Mittwoch, November 20, 2024
Beste Nutzung von Daten

Machine Learning, Plattformen und Datenanalysen – wie werden daraus Effizienz, bessere Services und neue Produkte generiert?

Daten nutzen bedeutet Wissen nutzen. Wer sein Unternehmenswissen brach liegen lässt, läuft Gefahr, den Anschluss zu verpassen. Heute ist die Transformation hin zu einem datengetriebenen Unternehmen der Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit«, betont Nikolaus Kawka, CEO Zühlke Österreich.
Um zu analysieren, mit welchen Hindernissen Unternehmen auf dem Weg zur datengetriebenen Organisation konfrontiert sind, hat der Technologiedienstleister 110 Unternehmen im deutschsprachigen Raum befragt. Das Ergebnis: 85 Prozent schätzen das Potenzial von Daten und KI hoch. Gleichzeitig bezeichnen jedoch nur 25 Prozent der befragten Führungskräfte ihr Unternehmen als datengetrieben. Wo liegen also die konkreten Herausforderungen? Kawka ortet fünf gängige Hürden:

1. Eine inaktive Daten-Innovationspipeline
Die gesamtheitliche und fortlaufende Planung und Umsetzung von Daten- und KI-Projekten ist entscheidend. Sind Datenprojekte von der Technologie her motiviert und nicht aus dem Business getrieben, bleibt die »Innovationspipeline« inaktiv.

2. Proof-of-Concepts, die auf der Strecke bleiben
Ohne ein klares Konzept zur Operationalisierung bleiben viele Projekte in der »Proof-of-Concept«-Phase stecken. Auf diese Weise generieren selbst technisch machbare 
Lösungen letztlich keinen Wert.

3. Perfekt implementierte Lösungen, die nicht wie geplant genutzt werden
Die mangelhafte Integration in bestehende Tools und Plattformen ist der prominenteste Grund für fehlende Akzeptanz neuer KI-basierter Lösungen. Weitere Gründe für dieses Phänomen sind generelles Misstrauen gegenüber KI oder mangelndes Training der Nutzer*innen. 

4. Kompetenzen im Bereich Daten
In den meisten Unternehmen stellt die interdisziplinäre Zusammenarbeit in Datenprojekten die größte Herausforderung dar. Personelle Kompetenzen im Bereich Daten sind ein fundamentaler Schlüsselfaktor für den Erfolg von Daten- und KI-Projekten. Erstaunlicherweise sind diese in den meisten Unternehmen bereits vorhanden. Die Studie zeigt jedoch, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Data Scientists und Industrie-Fachkräften oft noch nicht ausreichend gelebt wird.

5. Die Daten an sich
Die Daten sind bei vielen Unternehmen vorhanden. Die Herausforderungen liegen in deren Zugang und Qualität. In vielen Fällen fehlt eine effektive Data Governance.



Bild: Nikolaus Kawka, Zühlke: »Wer sein Unternehmenswissen brach liegen lässt, läuft Gefahr, den Anschluss zu verpassen.«


Effiziente Schadensbewertung
Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von Datenanalysen liefert die Versicherungsbranche. So benötigt ein Gutachter für ein Hagelschaden-Gutachten in der Regel rund 40 Minuten. Mit einer Computer-Vision-
Lösung, die Zühlke aufbauend auf dem Konzept und der Hardware vom deutschen Unternehmen PDR entwickelt hat, erhalten Kund*innen in maximal fünf Minuten eine Schadensbewertung, die sogleich eine Kostenvoranschlagberechnung liefert. Das System ermittelt die Anzahl und Größe der Hageldellen auf einem Pkw. Für die flexible Lösung, die mobil und ohne Internetverbindung funktioniert, kommen Methoden zum Objekttracking, zur Segmentierung sowie zur Erkennung und Vermessung von Dellen und Dellenmustern zum Einsatz. Der modulare Aufbau des KI-Algorithmus erlaubt künftig die flexible Erweiterung auf andere Schadensarten. Und Versicherer erhalten schnell einen Überblick über das gesamte Schadenaufkommen in einer Region.

Datenpotenzial heben
Auch Albert Moik, Managing Director Applied Intelligence Accenture Österreich, sieht Daten heute als »essenziell für Betriebe, um Prozesse effizient zu gestalten und mit Hilfe von KI zu automatisieren.« So könne ein »überdurchschnittlich gutes Kundenerlebnis« entwickelt werden – mit den passenden Produktempfehlungen zum richtigen Zeitpunkt und einer effizienten Abwicklung von Kundenanfragen. »Die Herausforderungen liegen in der Orchestrierung des gesamten Datenbestandes, der Aufrechterhaltung der Datenqualität und der bereichsübergreifenden Datenbereitstellung, um »actionable insights« aus den Daten zu extrahieren«, sagt der Experte.



