Das rund 1,5 Milliarden schwere Konjunkturpaket der Regierung soll vor allem der angeschlagenen Bauwirtschaft zugute kommen. Kritiker bemängeln den falschen Zeitpunkt und falsche Ansätze.
Plötzlich ist alles ganz schnell gegangen. Die steigenden Arbeitslosenzahlen, die Alpine-Pleite und natürlich die bevorstehenden Nationalratswahl haben die Regierung veranlasst, ein rund 1,5 Milliarden schweres Konjunkturpaket zu schnüren. Von den Investitionen soll vor allem die taumelnde Bauwirtschaft profitieren. Damit konnte die Branche erstmals aufatmen, denn eine Zeit lang hat es danach ausgesehen, als würde die Bauwirtschaft komplett durch die Finger schauen. So drohte etwa der schon früh zum Wahlkampfthema hochstilisierte Wohnbau in den Mühlen der Parteipolitik aufgerieben zu werden. Die etwas verfrühte Ankündigung einer Wohnbauoffensive seitens der SPÖ hat den Koalitionspartner so verärgert, dass das Projekt kurzfristig ganz auf der Kippe stand. Erst die Milliardenpleite der Alpine hat dazu geführt, dass sich SPÖ und ÖVP trotz Wahlkampf wieder an einen Tisch gesetzt haben und ein Gesamtpaket geschnürt haben, das neben Geld für den Wohnbau auch Investitionen in Hochwasserschutz und vorgezogene Hochbauprojekte des Bundes vorsieht. Über 60.000 Arbeitsplätze sollen durch diese gezielten Investitionen geschaffen werden.
Alleine heuer werden noch 161 Millionen Euro fließen, im Jahr 2014 ist der Schwerpunkt mit rund 745,5 Millionen Euro geplant. 2015 sollen es zumindest 170 Millionen Euro sein, 2016 zumindest 110 Millionen Euro. Außerdem sind für 2015 und 2016 noch jeweils 200 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Wohnbauförderung möglich, die allerdings erst im Rahmen des Finanzausgleichs mit den Ländern verhandelt werden müssen. Für die meisten Vertreter der Bauwirtschaft ist das Paket ein wichtiger Schritt zur richtigen Zeit, es gibt aber auch kritische Stimmen. Vor allem der Zeitpunkt stößt vielen sauer auf. »Brauchen wir wirklich erst eine Milliardenpleite bevor die Politik reagiert?“, fragen sich nicht wenige in der Branche. »Sehen Sie sich die Situation in der Bauwirtschaft an. Das Beispiel Alpine zeigt mehr als deutlich auf, dass man viel früher hätte handeln müssen«, sagt etwa Erwin Fahrnberger, Vorsitzender der Geschäftsleitung Hochtief Construction Austria. Skeptisch wird das Konjunkturpaket von vielen auch aufgrund der langen Vorlaufzeit von Bauprojekten gesehen. Es sei zu befürchten, dass die Maßnahmen erst dann greifen, wenn ohnehin mit einem Aufschwung zu rechnen ist. »Projekte des Bundes haben eine Vorlaufzeit von über einem Jahr«, kritisiert etwa Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer und schlägt gegenüber dem Bau & Immobilien Report nicht ganz uneigennützig vor, das Geld doch lieber den Gemeinden zu geben, zweckgebunden für Bauprojekte. Zum Zug kämen dann jene Gemeinden, die Bauprojekte in der Pipeline haben, aber mangels Finanzierung noch nicht realisieren konnten. »Ein Konjunkturpaket der Gemeinden greift unmittelbar. Da gibt es keine langen Vorlaufzeiten. Und das Geld bleibt in der Region«, sagt Mödlhammer, der im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket der Regierung auch auf ein rechtlich-strukturelles Problem verweist. »Die Umsetzung solcher Maßnahmen ist immer auch eine Frage von Macht und Zuständigkeiten.« Vor allem die Länder sind Mödlhammer ein Dorn im Auge. »Warum soll der Bund nicht direkt Verträge mit den Gemeinden abschließen können? Das wäre viel effektiver, denn durch die Zwischenschaltung der Länder wird alles komplizierter und es gibt mehr Möglichkeiten, dass Gelder irgendwo versickern«, mahnt Mödlhammer.
