Mittwoch, Februar 05, 2025
Kleinwasserkraft für Elektrotankstellen

Projekt »Small Hydro Mobility«: Kleinwasserkraftwerke eignen sich optimal für die Bereitstellung von Energie zur Gewährleistung einer emissionsfreien Elektromobilität. Von Stefan Gamper und Thomas Buchsbaum-Regner

Für die fast 4.000 Kleinwasserkraftwerke in Österreich waren die vergangen Jahre eine Berg- und Talfahrt. Nach der Hochpreisphase am Strommarkt im Jahr 2008 kam ein langer Preisverfall, der 2016 seinen Tiefpunkt erreichte. Aktuell zeichnet sich wieder eine Markterholung ab, doch die Branche ist nun vorsichtiger geworden und setzt auf eine Diversifizierung des Produkts Ökostrom. Eine mögliche Chance am Markt kann für viele Kleinwasserkraftanlagen in Zukunft der Betrieb einer Stromtankstelle sein. Der Verein Kleinwasserkraft Österreich hat darum im Rahmen des Programms Elektromobilität in der Praxis des Klima- und Energiefonds das Projekt »Small Hydro Mobility« eingereicht. Die Idee fand Anklang und so startete das Jahr 2019 mit der positiven Nachricht, dass Kleinwasserkraft Österreich mit der Abwicklung dieses Projektes beauftragt wird.

Um die 2015 beschlossenen Pariser Klimaziele erreichen zu können, ist eine deutliche Reduktion der CO2-Emissionen notwendig. Hier spielen die E-Mobilität und ein flächendeckender Ausbau der nötigen Ladeinfrastruktur eine entscheidende Rolle. Aufgrund ihrer technischen Voraussetzungen eignen sich Kleinwasserkraftwerke optimal für die Bereitstellung von erneuerbarer Energie zur Gewährleistung einer hundertprozentigen emissionsfreien Elektromobilität.

Auch aufgrund der recht gleichmäßigen Verteilung über das Bundesgebiet eignen sich Kleinwasserkraftanlagen sehr gut zum Ausbau der Ladeinfrastruktur. So liegen knapp 200 Kraftwerke mit einer Leistung von über 100 kW in der Nähe von Autobahnabfahrten und können dadurch dazu beitragen, ein kostengünstiges Netz an Schnellladestationen aufzubauen. Auch darüber hinaus besteht ein großes Potenzial an E-Tankstellen bei Kleinwasserkraftanlagen. Etwa entlang von Bundesstraßen, in Ortschaften oder bei Betrieben – zum Beispiel Gasthäuser und Geschäfte – und bei Anknüpfungspunkten zum öffentlichen Verkehr wie etwa Bushaltestellen und Bahnhöfe.

Erhebungen von Kleinwasserkraft Österreich zeigen, dass in Österreich etwa jede dritte Anlage für den Betrieb einer ­E-Tankstelle geeignet ist. Diese weisen eine gewisse Mindestleistung auf und erfüllen zumindest ein räumliches Kriterium – sind also in der Nähe von stark frequentieren Orten oder Straßen.

Für KraftwerksbetreiberInnen selbst stellt sich vor allem die Frage: Kann unter den gegebenen Marktbedingungen und den regulatorischen Voraussetzungen eine E-Tankstelle wirtschaftlich betrieben werden?

Wann ist ein Kraftwerk für eine E-Tankstelle geeignet?

Die erste und wichtigste Frage ist, ob die eigene Kleinwasserkraftanlage grundsätzlich für einen wirtschaftlichen Betrieb einer Stromtankstelle geeignet ist. Hier sind vor allem die Leistung und die Lage des Kraftwerks entscheidende Faktoren, die auch stark voneinander abhängen. So kann ein Kleinwasserkraftwerk im Ortsgebiet, in Gehweite zu Geschäften, Ärzten, Restaurants oder Bahnhöfen bereits ab etwa 25 kW als grundsätzlich geeignet angesehen werden. Denn hier sind hohe Ladeleistungen für schnelle Ladevorgänge weniger entscheidend als die Bereitstellung einer Ladesäule in der Nähe von stark frequentierten Orten.