Bild: Albert Moik, Accenture: »Die betriebliche ­Fragestellung muss bei KI-Projekten in den Fokus rücken.«

»Die benötigten Fachkräfte reichen vom Analytics Translator über den Data Scientist zu Data Architekten und Data Engineers. Unternehmen sollten sich einen starken Industrialisierungs- und Skalierungspartner suchen, der sowohl den technischen als auch den fachlichen Daten-Lebenszyklus durchgehend abdecken kann und damit ein starker Data- und Analytics-Partner ist«, so Moik.

KI-Lösungen und Plattformen gibt es nach seiner Einschätzung »für alle Eventualitäten und Größenordnungen« von Herstellern ebenso wie in der Open-Source-Welt. Wichtig sei, dass die so generierten Informationen die Fachbereiche bei betrieblichen Entscheidungen unterstützen.
Umsetzungen in der Praxis, die den Nutzen von Datenanalysen und Machine Learning besonders gut zeigen sind für den ­Accenture-Manager der Einsatz von KI bei der Abarbeitung von Kunden- oder Lieferantenanfragen, bei der Nutzung von Infra-struktur, bei Klima und Energiedaten zur Optimierung der Planung der Transformation zur Klimaneutralität und bei der Identifikation von Ausreißern und Auffälligkeiten – um etwa Fehlproduktionen, Betrug oder Geldwäsche zu identifizieren. »Die betriebliche Fragestellung muss dabei in den Fokus rücken, um Entscheidungen zu unterstützen oder zu automatisieren. KI-Komponenten sollten in kleine, handliche Module geteilt werden, um so agil in eine Transformation zu erreichen«, unterstreicht er.

Schlüsse ziehen
»Die Entwicklung hin zu einem daten-getriebenen Unternehmen ist keine alleinige Sache der IT-Abteilung, sondern eine Transformation, die die gesamte Organisation verändert«, sagt Andreas Pfleger, Branchen Lead für industrielle Innovation bei Zühlke Österreich. »Sie bedarf der klaren Bereitschaft des gesamten Unternehmens dazu, besonders auch der obersten Führungsebene. Für eine gelungene Transformation hin zu einem datengetriebenen Unternehmen müssen Datenspezialist*innen mit den Branchenfachleuten gemeinsam arbeiten, um die Fülle an Daten in die richtigen und für die Arbeit wesentlichen Zusammenhänge zu bringen.« Oftmals fehle es den Unternehmen aber gerade an dieser Expertise, um die Fülle aus Daten auch effektiv zu verwerten. Denn auch eine Vielzahl von Daten bringt nichts, wenn man aus ihnen nicht die richtigen Schlüsse zieht. Dafür braucht es eine kluge »Datenpipeline«, die auch im Alltag belastbar und zuverlässig ist.




Bild: Andreas Pfleger, Zühlke: »Es ist eine Transformation erforderlich, die die gesamte Organisation verändert.«


Verbundprojekt »ZwillE«
Ein digitaler Zwilling hilft gegen Auswirkungen extremer Wetterereignisse im urbanen Raum.
Unter der Projektleitung des IT-Dienstleisters Atos werden in den nächsten drei Jahren die Möglichkeiten für ein KI-unterstütztes Management von Wasser-Extrem-ereignissen im urbanen Raum erforscht. Anhand von Echtzeitmessdaten sowie eines integrierten Simulationsmodells soll in dem Projekt »ZwillE« ein virtuelles, sektorübergreifendes Abbild der Entwässerungsinfrastruktur der Stadt Hannover mit allen Einzugsgebieten, dem Kanalnetz, Kläranlagenverbund und Einleitungsgewässer erzeugt werden. Unter Einbeziehung von hochauflösenden Niederschlagsprognosen ermöglicht der digitale Zwilling des städtischen Abwassersystems dann vorausschauende Szenarioanalysen zu extremen Wetterereignissen und die Ableitung wahrscheinlicher Problembereiche innerhalb des Entwässerungssystems. Die Erkenntnisse werden mittels eines KI-basierten Assistenten mit formalisiertem Expertenwissen zu schwachstellenbezogenen Gegenmaßnahmen angereichert und als nachvollziehbare Handlungsempfehlungen an das technische Personal der Stadtentwässerung Hannover weitergegeben. 


Zwillinge steigern Profitabilität
Unterschiedlichste Studien ­zeigen, dass je nach Art, Größe und Komplexität im Durchschnitt mindestens jedes sechste Projekt scheitert. Die Konsequenzen aufgrund hoher Anfangsinvestitionen sind meist groß und die Profitabilität der Unternehmen leidet. Zukünftig sollen digitale Projektzwillinge hier Abhilfe schaffen und für mehr Projekterfolge sorgen, wie auch eine aktuelle Analyse von BearingPoint zeigt. Fazit: Digitale Projektzwillinge fokussieren auf die Projektdurchführung und bilden alle in einem Projekt durchlaufenden Prozesse integrativ ab. Sie liefern so eine durchgehende Lösung für den Aufbau eines digitalen Produktmodells. Damit können Beteiligte weit besser auf unerwartete Entwicklungen proaktiv reagieren und entsprechen handeln. 

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