Vor 20 Jahren war ökologisches Bewusstsein bei Baumaterialien noch kein Thema. Heute wird der Umweltrelevanz zunehmend Bedeutung beigemessen. Gütesiegel informieren und schaffen Vertrauen.
Von Karin Legat
Viele schätzen das Bauwesen als sehr konservativ ein. Baumeister greifen vielfach zu bewährten und vertrauten Lösungen. Die seit Juli 2013 zusätzliche Anforderung in der Bauproduktenrichtlinie, Punkt 7: Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen, wird in der Praxis noch wenig berücksichtigt. Aber es gibt auch innovative Bauherren und innovative Architektur. »Immer öfter wünschen sich die Leute z.B. kein ›Plastik‹ an der Wand, sondern entscheiden sich für eine ökologische Alternative«, erklärt Werbeleiter Peter Eichmayer von Capatect und verweist auf viele Anfragen v.a. privater Bauherren, aber auch von Genossenschaften für den Hanffaser-Dämmstoff, der 2013 mit dem Österreichischen Klimaschutzpreis ausgezeichnet wurde. Der öffentliche Bereich verhalte sich eher noch zurückhaltend. Das könnte mit der an sich relativ neuen und noch zu wenig bekannten ökologischen Alternative bei der Gebäudedämmung zu tun haben. Die Weiterentwicklungen auf der ökologischen Schiene werden aber dazu beitragen, insgesamt das Bewusstsein und die Akzeptanz zu heben. Bei der Verklebung von Fassadenbahnen kann laut IBO bereits auf wasserverdünnbare Produkte zurückgegriffen werden. Eine andere Alternative ist das Fassadenband. »Jetzt muss sich das Bauproduktmanagement intensiver einbringen. Es bedarf besserer integraler Planung«, fordert Produktprüferin Barbara Bauer. Herausragende Innovationen prägen den Baustoffmarkt laut dem Beratungsunternehmen die umweltberatung insgesamt allerdings nicht: »Wir waren heuer seit zwei Jahren wieder auf der Messe Bauen&Energie in Wien. Ich war sehr enttäuscht, dass so wenig neue Produkte im ökologischen Bereich angeboten wurden«, erinnert sich Alexandra Bauer, Leiterin der Abteilungen Bauen, Wohnen, Energie bei die umweltberatung. Interessant war für sie lediglich ein Produkt einer litauischen Firma, ein Strohbau-Modulsystem unterstützt mit Holz. Wenn diese Module allerdings von Litauen nach Österreich importiert werden, verblassen die grünen Eigenschaften.
Bauökologie am Vormarsch
In der Bevölkerung nimmt das ökologische Bewusstsein generell zu«, weiß Alexandra Bauer. Allerdings sieht sie im Wohnbau zwei Ebenen. Im kleinvolumigen Wohnbau ist ökologisch Bauen schon recht weit verbreitet. Hier entscheiden persönliche Einstellung und Betroffenheit. Im großvolumigen Wohnbau ist das Kostenkorsett jedoch sehr eng. Ökologische Baustoffe haben meist das Nachsehen. Hinzu kommt, dass die Verfügbarkeit der Rohstoffe im größeren Ausmaß oft nicht gegeben ist. »Oder es fehlt der Wille, sie auszuschreiben und dann den Einbau auf der Baustelle zu überprüfen«, so Thomas Belazzi, Geschäftsführer von bauXund, der großvolumige Projekte begleitet. Leider sei die Mehrzahl der Bundesländer zögerlich bis untätig bei der Förderung von Bauökologie-Standards. »Hier gibt es noch ein sehr großes Verbesserungspotenzial«, meint Belazzi. »Einige wenig ökologisch und gesunde Materialien werden noch immer gefördert. « Es braucht eine gezieltere Förderung des grünen und gesunden Bauens, Mehrkosten müssen abgegolten werden. Alexandra Bauer weiß von Beratungen: »Einige Hausverwalter und Eigentümergemeinschaften halten weiter strikt Abstand von der Ökolinie, verzichten auf Förderungen und greifen stattdessen auf günstige Materialien wie PVC-Fenster zurück.« Für Peter Eichmayer von Capatect darf der etwas höhere Kostenfaktor nicht übergewichtet werden. »Natürlich spielt das eine Rolle. Aber man darf nicht vergessen, dass so ein ökologisches Produkt wie unser Hanffaser-Dämmstoff aus Österreich stammt, kein Erdölprodukt ist und unsere Erdölabhängigkeit verringert. Er unterstützt die österreichische Landwirtschaft, sichert hierzulande Arbeitsplätze und die Wertschöpfungskette bleibt in Österreich.« Einheitlich ist die Meinung zur Zukunft ökologischer Baustoffe: Ökologische Baustoffe müssen verstärkt Marktchancen eingeräumt werden. Das ist aber leider heute noch Wunschdenken.
