Fernkälte als umweltschonende Alternative zur konventionellen Klimaanlage steht hoch im Kurs. Im Vorjahr wurde mit 192 GWh um 20,6 Prozent mehr Fernkälte an Kunden geliefert als noch ein Jahr davor. Das war ein Fernkälte-Absatzrekord. Die Fernkälteleistung stieg von 138 Mega-Watt (MW) per 31.12.2018 auf 159 MW per 31.12.2019.
Die umweltschonende Fernkälte hält Innenräume kühl, ohne die Außentemperatur zusätzlich aufzuheizen. „Immer mehr Hitzetage mit mehr als 30 Grad Celsius bringen immer stärkere Nachfrage nach Fernkälte mit sich“, sagt Peter Weinelt, Obmann des Fachverbands Gas Wärme (FGW) und stellvertretender Generaldirektor der Wiener Stadtwerke.
Der Absatzrekord aus dem Vorjahr hat im Wesentlichen zwei Gründe: Verstärkter Netzausbau samt Anschlusstätigkeit bei zugleich erhöhtem Kühlbedarf. Denn der Sommer 2019 hatte es in sich, war er doch der zweitheißeste in der Messgeschichte der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf der Hohen Warte in Wien (ZMAG): Allein in der Bundeshauptstadt wurden in den Sommermonaten Juni bis August des vergangenen Jahres 7.304 Kühlgradstunden gemessen. 2018 waren es noch 6.725 Kühlgradstunden gewesen. Im Jahresvergleich war das ein Plus von 9 Prozent.
Kühlgradstunden dienen als Indikator für den Kühlbedarf. Sie errechnen sich aus der Summe der Differenz (in Stunden) zwischen gewünschter Raumtemperatur und der Außentemperatur während der gesamten Kühlperiode.
Große Städte als „Coole Spots“
Besonders große Zuwächse an Fernkälteleistung zeigten sich 2019 in Wien und Graz:
- In Wien wurde in die Verdichtung und den weiteren Ausbau der Flächenversorgung investiert. Die Fernkälteleistung nahm allein in Wien um rund 20 MW zu, die Fernkälte-Netzlänge stieg um rund 3,0 km. In Wien werden seit dem Vorjahr auch Privatpersonen mit Fernkälte versorgt. Konkret rund 80 Wohnungen am Althangrund im 9. Wiener Gemeindebezirk.
- In Graz wurde Fernkälte erstmals in ein Industriekundennetz eingespeist.
Die „Coolen Spots“ der österreichischen Fernkälteversorgung sind die Städte Wien, Linz und St. Pölten. Auch in den niederösterreichischen Landeskrankenhäusern in Baden, Mödling und Mistelbach wurden bereits Fernkälteanlagen realisiert. Zudem wurde in Mödling ein Bürohaus an die Fernkälte angeschlossen.
Die Gesamtlänge des Fernkältenetzes in Österreich lag mit Ende 2019 bei rund 22 Kilometern. Seit 2009 hat sich der Verkauf von Fernkälte auf dem österreichischen Markt von rund 25 Gigawattstunden (GWh) auf zuletzt 192 GWh annähernd verachtfacht (siehe Grafik).
Hintergrund: Fernkälte
Bei Fernkälte fließt das auf 6 Grad Celsius abgekühlte Wasser von der Fernkältezentrale durch isolierte Rohre über das Fernkältenetz zum Kunden. Dort gibt das Wasser die Kälte in den zu kühlenden Gebäuden ab. Mit etwa 16 Grad Celsius fließt das Wasser wieder in die Fernkältezentrale zurück, wo es neuerlich abgekühlt wird. Wie bei Fernwärme werden die Objekte in der Regel zentral versorgt.
Für die Abkühlung des gelieferten Wassers werden hocheffiziente mit Strom betriebene Kompressoren oder Absorber, die mit Wärme betrieben werden, genutzt. Die Verwendung dieser hocheffizienten Technologien spart massiv Strom ein. In den Absorptions-kältemaschinen werden dieselben Energiequellen, die für die Erzeugung von Fernwärme benutzt werden, als Antriebsenergie verwendet. Insbesondere Abwärme aus Industrie, Abfallverbrennung oder Geothermie, die das ganze Jahr zur Verfügung steht, eignet sich hervorragend für die Kälteerzeugung.