungsanlagen sowie die Verwertung von entstehender Wärme zur Heizung könnte den Energieverbrauch schon im ersten Jahr um ein Prozent reduzieren.
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