Herzstück Hochbau
Nach dem erneuten Jahrhunderthochwasser ist es wenig überraschend, dass die eine oder andere Million in den Hochwasserschutz fließen wird. »Alleine entlang der Donau werden in den kommenden Jahren 400 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investiert«, bestätigt Infrastrukturministerin Doris Bures (siehe Interview Seite 16). Dieses Geld stammt natürlich nicht zur Gänze aus dem Konjunkturpaket, aber der Bund stellt für den Zeitraum 2014 bis 2019 jeweils 10 Millionen Euro vorzeitig zur Verfügung. Zudem wird das Budget für Bundeswasserbau sowie die Wildbach- und Lawinenverbauung für zehn Jahre auf 200 Millionen Euro jährlich aufgestockt. Der Löwenanteil der Maßnahmen fließt aber in den Wohnbau. Schon 2014 erhalten die Länder zusätzlich 276 Millionen Euro für die Wohnbauförderung. Das Geld soll aus der Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen im Herbst stammen. 2015 und 2016 sind nochmals jeweils 200 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für die Wohnbauförderung möglich, die allerdings erst im Rahmen des Finanzausgleichs verhandelt werden müssen. Insgesamt sollen so 14.000 zusätzliche Wohneinheiten entstehen.
Mehr Investitionen der Gemeinnützigen
Ebenfalls den Wohnungsneubau ankurbeln soll eine Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Derzeit haben gemeinnützige Bauträger die Möglichkeit, Rücklagen bis zu fünf Jahre lang anzusparen. Danach müssen sie steuerwirksam aufgelöst werden. Diese Frist wird auf drei Jahre verkürzt. Dieses sogenannte Reservekapital beläuft sich laut Gemeinnützigen-Obmann Karl Wurm derzeit auf rund 75 Millionen Euro. Mit diesen 75 Mio. Euro können, wie die GBV-Wohnbauexpertin Eva Bauer erklärt, 500 Wohnungen zur Gänze oder 5.000 Wohnungen wie üblich zu jeweils einem Zehntel (ko-)finanziert werden. Denn normalerweise erfolgt die Finanzierung zu zehn Prozent aus Eigenkapital der Bauvereinigungen und zu 90 Prozent über andere Schienen, etwa Gelder von Wohnbaubanken. Neu ist auch, dass Bauvereinigungen einander wechselseitig Darlehen geben dürfen. Das könne laut Wurm etwa dann sinnvoll sein, wenn eine Gesellschaft unmittelbar keine Einsatzmöglichkeit dafür habe, aber eine andere über ein baureifes Projekt verfüge, nicht jedoch über ein Darlehen.
Startschuss für BIG-Projekte
Und schließlich soll auch die Bundesimmobiliengesellschaft zusätzlich zu den heuer geplanten Energieeffizienz-Investitionen von 38,1 Millionen Euro noch Baumaßnahmen mit einem Eigenmittelanteil von 44,6 Millionen Euro vorziehen. Damit sollte ein Investitionsvolumen von mindestens rund 145 Millionen Euro ausgelöst werden. Welche konkreten Projekte vorgezogen werden sollen, wird derzeit noch mit den Mietern verhandelt. Gute Chancen haben dem Vernehmen nach die Hüllensanierung eines von der TU Wien gemieteten Gebäudes in der Gußhausstrasse, die thermische Sanierung einer HTBL in Kapfenberg und die Sanierung von Fenster, Fassade, Geschoßdecke und Haustechnik einer Schule in Krems.
Das Konjunkturpaket im Detail:
2013: 161 Mio.
2014: 845,5 Mio.
2015: 170 - 370 Mio.*
2016: 110 - 310 Mio.*
Gesamt: 1.286,5 - 1.686,5 Mio. Euro
* 2015/2016 sind jeweils 200 Mio. Euro an zusätzlichen Mitteln für die Wohnbauförderung möglich, die allerdings erst im Rahmen des Finanzausgleichs mit den Ländern verhandelt werden müssen.