Dienstag, Juli 02, 2024

Elektromobilität soll einige Problemfelder – Klimaschutz, Gesundheit, Wirtschaftlichkeit und politische Abhängigkeiten – lösen. Während nun die Infrastruktur aufgebaut ist, wetteifern neuen Modelle um die Gunst der Autofahrer – und das immer erfolgreicher.

Der Markt für Elektromobilität wächst. Noch sind es zarte Pflänzchen, die aus dem Boden schießen. Aber sie kommen und sie sind nicht mehr aufzuhalten. Während in den vergangenen Jahren zahlreiche Modellregionen auch stark vom Klima- und Energiefonds gestützt in den Bundesländern entstanden sind, sehen Experten (siehe die beiden Interviews und unsere grafische Übersicht auf den nächsten Seiten) ein Momentum am Markt, das mehr als vielversprechend ist. Die Anschaffungspreise für E-Cars sinken, da auch die Batterietechnik für den rein elektrischen Betrieb kontinuierlich verbessert wird. Damit werden die Reichweiten der Fahrzeuge auf eine Ebene gehoben, die dieses Thema überhaupt gleich wieder vergessen lässt. Was derzeit tatsächlich noch fehlt, ist eine europaweit leistungsfähige Infrastruktur für Elektromobile aller Hersteller und Preisklassen. Dieser Punkt ist die größte Hürde: Der Ausbau eine überregionalen Ladenetzes ist eine kapitalintensive Angelegenheit. Es braucht Rieseninvestitionsbudgets, die über den Bewegungsspielraum einzelner Unternehmen – etwa aus der Energiewirtschaft – weit hinausgeht. Und es braucht einen langen Atem, denn der Markterfolg wird sich abgesehen von wenigen Hotspots in den Städten oder Superschnellladern an den Autobahnen für eine große Menge an Ladestationen erst in einigen Jahren einstellen.

Der Infrastrukturmarkt hier ist derzeit also reine Geldverbrennung – das aber liegt in der Natur eines Ausbaus von Infrastruktur. »Wenn wir nur dann einen Sendemasten aufgestellt hätten, wenn er sich gleich gerechnet hätte, hätten wir heute noch kein Mobilfunknetz«, formuliert es ein Techniker aus der IKT-Branche. Der Aufbau der Mobilfunknetze damals war ebenso eine Wette auf die Zukunft, wie es heute die Elektromobilität ist. Zudem ist bei derzeit vorherrschenden Inselsystemen mittelfristig eine Konsolidierung zu erwarten. Roaming mit dem E-Car zwischen den Regionen wird Vergangenheit sein, Standards werden den Markt in Eu­ropa nivellieren.

Zurück in die Gegenwart: Die jüngst beschlossene Steuerbegünstigung für elektrisch betriebene Dienstfahrzeuge wird Erwartungen zufolge vor allem den Markt der Mittelklassewagen antreiben. Nach der sogenannten Sachbezugswerteverordnung ist auch dann kein Sachbezug anzusetzen, wenn ArbeitnehmerInnen das arbeitgebereigene Elektroauto privat nutzen. Elektroautos sind für Selbstständige und Unternehmer bis zu Anschaffungskos­ten von 48.000 Euro vorsteuerabzugsfähig. Die Luxusklasse am E-Car-Markt fällt nicht in diese Vergünstigung, dafür aber viele typische Modelle für Vertriebsmannschaft. Was jetzt noch fehlt, »sind neue finanzielle Anreize, damit Privatpersonen auf Elektromobilität umsteigen«, unterstreicht Jürgen Halasz, Vorstand des Bundesverbands Elektromobilität Österreich, und verweist auf Länder wie Norwegen – die leuchtende Spitze der Elektromobilität derzeit in Europa.

Vorbildland für E-Mobilität
Norwegen mit fünf Millionen Einwohnern hat weltweit den größten Anteil an Elektroautos. Derzeit sind rund 100.000 E-Fahrzeuge für Privatpersonen, Betriebe und kommunale Dienstleister unterwegs. »Die Anreize für E-Mobilität sind vorbildlich«, weiß Halasz. Neben einer Vielzahl an steuerlichen Anreizen bieten die Skandinavier ganz praktische Vorteile, wie etwa das kostenlose Parken auf öffentlichen Plätzen. Dieses Paket sei zwar »nicht eins zu eins auf Österreich übertragbar«, trotzdem könne man von den Erfahrungen der Norweger profitieren und daraus Maßnahmen für eine neue österreichische E-Mobilitätsstrategie ableiten. Der BEÖ unterstützt das derzeit in Ausarbeitung befindliche E-Mobilitätspaket der Bundesregierung und wünscht sich, dass auch Privatpersonen steuerliche und finanzielle Anreize, etwa eine Kaufprämie, erhalten, wenn sie auf klimafreundliche Elektromobilität umsteigen. »Damit E-Mobilität richtig in Schwung kommt, braucht es neben einer gut ausgebauten Lade-Infrastruktur vor allem eine gezielte Förderpolitik«, meint der BEÖ-Vorstand.


E-Mobility in Zahlen
-In Österreich sind derzeit (Stand Ende Juli 2016) über 7.400 vollelektrische E-Autos zugelassen; Ende 2015 waren es 5.032.
- Von Jänner bis August 2016 stieg die Zahl der neuzugelassenen Elektroautos auf 2.495 (gegenüber 1.091 im Vorjahreszeitraum); das ist eine Steigerung von fast 130 Prozent.
- Einen Boom gibt es bei den E-Bikes. Insgesamt sind in Österreich mehr als 300.000 E-Fahrräder unterwegs.
- In Österreich gibt es über 2.300 (halb-)öffentlich zugängliche E-Ladestellen; bis Ende 2017 sollen es 4.000 sein.


Laden von Elektrofahrzeugen mit 350 kW
Phoenix Contact präsentierte auf der vergangenen Hannover Messe das Schnellladesystem »CCSplus« für Elektrofahrzeuge, das künftig Ladezeiten von drei bis fünf Minuten für 100 km ermöglicht. Das Schnellladesystem basiert auf dem etablierten europäischen und US-amerikanischen CCS-Ladestandard (»Combined Charging System«). Bereits heute ermöglicht das CCS-Ladesystem wesentlich kürzere Ladezeiten gegenüber dem herkömmlichen AC-Laden. Eine alltagstaugliche Mobilität erfordert jedoch Reichweiten von rund 600 km bei Ladezeiten von deutlich unter 30 Minuten. Um dies zu erreichen, wurde das Ladesystem CCS um ein neuartiges, in der Ladesäule integriertes Kühlsystem ergänzt. Mit diesem System können Elektroautos weltweit mit höheren Ladeströmen sicher und extrem schnell aufgeladen werden. Die Erweiterung des CCS-Ladesystems erfolgt in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit der internationalen Automobilindustrie und den internationalen DC-Ladesäulenherstellern. Somit ist die Kompatibilität zum etablierten CCS-Ladestandard gegeben, ebenso wie die Gewährleistung aller gültigen Sicherheitsstandards, heißt es.

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