Blockchain benötigt viel Strom. So sehr, dass alleine schon Bitcoin-Transaktionen Druck auf das Netz ausüben. Maher Chebbo, Chief Business Innovation Officer für Global Digital Energy bei GE Power und Mitglied des Beirats von Electrify Europe, argumentiert, dass Blockchain selbst die Antwort ist. Und so viel mehr.
Blockchain: Schon das Wort allein ist spannend, denn es erinnert anschaulich an eine Zukunft voller Möglichkeiten. Der anfängliche Hype und die nachfolgenden, unrentablen Angebote sind weitgehend Vergangenheit. Jetzt wirkt Blockchain in verschiedenen Bereichen abseits von Krypto-Währungen – von den globalen Lieferketten großer Unternehmen bis hin zu den Geburts-, Hochzeits- und Sterbeurkunden einzelner Bürger.
Einfach ausgedrückt, die Technologie ist hier, um zu bleiben. Für Energieversorger und Stromerzeuger ist dies jedoch ein Problem, denn Blockchain-Transaktionen sind sehr energieintensiv. So sehr, dass Bitcoin allein einen deutlichen Einfluss auf das Stromnetz hat. Jede Bitcoin-Transaktion verbraucht derzeit schätzungsweise ebenso viel Energie, wie ein Eigenheim in neun Tagen an Strom benötigt. Das ganze Währungsnetzwerk verbraucht etwa 32 TWh pro Jahr – so viel wie die Bevölkerung Dänemarks. Und Bitcoin wächst rasant weiter.
Die Energieinfrastruktur bereitzustellen, die diese Entwicklung bedient, ist keine leichte Aufgabe. Glücklicherweise könnte Blockchain selbst die Lösung liefern, indem sie die Flexibilität bietet, auf der das Stromnetz von morgen aufbaut.
Um den Block tanzen
Das flexible Stromsystem der Zukunft wird CO2-arme Energie in großem Maßstab produzieren – nicht nur durch große Energieversorger, sondern auch durch erneuerbare Energiequellen der Endverbraucher. Unsere Fähigkeit, diese Zukunft zu realisieren, hängt von vier ineinandergreifenden Trends ab: Dekarbonisierung, Digitalisierung, Dezentralisierung und Elektrifizierung.
Zunächst erfordert die Dekarbonisierung den Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien. Das wird mit großen Wind- und Solarparks allein nicht möglich sein. Vielmehr werden solche Anlagen durch die kleine, lokale Erzeugung von Gemeinden, Unternehmen und sogar einzelnen Haushalten ergänzt. Es handelt sich um eine von Natur aus dezentrale Struktur, was bedeutet, dass sich die Welt der passiven Energieverbraucher in eine Welt voller »Prosumer« verwandelt, die nicht nur Energie vom Versorger kaufen, sondern auch in das Stromnetz einspeisen und verkaufen.
Dies wird eine Reihe von komplexen vertraglichen Vereinbarungen mit sich bringen, bei denen die Blockchain zum Tragen kommt. Die Technologie schafft Peer-to-Peer-Transaktionen, so dass die Verbraucher nicht nur für Strom vom Energieunternehmen zahlen, sondern auch umgekehrt, und Prosumer tauschen Zahlungen untereinander aus. Der gesamte Transaktionsprozess – inklusive der Verträge, Abrechnung und Zahlung – kann im Handumdrehen an der Chain erfolgen. Es ist ein entscheidender Schritt hin zu einem flexiblen System, das alle verfügbare Energie nutzt.
Rolle bei der Digitalisierung
Blockchain spielt bei der Digitalisierung des Energiesektors ebenfalls eine Rolle. Die Vorhersage von Stromangebot und -nachfrage ist durch den Einsatz von Sensoren allein nicht möglich. Vielmehr müssen die von ihnen erzeugten Datenmengen analysiert und Entscheidungen in Echtzeit getroffen werden. Das ist für eine traditionelle, zentrale Datenbank nicht machbar. Auch hier kann Blockchain helfen. Im Zentrum der Technologie steht eine Methode zur Aggregation und Speicherung von Daten aus verschiedenen verteilten Quellen. Blockchain-fähige Plattformen ermöglichen es, schnell prädiktive Analysen durchzuführen – so dass die Energie von denjenigen, die einen Überschuss produzieren, automatisch zu den Nutzern fließt, die ihn benötigen.
Abschließend die Elektrifizierung: Dies bezieht sich auf die Rolle von Batterien und Energiespeichertechnologien bei der Steuerung von Angebot und Nachfrage sowie auf die Dekarbonisierung des Transports durch Elektrofahrzeuge. Es ist der Einsatz dieser beiden Technologien im Zusammenspiel, wobei Strom flexibel und effizient gespeichert und verteilt wird, was letztendlich dazu führt, dass weniger und billigere Energie unseren Bedarf deckt.
Teilen wird relevant
Diese Zukunft ist in Reichweite. Es genügt, wenn die Blockchain-Technologie über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg in Softwarelösungen integriert wird. Die Energiebranche benötigt nun aber eine Regulierungslandschaft, die eine solche Entwicklung unterstützt. Eine, die die Rolle der Blockchain anerkennt, könnte den Bedarf an Strom im Netz reduzieren, anstatt ihn zu verschärfen, und würde so den Druck mindern, neue Kapazitäten schaffen zu müssen.
Energieunternehmen sollten versuchen, ihre Mitarbeiter in diesen Fragen zu schulen. Stromerzeuger und Sensorhersteller sollten ihre Erfahrungen mit den neuesten Technologien austauschen und entscheiden, wie sie das Potenzial von Blockchain für eine flexible Zukunft voll ausschöpfen können. Auf diese Weise kann der Stromsektor nicht nur sein Krypto-Rätsel lösen, sondern auch die Gesellschaft nachhaltig unterstützen, wenn ihre Bedürfnisse weiter wachsen.