Ein afrikanisches Startup will die Energieversorgung des Kontinents revolutionieren. Vorbild sind die Evolutionssprünge in der Mobilkommunikation.
In den Staaten Afrikas südlich der Sahara haben etwa 700 Millionen Menschen ein Mobiltelefon. Zugang zu einer verlässlichen Stromversorgung haben allerdings weitaus weniger – nur 450 Millionen. Der Grund dafür ist einfach: Die Mobilfunkunternehmen konnten in den letzten Jahren den Ausbau traditioneller, kabelgebundener Kommunikationsinfrastruktur einfach überspringen und in vielen Regionen per Handymasten und günstig verfügbaren Mobiltelefonen eine Bevölkerung in die Telekommunikationswelt des 21. Jahrhunderts katapultieren, die nie zuvor ein kabelgebundenes Telefon gesehen hat. Ein Evolutionssprung, bei dem dank moderner Technologie der teure und schlicht unrentable Zwischenschritt kabelgebundener Telekommunikation einfach übergangen wurde.
Afrikanische Startups wie Bboxx, d.light und Niwa nehmen sich an diesem disruptiven Modell ein Vorbild – und wollen es auf die Elektrifizierung des schwarzen Kontinents umlegen. Statt des teuren Ausbaus riesiger Kraftwerke und aufwendiger Strominfrastruktur setzt man auf ein Ideal, das im Zuge der Erneuerbaren-Revolution auch im Westen auf viele einen Reiz ausübt: dank Solarzellen und Batterielösungen autarke, vom Netz abgekapselte Kleinversorger zu fördern, an Orten, zu denen kein Stromlieferant der Welt auch nur ein Kabel ziehen würde.
Strom, abseits vom Netz
Mansoor Hamayun, Gründer des britischen Startups Bboxx mit pakistanischen Wurzeln, hat einen ehrgeizigen Plan: Bis 2020 will er mit diesem Modell Strom an 20 Millionen zuvor nicht versorgte Menschen liefern –und das nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern mit Profit.
Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo hat erst vor kurzem Bboxx beauftragt, 2,5 Millionen Haushalte des Landes auf diese Weise bis 2020 mit Strom zu beliefern, im westafrikanischen Kleinstaat Togo sollen ebenfalls 300.000 Bboxx-System entlegene Gemeinden erstmals elektrifizieren.
Die von der Firma in ländlichen Regionen aufgestellten Solarpaneele und Batterien, remote überwacht durch eine cloud-basierte Wartungslösung, liefern per flexiblem Abosystem oder via Mobile-Payment Strom an Haushalte und Gemeinden. Dieses Modell ermöglicht es auch Kleinstabnehmern, an Elektrizität zu kommen. Denn während es für staatliche Strom- und Infrastrukturbetreiber nicht rentabel ist, kleine Kommunen mit großem Aufwand ans zentrale Stromnetz anzubinden und zu elektrifizieren, sorgen stetig fallende Preise für Solarpaneele und Batterien dafür, dass sich die Lösungen von Bboxx und seiner Konkurrenten immer günstiger auch an immer entlegeneren Orten errichten lassen.
Wenn der Plan gelingt, könnten die afrikanischen Staaten wie im Mobilfunk ein zweites Mal einen Evolutionssprung hinlegen – und noch dazu einen, der die umweltverschmutzenden Technologien der westlichen Industrialisierungsgeschichte elegant vermeidet.