... oder Angriff auf die Wohnqualität? Die Wohnbauförderungsnovelle in Oberösterreich und der damit einhergehende Ausstattungskatalog haben für Wirbel gesorgt. Während die Gegner die Zukunft des geförderten Wohnbaus als Ansammlung trostloser Sozialbunker sehen, sehen die Befürworter in den neuen Vorgaben die einzige Chance, dauerhaft leistbaren Wohnraum zu sichern. Der Bau & Immobilien Report hat den für die neuen Richtlinien verantwortlichen Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner und Günter Lang, Sprecher der Plattform »Nachhaltig leistbarer sozialer Wohnbau«, zum verbalen Schlagabtausch gebeten.
Pro: Nichts tun wäre grob fahrlässig
"Der soziale Wohnbau steht in Oberösterreich vor einer strukturellen Problematik: Die Wohnbauförderung und die tatsächlichen Baukosten klaffen auseinander. Um diese Entwicklung abzufedern, habe ich den Ausstattungskatalog erarbeiten lassen, der die wirtschaftliche Komponente im Wohnbau massiv in den Vordergrund rückt. Schließlich bin ich auch angetreten, um die Leistbarkeit des Wohnens abzusichern. Würde ich nun nichts unternehmen, würden uns im Wohnbau die Kosten davonlaufen – diese Entwicklung müssen wir unbedingt stoppen! Es wäre grob fahrlässig, die Dinge einfach laufen zu lassen.
Bestehende Negativbeispiele gibt es zuhauf: Metallfassade mit Mehrkosten von einer Million Euro, sechs Meter breite Laubengänge ohne jegliche Funktion, bedruckte Glasfronten bei Loggien und vieles mehr. Genau hier entstehen den Mietern hohe Folgekosten, die absolut vermeidbar sind. Es ist also absolut machbar, Einsparungspotenziale zu identifizieren, ohne die Qualität des Wohnens zu beeinflussen. Ich bin davon überzeugt, dass die vorliegenden Anregungen und Vorgaben wichtige Impulse für funktionale Lösungen sind, denn: Das Konzept ist ein living paper, und ich bin jederzeit für Anregungen und konstruktive Gespräche offen – wie sie mit Vertretern der Architektenkammer etwa schon stattgefunden haben."
Manfred Haimbuchner, Wohnbaulandesrat Oberösterreich
Contra: Massiver Rückschritt der Baukultur
"Viele Faktoren haben das Wohnen in den letzten Jahren verteuert. Zu erwähnen seien nur rasant steigende Grundstückspreise, Normenflut oder die föderale Richtlinienwillkür in den Bundesländern. Während Energiepreise bis zum Sechsfachen angestiegen sind, haben sich die Baukosten hingegen etwa parallel zum Verbraucherpreisindex entwickelt. Wie von vielen Studien belegt, haben die Anforderungen zur Reduktion des Energieverbrauches in Gebäuden nicht zur Verteuerung beigetragen.
Muss zukünftig sozialer Wohnbau nach diesen Katalogvorgaben gebaut werden, kommt es zu einer nachhaltigen Belastungswelle der Mieter und zu einem massiven Rückschritt der Baukultur. Die Plattform fordert deshalb die Zurücknahme der ungeeigneten Kataloge und eine gemeinsame Diskussion für einen langfristig leistbaren sozialen Wohnbau in Oberösterreich, der den künftigen Herausforderungen gewachsen ist. Die Novelle widerspricht zudem geltenden EU-Richtlinien zur Reduzierung der Energieverbräuche in Gebäuden und entspricht auch nicht der nachzuweisenden Kostenoptimalität. Neben den direkten negativen ökonomischen Auswirkungen für die Bewohner bringen die Kataloge auch eine Reihe volkswirtschaftlich negativer Belastungen und Verluste von Arbeitsplätzen in der Region. Außerdem widersprechen viele der Pflichtpunkte dem Wettbewerbsrecht und würden Innovation und freien Wettbewerb unterbinden, was weitere Qualitätsverschlechterung und Kostensteigerung mit sich bringt. Warum hingegen unter dem Titel sozialer Wohnbau Autostellplätze mit € 6.600 pro Wohnung gefördert werden, ist völlig unerklärlich."
Günter Lang, Sprecher der Plattform »Nachhaltig leistbarer sozialer Wohnbau«