Die Netzbetreiber brauchen stabile Rahmenbedingungen für 10 Milliarden an nötigen Investitionen.
Je mehr die Energiewende Gestalt annimmt, desto deutlicher wird: Die Ziele der #mission2030 hängen entscheidend vom Ausbau der Netzinfrastruktur ab. Die Verteilernetze der Zukunft müssen viele dezentrale Produzenten vernetzen, Energiegemeinschaften integrieren und überdies noch den stärkeren Schwankungen gewachsen sein, die bei Wind- und Sonnenenergie natürlicherweise auftreten.
Beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 13. Jänner 2022 meinte Brigitte Ederer, Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit: „Die Umstellung auf erneuerbare, CO2-freie Energie ist mit dem bestehenden Netz nicht zu schaffen. Ohne Netzumbau scheitert die Energiewende.“
Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich, Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich. Diese Fünf wollen bis 2030 rund 10 Milliarden Euro in den Ausbau investieren, um die Energiewende zu ermöglichen - doch dafür fehle es noch an eindeutigen Vorgaben und Rahmenbedingungen seitens des Gesetzgebers, so Manfred Hofer, Geschäftsführer der Netz Oberösterreich GmbH.
Mit der #mission2030 will Österreich auf erneuerbaren und klimafreundlichen Strom umsteigen. Der gesamte Strom-Sektor soll in den kommenden acht Jahren bilanziell gesehen CO2-neutral werden. Dafür ist es notwendig, neben den Erzeugungskapazitäten in Österreich auch die Netze massiv auszubauen.
Zentrales Puzzlestück dieses Unterfangens ist das Stromnetz: Es muss so umgebaut werden, dass große Mengen an Strom kurzfristig aufgenommen, abgegeben und verschoben werden können. In den vergangenen Jahren konnte das Stromnetz, das ursprünglich für einen hierarchischen Stromtransport von großen Kraftwerken zu den Verbrauchern geplant war, den Zubau noch verkraften. Die jetzt anstehende Transformation sei aber eine Jahrhundertaufgabe, wenn man sich die Ausbauziele ansieht:
„Österreich braucht 2 Millionen zusätzliche Photovoltaikanlagen zwischen Bregenz und Wien, Häuser ohne Photovoltaik auf dem Dach werden künftig die Ausnahme sein“, sagt Manfred Hofer. Und Österreich brauche zu den schon bestehenden rund 700 Windkraftanlagen noch einmal rund 1.200 neue dazu.
Netzbetreiber brauchen den Netzausbau fördernde Rahmenbedingungen
Seitens der Netzbetreiber brauche man im Zusammenhang mit dem Netzausbau sachliche Orientierung und klare Festlegungen für die Umsetzung der Energie- und Klimawende. Klare Vorrangregeln würden auch bei den Schutzzielen benötigt: „Konsens sollte mittlerweile sein, dass der Klimaschutz oberste Priorität haben muss. Darunter benötigen wir eine sinnvolle Reihung“, sagt Hofer.
Die Netzbetreiber sehen einen Mix aus Freileitungen im Höchst- und Hochspannungsnetz und Erdkabel im Mittel- und Niederspannungsnetz als beste Variante im Sinne der Versorgungssicherheit. Von 265.088 Kilometern Stromleitungen in Österreich sind 72,8 % als Erdkabel ausgeführt – die Netzbetreiber hätten also durchaus
Expertise, wann und wo ein Erdkabel zum Einsatz kommen kann, so Manfred Hofer: „Verkabeln dort, wo es objektiv sinnvoller ist. Jeder Meter Erdkabel bei der lokalen Verteilung des Stroms ist sinnvoller eingesetzt als bei der überregionalen Verteilung bzw. beim Transport!“
Die Geschwindigkeit beim Netzaus- und -umbau könnte der Gesetzgeber durch Schaffen gesetzlicher Rahmenbedingungen für effiziente und straffe Verfahren fördern. Im Moment werde die Energiewende durch aufwändige Rechtsverfahren noch verzögert, beispielweise für Bau von Trafostationen, bei denen die Bewilligung teilweise Monate dauere.
Milliardeninvestitionen in der Schwebe
Die fünf Verteilernetzbetreiber des Forum Versorgungssicherheit wollen bis 2030 kräftig investieren, in Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und dem Burgenland stehen beispielweise Investitionen in Höhe von ca. 5,9 Milliarden Euro an. Ausgebaut werden Stromleitungen für Transport und Verteilung (Hoch-, Mittel- und Niederspannung) sowie in den Ausbau der Infrastruktur (Umspannwerke, Trafostationen).
Rund eine Milliarde Euro wird zusätzlich in die Modernisierung der Zähler-Infrastruktur investiert. Auf der österreichweiten Transport-Ebene investiert der Übertragungsnetzbetreiber APG ebenfalls bis 2030 österreichweit weitere 3,5 Milliarden Euro. Österreichweit summiert sich, wie eine Studie im Auftrag von Österreichs Energie aufzeigt, der Aufwand der Netzbetreiber für den Netzausbau bis 2030 auf insgesamt rund 18 Milliarden Euro.
Das sei aber nicht schlecht, so Hofer: „Ein großer Teil dieser Investitionen bleibt im Land und sichert tausende, hochqualifizierte Arbeitsplätze bei den Netzbetreibern, aber auch bei den Montage- und Zulieferfirmen.“