Mittwoch, Februar 05, 2025

Das Handelsgericht Wien hat bekannt gegeben, dass der Alpine-Insolvenzverwalter am 9. Oktober Erklärungen zu den einzelnen angemeldeten Forderungen abgeben wird und erst dann feststehen wird, welche Forderungen anerkannt bzw. bestritten werden.


Die Insolvenz der Alpine Bau GmbH ist die größte Insolvenz in der zweiten Republik. Bisher haben etwa 9.400 Gläubiger Forderungen von ca. EUR 4,1 Mrd. angemeldet. Es ist damit zu rechnen, dass weitere hohe Forderungen nachträglich zur Anmeldung gelangen. So fehlen auch noch die mit ca. EUR 225 Mio. prognostizierten Beendigungsansprüche der Dienstnehmer.

KSV1870 Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner dazu: „Wir gehen davon aus, dass die angemeldeten Verbindlichkeiten insgesamt ein Ausmaß von über EUR 5 Mrd. betragen werden. Nicht einschätzbar ist zum heutigen Zeitpunkt, die Höhe der vom Insolvenzverwalter anzuerkennenden Forderungen.“

Insolvenzursachen
Die bisher vorgenommenen Erhebungen ergeben, dass die Ursachen des Vermögensverfalls in dramatischen Verlusten im Projektgeschäft liegen, das überwiegend über ausländische Niederlassungen und Beteiligungsunternehmen abgewickelt wurde. Nach Angaben des Insolvenzverwalters hat die Alpine seit 2008 über EUR 1 Mrd. zur Finanzierung ihrer verlustbringenden Auslandsprojekte aufgewendet. Mittlerweile finden strafbehördliche Erhebungen statt.

Durch die Insolvenzeröffnung und die notwendige Schließung ist ein dramatischer Entwertungsprozess der Assets eingetreten. Das rasche Handeln des Insolvenzverwalters und regionale Auffanglösungen ermöglichten, dass ein Teil des Fahrnisvermögens auf den bestehenden Baustellen in Österreich zum Verkehrswert veräußert, die Baustellen vom Erwerber fortgeführt und damit auch ein Großteil der Arbeitsplätze (ca. 4.900) in Österreich erhalten werden konnten.

Liquide Mittel
Derzeit verfügt die Masse über liquide freie Mittel in Höhe von rund EUR 28 Mio. Zum Teil müssen kartellgerichtliche Genehmigungen von Beteiligungsverkäufen abgewartet werden, bevor noch weitere zu erwartende Erlöse von ca. EUR 35 Mio. fließen können. Bis dato sind sehr hohe Masseforderungen (so z.B. EUR 32 Mio. für Dienstnehmerforderungen) entstanden, die vor den Konkursforderungen befriedigt werden müssen.

Das Anlagevermögen umfasst rd. 40.000 Einzelpositionen, bei Insolvenzeröffnung bestanden insgesamt 4.800 offene Baustellen (davon rund 1.400 in Österreich).
Ein Teil dieses Vermögens wird über eine internationale Verwertungsagentur einem großen Interessentenkreis zur Verwertung angeboten. Bisher konnten daraus ca. EUR 14 Mio. erwirtschaftet werden.

Beteiligungen/offene Forderungen/Vermögen
Die Alpine ist an rund 200 in- und ausländischen Gesellschaften direkt oder indirekt beteiligt. Durch die zügigen Verwertungen ist es gelungen, im Inland Folgeinsolvenzen von Beteiligungsunternehmen (mit zwei unbedeutenden Ausnahmen) zu verhindern.
Aus den inländischen Beteiligungen konnten bisher Erlöse von rund EUR 53 Mio. erzielt werden, von denen allerdings nur ca. EUR 20 Mio. aufgrund von bestehenden Absonderungsrechten in die allgemeine Masse fließen.

Die offenen Forderungen sind im Wesentlichen nicht frei. Ob Anfechtungsmöglichkeiten bestehen, wird derzeit geprüft. Es muss damit gerechnet werden, dass durch die Unternehmensschließung und den Nichteintritt in Vertragsverhältnisse hohe Schadenersatzforderungen als Gegenforderungen geltend gemacht werden. Es ist noch offen, ob aus diesem Titel Geld in die Masse fließen wird.

KSV-Experte Kantner fasst die derzeitigen Aussichten zusammen: „Wegen der Komplexität und Größe muss mit einer langen, mehrjährigen Verfahrensdauer gerechnet werden. Es ist auch davon auszugehen, dass es zu einer Vielzahl von Prozessen kommen wird. Schon heute steht fest, dass die Gläubiger mit keiner wirtschaftlich relevanten Quote rechnen können. Sogar ein Totalausfall kann nicht ausgeschlossen werden.“

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