Mittwoch, Juli 03, 2024

Das Handelsgericht Wien hat bekannt gegeben, dass der Alpine-Insolvenzverwalter am 9. Oktober Erklärungen zu den einzelnen angemeldeten Forderungen abgeben wird und erst dann feststehen wird, welche Forderungen anerkannt bzw. bestritten werden.


Die Insolvenz der Alpine Bau GmbH ist die größte Insolvenz in der zweiten Republik. Bisher haben etwa 9.400 Gläubiger Forderungen von ca. EUR 4,1 Mrd. angemeldet. Es ist damit zu rechnen, dass weitere hohe Forderungen nachträglich zur Anmeldung gelangen. So fehlen auch noch die mit ca. EUR 225 Mio. prognostizierten Beendigungsansprüche der Dienstnehmer.

KSV1870 Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner dazu: „Wir gehen davon aus, dass die angemeldeten Verbindlichkeiten insgesamt ein Ausmaß von über EUR 5 Mrd. betragen werden. Nicht einschätzbar ist zum heutigen Zeitpunkt, die Höhe der vom Insolvenzverwalter anzuerkennenden Forderungen.“

Insolvenzursachen
Die bisher vorgenommenen Erhebungen ergeben, dass die Ursachen des Vermögensverfalls in dramatischen Verlusten im Projektgeschäft liegen, das überwiegend über ausländische Niederlassungen und Beteiligungsunternehmen abgewickelt wurde. Nach Angaben des Insolvenzverwalters hat die Alpine seit 2008 über EUR 1 Mrd. zur Finanzierung ihrer verlustbringenden Auslandsprojekte aufgewendet. Mittlerweile finden strafbehördliche Erhebungen statt.

Durch die Insolvenzeröffnung und die notwendige Schließung ist ein dramatischer Entwertungsprozess der Assets eingetreten. Das rasche Handeln des Insolvenzverwalters und regionale Auffanglösungen ermöglichten, dass ein Teil des Fahrnisvermögens auf den bestehenden Baustellen in Österreich zum Verkehrswert veräußert, die Baustellen vom Erwerber fortgeführt und damit auch ein Großteil der Arbeitsplätze (ca. 4.900) in Österreich erhalten werden konnten.

Liquide Mittel
Derzeit verfügt die Masse über liquide freie Mittel in Höhe von rund EUR 28 Mio. Zum Teil müssen kartellgerichtliche Genehmigungen von Beteiligungsverkäufen abgewartet werden, bevor noch weitere zu erwartende Erlöse von ca. EUR 35 Mio. fließen können. Bis dato sind sehr hohe Masseforderungen (so z.B. EUR 32 Mio. für Dienstnehmerforderungen) entstanden, die vor den Konkursforderungen befriedigt werden müssen.

Das Anlagevermögen umfasst rd. 40.000 Einzelpositionen, bei Insolvenzeröffnung bestanden insgesamt 4.800 offene Baustellen (davon rund 1.400 in Österreich).
Ein Teil dieses Vermögens wird über eine internationale Verwertungsagentur einem großen Interessentenkreis zur Verwertung angeboten. Bisher konnten daraus ca. EUR 14 Mio. erwirtschaftet werden.

Beteiligungen/offene Forderungen/Vermögen
Die Alpine ist an rund 200 in- und ausländischen Gesellschaften direkt oder indirekt beteiligt. Durch die zügigen Verwertungen ist es gelungen, im Inland Folgeinsolvenzen von Beteiligungsunternehmen (mit zwei unbedeutenden Ausnahmen) zu verhindern.
Aus den inländischen Beteiligungen konnten bisher Erlöse von rund EUR 53 Mio. erzielt werden, von denen allerdings nur ca. EUR 20 Mio. aufgrund von bestehenden Absonderungsrechten in die allgemeine Masse fließen.

Die offenen Forderungen sind im Wesentlichen nicht frei. Ob Anfechtungsmöglichkeiten bestehen, wird derzeit geprüft. Es muss damit gerechnet werden, dass durch die Unternehmensschließung und den Nichteintritt in Vertragsverhältnisse hohe Schadenersatzforderungen als Gegenforderungen geltend gemacht werden. Es ist noch offen, ob aus diesem Titel Geld in die Masse fließen wird.

KSV-Experte Kantner fasst die derzeitigen Aussichten zusammen: „Wegen der Komplexität und Größe muss mit einer langen, mehrjährigen Verfahrensdauer gerechnet werden. Es ist auch davon auszugehen, dass es zu einer Vielzahl von Prozessen kommen wird. Schon heute steht fest, dass die Gläubiger mit keiner wirtschaftlich relevanten Quote rechnen können. Sogar ein Totalausfall kann nicht ausgeschlossen werden.“

Meistgelesene BLOGS

Firmen | News
14. März 2024
Bereits zum dritten Mal verleiht die auf Informationssicherheit spezialisierte Zertifizierungsinstanz CIS - Certification & Information Security Services GmbH die begehrte Personenauszeichnung „CI...
Firmen | News
25. März 2024
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Unternehmen weltweit erkennen zunehmend die Bedeutung von KI für ihre Produktivität und W...
Alfons A. Flatscher
21. März 2024
 Mit KI-Technologien bleibt kein Stein auf dem anderen. Ganze Berufsstände, die sich bisher unangreifbar fühlten, geraten plötzlich in eine Krise. Legionen von Programmierern arbeiten gerade an d...
Firmen | News
15. März 2024
Moos auf dem Dach sieht zwar eine Weile ganz hübsch aus, aber zu viel kann dann doch auch die Funktion des Daches beeinträchtigen. Flechten, Algen, Vogelkot und andere Schmutzablagerungen hingegen seh...
Andreas Pfeiler
27. März 2024
Die Bundesregierung hat ein lang überfälliges Wohnbauprogramm gestartet. Ausschlaggebend dafür war ein Vorschlag der Sozialpartner, der medial aber zu Unrecht auf einen Punkt reduziert und ebenso inte...
Redaktion
09. April 2024
Die Baubranche befindet sich gerade in einem riesigen Transformationsprozess. Dabei gilt es nicht nur, das Bauen CO2-ärmer und insgesamt nachhaltiger zu gestalten, sondern auch Wege zu finden, wie man...
Firmen | News
27. Mai 2024
Die Zeiten, in denen man eine Bankfiliale besuchen musste, um sich über finanzielle Produkte zu informieren, sind längst vorbei. Heute, in einer Ära, in der praktisch jede Information nur einen Klick ...
Fujitsu
05. April 2024
Die IT-Landschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Früher dominierten zentralisierte Rechenzentren, ein neuer Trend favorisiert nun aber eine verteilte IT-Infrastruktur. Diese erstreckt...

Log in or Sign up