Freitag, Mai 03, 2024

Im Februar 2003 stand der Bau & Immobilien Report ganz im Zeichen großer Ideen. Unter dem Titel »Wiener Visionen« wurde über bevorstehende Großprojekte wie Eurogate, Gasometer, Messe Wien oder den Westbahnhof berichtet. Außerdem ­äußerte sich Planungsstadtrat Rudolf Schicker zu Planungsgewinnen der Stadt und versprach, den Architekten und Bauträgern mehr Freiraum zu geben.

 

Anfang 2003 standen in Wien einige Großprojekte vor der Tür. Eurogate, Mehrwert Simmering, Wien Mitte und Westbahnhof sollten möglichst rasch in Angriff genommen werden. Aber nicht jedes Projekt war von Erfolg gekrönt. So haben etwa die in Simmering errichteten Projekte mit der geplanten Wohnoase nur am Rande zu tun. Über Wien Mitte schwebte lange Zeit die Unsicherheit der Aberkennung des Status Weltkulturerbe für die Innenstadt und auch über den Pratervorplatz wurde bereits diskutiert – freilich ohne die weitreichenden Konsequenzen dieses an sich guten Projekts auch nur zu erahnen. Aber nicht nur über bevorstehende Projekte wurde heiß diskutiert, der damalige Chef der Wiener Grünen, Chris­toph Chorherr, nahm mit dem Millenniumtower ein bereits in voller Pracht stehendes Gebäude zum Anlass, um harsche Kritik an den zentralen Kontrollinstitutionen der Stadtplanung und Stadtgestaltung zu üben. Konkret geißelte Chorherr ein laufendes Verfahren, das die Flächenwidmung im Millenniumtower betraf. »Die neue Widmung liegt als Blaudruck unter der Aktenzahl PD 7499 vor und soll alles legalisieren, was illegal ist«, wetterte Chorherr. Gemeint waren damit »die massive Überschreitung der zulässigen Bauhöhe, die Unterbauung der B 10 mit einer Tiefgarage und die Abriegelung der Wehlistraße durch einen bis heute nicht genehmigten Verbindungsgang zwischen der Millenniumcity und dem Kinozentrum«. Georg Bock, als Gruppenleiter der Wiener Baupolizei für den Millenniumtower zuständig, blieb angesichts der Vorwürfe Chorherrs cool. Auf die Frage, ob tatsächlich Widmungen fehlen, ließ er sich erst gar nicht ein: »Was gebaut wurde, können Sie sehen, was gewidmet ist, steht in den Planungsdokumenten«, so Bock gegenüber dem Bau & Immobilien Report. Auch die im Gange befindlichen Änderungen im Plandokument kommentierte er gelassen: »Manchmal kommt es zu einer Neufestlegung der Bebauungsbestimmungen«, meinte er trocken.

»Wir haben Verrücktheiten«

Im Rahmen des Schwerpunkts »Wiener Visionen« lud der Bau & Immobilien Report Planungsstadtrat Rudolf Schicker zum Interview. Der gab bereitwillig zu Protokoll, dass ihm die ersten zwei Jahre seiner Amtszeit enormen Spaß gemacht hätten und reklamierte für sich, die Diskussion über Experimentierfreudigkeit in der Architektur sowie im Bereich der Widmung voranzutreiben. Er stellte aber auch unmissverständlich fest, dass die Stadt auch in Zukunft humorlos Grenzen setzen wird. Er plauderte über kurz-, mittel- und langfristige Projekte und erklärte, dass der bevorstehende Kardiologenkongress mit 25.000 Teilnehmern die freihändige Vergabe des Messe-Projekts an Gustav Peichl rechtfertige. Andererseits distanzierte er sich offen von den Projekten Wienerberg-City und Monte Laa, die noch sein ÖVP-Vorgänger Bernhard Görg zu verantworten hatte. »Wenn man als Verkehrsstadtrat Probleme hat, weil vorher zu wenig überlegt wurde, hält sich die Freude in Grenzen«, so Schicker im O-Ton. Auch zur herrschenden Bauordnung äußerte sich Schicker kritisch. »Wir haben einige Verrücktheiten in der Bauordnung. Eine Überschreitung der Bauklasse um eineinhalb Meter erfordert kein Verfahren nach § 69. Deshalb gehen alle an diese Grenze. Der Effekt ist, dass die Widmungsabteilungen Höhenbeschränkungen machen. Das macht doch keinen Sinn.« Aber Unzulänglichkeiten in der Bauordnung hat es immer gegeben und wird es wahrscheinlich auch immer geben.

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