Dienstag, Jänner 07, 2025

Die Einführung der europäischen Ich-AG bzw. der Kampf der Gewerkschaften dagegen hat das Potenzial zur unendlichen Geschichte. Während sich Wettbewerbsfähigkeitsrat und Binnenmarktausschuss für die Ich-AG ausgesprochen haben, gab es im Beschäftigungsrat eine Absage. Jetzt liegt der Ball im Rechtsausschuss. Aber dort stocken die Verhandlungen.

Seit vielen Jahren versucht die EU-Kommission, eine einheitliche »EuroGmbH« in der EU zu etablieren. Ein erster Vorschlag wurde bereits im Juni 2008 vorgelegt, scheiterte aber am Widerstand der Gewerkschaften und einzelner Mitgliedsstaaten. Im April 2014 nahm die Kommission den nächsten Anlauf und legte den Vorschlag für eine sogenannte »Single Member Company« oder »Societas Unius Personae« (SUP) vor. Diese Form der Ich-AG birgt laut Europäischem Gewerkschaftsbund aber noch größere Risiken als der ursprüngliche Vorschlag. »„Eine europäische Ich-AG öffnet für Scheinselbständigkeit und die Umgehung von Mindeststandards beim Arbeitnehmerschutz Tür und Tor«, warnt Josef Muchitsch, Chef der Gewerkschaft Bau-Holz.

Mitte Mai konnte der EGB einen vermeintlich wichtigen Etappenerfolg feiern. Im Ausschuss der Ständigen Vertreter sprachen sich neben Österreich und Deutschland nun auch Schweden, Spanien, Belgien und Ungarn gegen die Einführung der SUP aus. Damit war eine Sperrminorität gegen den Vorschlag erreicht. Die sollte allerdings gerade einmal zwei Wochen halten. Bei der Sitzung des Wettbewerbsfähigkeitsrates Ende Mai mussten die Gewerkschaften einen herben Rückschlag hinnehmen. Weil Ungarn in letzter Minute einen Rückzieher machte, konnte die Sperrminorität nicht aufrechterhalten werden. Nach Willen des Rates sollen die Mitgliedstaaten diese »Ich-AG« binnen 36 Monaten in nationales Recht umsetzen.

Brüsseler Zickzackkurs

Aber schon bald folgten die nächsten Kehrtwendungen. Zwar gab es im Binnenmarktausschuss ebenfalls eine Mehrheit für die Ich-AG, im Beschäftigungsausschuss wurde der Vorschlag aber abgelehnt. Jetzt liegt der Ball im Rechtsausschuss. Dort ziehen sich die Verhandlungen derzeit in die Länge. Luis de Grandes Pascual von der europäischen Volkspartei hat sich von den Sozialdemokraten, den Grünen und Linken eine Abfuhr geholt: Sie wollen keinen Kompromiss verhandeln, sondern gehen weiter auf Ablehnung und fordern die Kommission auf, den Vorschlag zurückzuziehen.

Das Verfahren im Rechtsausschuss wird sich laut Röpke sicher über den Herbst ziehen. »Eine Entscheidung im Plenum des EU-Parlaments ist voraussichtlich erst im nächsten Jahr zu erwarten.« Bis das Parlament seine Position festgelegt hat, wird sich im Rat nichts tun. Muchitsch: »Die Gefahr ist noch nicht gebannt, aber schnell durchwinken lässt sich der Vorschlag zum Glück auch nicht. Wir bleiben dran.

Die Gefahren der Ich-AG

Vor allem die freie Wahl des offiziellen Eintragungsortes der Firma ist laut Gewerkschaften besonders problematisch. So können nationale Mitbestimmungsvorschriften leicht ausgehebelt werden. Geht es nach der Kommission, soll eine Ich-AG auch in Ländern eingetragen werden können, in denen sie überhaupt nicht wirtschaftlich tätig ist. Ein Briefkasten reicht also aus, um eine solche Scheinfirma zu gründen. Damit würden unseriöse Geschäftspraktiken und Steuervermeidung von der EU weiter gefördert werden

 

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