In den USA testet die Industrie innovative Lagerungstechnologie von CO2 in Landwirtschaft und Energiegewinnung.
Auch wenn US-Präsident Donald Trump mit aller Macht die Uhr ins fossile Zeitalter zurückdrehen will, geht es auch dort voran in eine erneuerbare Energiezukunft. Aktuell wurde in Illinois ein neuer Meilenstein erreicht: In Decatur nahm vor kurzem eine neue Modellanlage den Betrieb auf, die durch innovative Technologie nicht nur CO2-Ausstoß verringern, sondern das klimaschädliche Kohlendioxid sogar indirekt aus der Atmosphäre entfernen soll. Das Kürzel BECCS steht für die Verbindung zweier Technologien, die dieses Kunststück ermöglichen: bio-energy with carbon capture and storage.
Decatur im nördöstlichen US-Bundesstaat Illinois ist eine Stadt, deren Aufstieg eng mit der industrialisierten Nutzung von Mais verbunden ist. Zwei Agro-Riesen, Tate & Lyle und Archer Daniels Midland (ADM), verarbeiten hier Millionen Tonnen des Futtermittels zum besonders in den USA in unzähligen Lebensmitteln verwendeten Maissirup, aber auch zu Ethanol und anderen Produkten. ADM steht seit einigen Jahren aber nicht mehr nur für große Agrarindustrie, sondern auch für Forschung auf dem Gebiet der von Trump und der fossilen Lobby ungeliebten erneuerbaren Energien.
Mit Investitionen von über 200 Millionen Dollar hat der Konzern gemeinsam mit der US-Energiebehörde nach experimentellen Versuchen ein Bioethanol-Werk finanziert und in Betrieb genommen, das das beim Verarbeiten der Maispflanzen zu Biosprit entstehende CO2 im industriellen Maßstab in Sandsteinschichten tief unter der Stadt verschließt und so aus der Atmosphäre fernhält. Weil der Mais im Wachstum wiederum CO2 aus der Atmosphäre aufnimmt, rücke somit bei großflächiger Einführung dieser Technologie das Ziel näher, nicht nur CO2-neutral zu produzieren, sondern sogar zur Verringerung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre beizutragen, wie optimistische Befürworter der Technologie hoffen.
Erfolgreiche Demonstration
Die bei Decatur am Mount Simon errichtete weltweit erste BECCS-Anlage mit dem Namen Illinois Industrial Carbon Capture Project (IICC), die vor kurzem in Betrieb genommen wurde, soll in den nächsten fünf Jahren etwa fünf Millionen Tonnen CO2 in zwei Kilometern Tiefe endlagern – das Potenzial der Lagerstätte wird auf mehrere Milliarden Tonnen geschätzt.
»Die Technologie, die in Decatur zum Einsatz kommt, kann als Modell für die Reduktion industrieller CO2-Emission auf der gesamten Welt dienen«, ließ ADM-Technikchef Todd Werpy stolz verlautbaren.
Ganz so optimistisch wollen einige Kritiker das Projekt freilich nicht sehen: Die Problematik von Bio-Treibstoffen in Bezug auf Nahrungsmittelproduktion ist bekannt, doch auch die nackten Zahlen lassen manche Analysten am Heilsversprechen der Technologie zweifeln. In der Gesamtbetrachtung würde die Anlage in Decatur, die neben Bioethanol auch noch andere Produkte aus Mais ohne BECCS herstellt, in Kombination mit dem CO2, das durch die Nutzung des hergestellten Ethanols in die Atmosphäre gelangt, immer noch für bedeutend höhere Emissionen verantwortlich sein, als in der Testphase endgelagert werden können.
Trotzdem sieht die US-Energiebehörde, die das Projekt noch unter der Ägide Barack Obamas mitfinanziert hat und unter Trump von drakonischen Kürzungen derartiger Projekte bedroht ist, Decatur als Erfolg. Der Einfluss dieser einen Anlage auf die globalen oder auch nur nationalen CO2-Emissionen mag gering sein; als erste Demonstration dieser zukunftsweisenden Technologie im industriellen Maßstab wird BECCS als eine mögliche Schlüsseltechnologie im Kampf gegen den Klimawandel gesehen. Und dieser Kampf wird auch weitergehen, wenn Trump nicht mehr im Weißen Haus sitzt.