Selbstreinigung
Die meisten Fassadenputze enthalten Biozide, die sich langsam auswaschen und so in die Umwelt gelangen. Die Alternativen: konstruktive Maßnahmen wie größere Dachüberstände und Dünnputz ohne Biozide. Hier überzeugt Wopfinger mit Baumit NanoporColor. Dieser mineralische Farbanstrich auf Wasserglasbasis bietet mit dem Selbstreinigungseffekt durch Photokatalyse aktiven Schutz vor organischen Verschmutzungen, die sich durch verdunstende Luftfeuchtigkeit und Regen ablösen.
Online-Rechner
Die Web-Plattform baubook unterstützt die Umsetzung nachhaltiger Gebäude u.a. mit kostenlosen Kennzahlen für Energie- und Gebäudeausweise, einem Online-Rechner für Bauteile und vertieften Informationen zu Technik, Gesundheit und Umwelt von Bauprodukten.
Info: www.baubook.info
Buchtipp
Mit der Broschüre »Ökologisch bauen & Gesund Wohnen« bietet die umweltberatung umfangreiche und hilfreiche Grundlagen und Planungshilfen in der Bauökologie, etwa rund um Polyolefin-Beläge, Holzböden, Versiegelungen, Lasuren, Abbeizmittel, Thermotapeten und Epoxidharzkleber.
Info: www.umweltberatung.at
Bauen mit Beton: 360° Nachhaltigkeit
Von Gernot Tritthart, Marketing & Innovation Director, Lafarge Central Europe (LCE).
Bauteilaktivierung – Heizen und Kühlen mit Beton – ist ein zentrales Angebot für nachhaltige Bauweisen. Die aktuelle gesellschaftliche Debatte ist auf Energiekosten und erneuerbare Energien fokussiert. Hausbesitzer müssen mit steigenden Kosten rechnen und sind deshalb an Maßnahmen interessiert, auf einfache Art und Weise Energie einzusparen. Heizen und Kühlen mit Beton löst diese Anforderungen. Leider ist dieses Thema im Wohnbau, speziell im Einfamilienhausbau, noch nicht angekommen. Im Bürobau ist die Bauteilaktivierung längst Stand der Technik, anerkannt und von allen Beteiligten sehr geschätzt. Energieeffizientes Heizen und Kühlen ist nur ein Aspekt von nachhaltigen Gebäuden. Beton kann auch im Bereich Wärmedämmung mithalten. Innovative Produkte wie Schaumbeton, Insolationsbeton, gefügedichte Doppelwände oder Mauersteine aus Leichtbeton bieten Wärmedämmung auf höchstem Niveau. Zusätzlich bieten sie den Vorteil, dass auf erdölbasierende Dämmstoffe verzichtet werden kann. Dadurch wird die knappe Ressource Erdöl geschont und Baustoffrecycling deutlich vereinfacht. Zusätzlich sind Schimmelbildung, Brandschutz und Dauerhaftigkeit der Isolationsebene kein Thema bzw. optimal gelöst. Die Nachhaltigkeit beim Hausbau beginnt bei der bedarfsgerechten Planung, die auf die individuelle Nutzung der Bewohner abgestimmt sein muss. Nicht zuletzt entscheidet auch die Wahl des Baustoffes die Qualität eines Gebäudes. Die verwendeten Materialien, wie sie bei einem Massivhaus Verwendung finden, weisen unter dem Aspekt »nachhaltig bauen« weitere Vorzüge auf, die auf Regionalität mit kurzen Transportwegen, Innovation und ressourcenschonenden Produktionen aufgebaut sind.