In Bezug auf die Leistung gilt dennoch »je mehr, desto besser«. Je höher die Leistung, umso mehr Strom kann über die E-Tankstelle abgegeben werden. So kommen etwa Anlagen ab etwa 100 kW auch für Schnelllader in Frage, wobei hier schon Ladestellen mit bis zu 350 kW Leistung in Planung sind. Solche Einrichtungen können entlang von stark frequentierten Straßen wie Autobahnen, Schnellstraßen und Bundesstraßen in Frage kommen. Zu beachten gilt aber auch hier, dass eine gewisse Infrastruktur – Warteräume mit WLAN, Kaffeeautomat, Toiletten etc. – vorhanden sein sollte.

Eine Frage der Wirtschaftlichkeit?

Ein Berechnungsbeispiel zur Frage, wie viel Strom an der E-Tankstelle verkauft werden muss, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu erreichen, sind im Infokasten rechts angeführt. Neben dem Erlös aus der Tankstelle ist auch die Umwegrentabilität ein wichtiger Faktor. Wer einen eigenen Betrieb mit regelmäßigem Kundenverkehr besitzt, kann seine Stromtankstelle diesen Kunden zur Verfügung stellen und damit die Kundenbindung verstärken und zusätzliche Kundschaft anwerben.

Ein wesentlicher Teil des Projektes ist die Durchführung von sieben Workshops in ganz Österreich. Dort sollen die wichtigsten Fragen zur Errichtung und dem Betrieb von E-Tankstellen erörtert werden, etwa welche rechtlichen und finanziellen Fragen zu klären sind, welche Zusatzangebote für eine hohe Kundenfrequenz förderlich sind und vieles mehr.

Über die Autoren: Stefan Gamper ist seit Februar 2019 für das Projekt »Small Hydro Mobility« neu im Team von Kleinwasserkraft Österreich. Thomas Buchsbaum-Regner ist seit 2011 mit allen technischen, wirtschaftlichen, ökologischen und rechtlichen Belangen in Bezug auf Kleinwasserkraftanlagen bei der Interessensvereinigung Kleinwasserkraft Österreich befasst und Geschäftsführer der KÖ Wasserkraft Service GMBH, einer Tochtergesellschaft des Vereins, welche Projekte, Studien und Gutachten abwickelt.

Meistgelesene BLOGS

Alfons A. Flatscher
06. November 2024
Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus zeichnet sich ein neues Kapitel der Handelspolitik der USA ab – und für europäische Unternehmen könnten die nächsten Jahre herausfordernd werden. Trump, bekan...
LANCOM Systems
14. Oktober 2024
Die österreichische Bundesbeschaffung GmbH (BBG) hat die Lösungen des deutschen Netzwerkinfrastruktur- und Security-Herstellers LANCOM Systems in ihr Portfolio aufgenommen. Konkret bezieht sich die Ra...
Nicole Mayer
25. November 2024
Globalisierung, Digitalisierung, New Work, Kriege: Die Kette der Herausforderungen, die Unternehmen zu stemmen haben, reißt nicht ab. Um in diesen unsicheren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern sog...
Marlene Buchinger
31. Oktober 2024
Beim Thema Nachhaltigkeit stellt sich oft die Frage, für wen machen wir das überhaupt? Im vierten Teil der REPORT-Serie geht es um die Anspruchsgruppen, auch Interessensträger oder Stakeholder genannt...
Firmen | News
23. Oktober 2024
In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit auch im Bauwesen an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Bauherren, Architekten und Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, umweltfreundliche und ressourcen...
Andreas Pfeiler
04. November 2024
Naturereignis wie ein Hochwasser zeigen uns immer wieder auf, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist und wie hilflos wir gegenüber solchen Naturgewalten sind. Ohne mineralische Rohstoffe sind wir auch...
Firmen | News
08. Oktober 2024
Wohlstand aufzubauen, ist für viele Menschen eines der größten Ziele im Leben. Doch ein Vermögen anzuhäufen, beispielsweise durch die Gründung und Führung eines eigenen Unternehmens, ist nur der erste...
Firmen | News
30. Oktober 2024
In der heutigen Arbeitswelt sind die richtigen Werkzeuge und Ausrüstungen entscheidend für den Erfolg. Von der passenden Berufskleidung bis zu unverzichtbaren Geräten – alles spielt eine Rolle. Entdec...

Log in or Sign up