Donnerstag, Juli 04, 2024



Ausstieg aus russischem Erdgas: 100 Millionen Euro jährlich für Mehrkosten von Unternehmen beschlossen.

Für den Ausstieg aus russischem Erdgas und zur Diversifizierung des Erdgasbezugs aus anderen Quellen wurde im Wirtschaftsausschuss des Parlaments am 7. Juni mit den Stimmen von ÖVP und Grünen das Gasdiversifizierungsgesetz 2022 beschlossen. Die Koalitionsparteien hatten die Initiative kurzfristig im Zusammenhang mit den Änderungen zum Gaswirtschaftsgesetz eingebracht, was zu entsprechender Kritik der Opposition an der Vorgangsweise führte.

Mit der Initiative sollen für eine Erdgas-Diversifizierung sowie für die Umrüstung von Anlagen auf einen alternativen Betrieb mittels anderer Energieträger in den Jahren 2022 bis 2025 als Ausgleich für die entstehenden Mehrkosten jeweils jährlich 100 Mio. Euro bereitgestellt werden. Dabei geht es den Erläuterungen zufolge um Kosten von Unternehmen etwa für Leitungsrechte beim Transport von Erdgas nicht-russischer Herkunft nach Österreich oder Kosten von Unternehmen, wenn nicht-russisches Erdgas eingesetzt wird, sofern dadurch nicht klimafreundliche, erneuerbare Energieträger bzw. Fernwärme ersetzt werden. Gefördert werden soll außerdem die Umrüstung von Energieerzeugungsanlagen in der Industrie und der Energiewirtschaft, durch die der alternative Betrieb mit anderen Energieträgern als Erdgas ermöglicht wird. Die Details für den Einsatz der Mittel, zum Ablauf des Verfahrens etc. sind den Erläuterungen zufolge in noch zu erlassenden Richtlinien festzulegen.

Mit einem im Ausschuss mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommenen Initiativantrag der Koalitionsparteien sollen nunmehr auch sämtliche Speicheranlagen in Österreich und damit auch die Anlage in Haidach zum Anschluss an das österreichische Leitungsnetz verpflichtet werden.

Gasdiversifizierungsgesetz für Ausstieg aus russischem Erdgas

Der Umstieg auf Erdgas anderer als russischer Herkunft sei mit erhöhten Kosten für die Lieferung nach Österreich bzw. gestiegener Erdgaspreise insgesamt verbunden, so die Stoßrichtung des Koalitionsantrags zum Gasdiversifizierungsgesetz 2022. Um die daraus entstehenden Schäden für die österreichische Wirtschaft und Verbraucher:innen abzuwenden, soll im Wege der Förderungen den Unternehmen in diesem Bereich ein Ausgleich für die entstehenden Mehrkosten ermöglicht werden. Als Abwicklungsstelle für dieses Instrument ist demnach die Austria Wirtschaftsservice GmbH vorgesehen.

Energieministerin Leonore Gewessler erläuterte dazu, dass nach der strategischen Gasreserve für Österreich damit nun der nächste Anreiz hinsichtlich des Ausstiegs und der Diversifizierung gesetzt werde. Es brauche dazu einen Beitrag aller Akteure, von der OMV bis zu den Landesenergieversorgern. Was die Kritik an der Kurzfristigkeit betrifft, stelle eine solche Maßnahme "beihilfenrechtlich keinen Spaziergang" dar, so Gewessler. Im Moment gebe es aber Signale der EU-Kommission, dem offen gegenüberzustehen, meinte sie auf Fragen etwa von Alois Schroll (SPÖ). Die Mittelbereitstellung erfolge aus den bereits bundesfinanz- und bundesfinanzrahmengesetzlich veranschlagten Mitteln, so Gewessler, die ebenso wie auch Lukas Hammer (Grüne) von Überschreitungsermächtigungen in diesem Zusammenhang sprach. Die Kurzfristigkeit des Antrags sei dem geschuldet, dass bis zuletzt daran gearbeitet worden sei, meinte Ausschussvorsitzender Peter Haubner (ÖVP). Aus Sicht von Karin Doppelbauer (NEOS) ist unter anderem mit dem Antrag die Kernfrage aber nicht beantwortet, nämlich, woher das Gas zur Diversifizierung kommen soll.

Novelle zu Speicheranlagen und ungenutzten Gasspeicherkapazitäten

Im Sinne der Gasversorgungssicherheit soll außerdem festgelegt werden, dass sämtliche Speicheranlagen auf dem Hoheitsgebiet Österreichs auch an das österreichische Leitungsnetz angeschlossen werden müssen. Durch einen Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Gasversorgung werden die Mitgliedstaaten zu Maßnahmen für Speicheranlagen und Speicherfüllständen verpflichtet, heißt es im entsprechenden Initiativantrag von ÖVP und Grünen mit der Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes 2011 (2600/A). Für betroffene Speicheranlagen ist den Erläuterungen zufolge innerhalb von vier Monaten ab Inkrafttreten ein Antrag auf Netzzugang und Netzzutritt zu stellen.

Die Energieministerin soll außerdem zum Abschluss von Ressortübereinkommen über die gemeinsame Nutzung von Speicheranlagen ermächtigt werden. Mit einem solchen Abkommen können den Erläuterungen zufolge etwa das genaue Verhältnis und der Umfang einer gemeinsamen Speichernutzung zwischen der Republik Österreich und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vereinbart werden. Praktisch relevant sei dies insbesondere für die Speicheranlage Haidach, die bislang nur an das deutsche Marktgebiet angeschlossen ist, erörterte Ministerin Gewessler im Ausschuss.

Festgelegt werden soll mit der Novelle weiters, dass ungenutzte Speicherkapazitäten vom Speichernutzer unverzüglich anzubieten oder zurückzugeben sind. Bleiben Speicherkapazitäten systematisch ungenutzt, so seien diese durch das Speicherunternehmen nach vorhergehender schriftlicher Ankündigung zu entziehen. Detailregelungen dazu sollen per Verordnung festgelegt werden. Energieministerin Gewessler wies ebenso wie Lukas Hammer (Grüne) auf diese Regelung nach dem "Use-it-or-lose-it"-Prinzip hin. Der Abschluss von Ressortübereinkommen betreffe vor allem die Verständigung Österreichs und Deutschlands über die Nutzung der Anlage in Haidach. Auf Fragen etwa von Alois Schroll (SPÖ) dazu meinte die Ministerin, man stehe intensiv in Kontakt mit Deutschland, etwa in Form einer gemeinsamen Arbeitsgruppe. In Richtung von Erwin Angerer (FPÖ) erörterte sie, dass die Formulierung "systematisch ungenutzt" bei den Gasspeichern auf Zeiträume und Prozentsätze der Nutzung abstelle.

Bild: iStock

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